Rees. Klima, Abhängigkeit von Russland: Immer mehr Hausbesitzer in der Region entscheiden sich für Erdwärmepumpen. Dadurch werden sie beinahe autark.

Das Thema Energieversorgung erhitzt die Gemüter. Wie teuer werden Öl und Gas noch, ganz abgesehen von der Klimabedrohung durch die fossilen Brennstoffe. Hinzu kommt die fatale Abhängigkeit von Russland, die durch Putins Krieg in den Fokus gerückt ist. Eine Alternative, um von Gas und Öl unabhängig zu sein, ist der Einsatz von Wärmepumpen. „Die brauchen nur wenig Strom für den Antrieb“, sagt Ulrich Biermann aus Rees. Und sie werden enorm gefördert.

Von einer „Ruhe vor dem Sturm“, was die Nachfrage nach solchen Anlagen betrifft, könne er nicht sprechen, meint der Chef des Reeser Familienbetriebs am Grüttweg, der sich auf die Umstellung von bestehenden Öl- und Gasheizungen auf Erdwärme spezialisiert hat. „Wir sind mitten im Sturm, die Anlagen verkaufen sich schon jetzt hervorragend, unabhängig von der politischen Entwicklung in der Ukraine“, erzählt der zweifache Meister und Versorgungstechnik-Ingenieur.

Firma Biermann in Rees betreibt Erdwärmepumpen-Geschäft seit 20 Jahren

Seit 20 Jahren betreibt Biermann nun schon das Geschäft mit der Energie aus dem Erdreich. „Wobei sich der Niederrhein für die Bohrungen bis zu einer Tiefe von 140 Meter wegen der Bodenbeschaffenheit, sprich Kies, hervorragend eignet“, sagt der Fachmann. Die Firma bohrt nicht nur die Löcher, sie verlegt auch die PE-Rohre, durch die mittels einer speziellen Flüssigkeit die Wärme für die Wärmepumpe nach oben befördert wird.

Im Winter kann die Anlage die Wärme dann, elektronisch gesteuert, auf das Niveau von 35 Grad erhitzen, im Sommer greift die Technik auf die Temperatur von zehn Grad aus dem Erdinneren zurück. Primär wird das über Fußboden-Heizungen reguliert.

Stromkosten im Schnitt zwischen 50 und 100 Euro im Monat

„Das ist technisch simpel. Und die Anlage ist wartungsfrei, hält 50 bis 100 Jahre“, sagt Biermann, der sich deshalb nur auf Erdwärme und nicht auf Luft/Wasser-Wärmepumpen konzentriert, die deutlich anfälliger seien. Alleine 74 Erdwärme-Anlagen hat das Reeser Unternehmen mit seinen derzeit 25 Mitarbeitern im Vorjahr installiert. „Insgesamt sind es schon über 900“, erzählt er.

Absolut für Erdwärme spreche, dass man – wenn man mit Blick auf den Antrieb der Pumpe auch noch selbst via Photovoltaik Strom erzeugt – bis auf zwei Monate im Winter autark sei. Nur von Mitte November bis Mitte Februar müsste man dann Strom übers Netz beziehen, „aber auch nur zum Wärmepumpen-Tarif, der derzeit acht Cent je Kilowatt-Stunde günstiger ist als der Haushaltstarif – und der Wärmepumpen-Tarif gilt auch dann, wenn man nicht selbst Strom erzeugt“, sagt Ulrich Biermann. Im Schnitt müsse man ohne Photovoltaik-Anlage im Monat mit Stromkosten zwischen 50 und 100 Euro kalkulieren.

Enorme Förderung von Erdwärmeanlagen durch Bund und Land

Nur via Erdbohrungen arbeitet Biermann übrigens nicht. „Wir installieren auch Erdkollektoren. Auf einer Fläche im Garten, die doppelt so groß sein muss wie die Wohnfläche und unbedingt unbebaut, auch ohne Gartenhaus etwa, verlegen wir in 1,50 Meter Tiefe die Leitungen“, schildert der Reeser die Vorgehensweise. Etwa 20 Prozent der Kunden würde sich für diese Variante entscheiden.

Zwischen 30.000 und 40.000 Euro Brutto koste eine Erdwärme-Anlage, je nach Bodenbeschaffenheit und benötigter Gebäudewärme, rechnet der Unternehmer hoch. Wobei es enorme Förderungen durch Bund und Land gibt. Wenn man eine Ölheizung austausche, bekomme man einen Zuschuss von bis zu 50 Prozent, bei einer Gasanlage bis zu 35 Prozent. „Um die Antragstellung kümmern wir uns auch“, unterstreicht Biermann.

Alte Heizung sollte bis zum Umtauschtag auf Erdwärmeanlage noch in Betrieb sein

„Es ist ja auch ein Kraftakt, sich von einer alten Ölheizung zu trennen“, versteht der Fachmann die immense Förderung. Die ja nicht nur klimatechnisch, sondern jetzt erst Recht volkswirtschaftlich enorm wichtig sei. Es gehe um energie-politische Unabhängigkeit.

Aktuell habe er eine Vorlaufzeit von bis zu sechs Wochen, wenn es um neue Anfragen geht, meint Biermann. „Sechs Monate dauert es dann schon, bis wir nach dem Vertrag eine Öl- bzw. Gasheizung umgetauscht haben“, überschlägt er kurz. Wobei die alte Anlage, die übrigens gar nicht alt sein muss, möglichst bis zum Tag X noch in Betrieb sein sollte.

Die Hälfte der Energiekosten kann eingespart werden

Mit Material-Knappheit hat die Reeser Firma übrigens auch zu kämpfen, wenn auch nicht so dramatisch wie in anderen Branchen. So mangele es immer wieder mal an Touch-Displays. Aber wegen der steigenden Nachfrage nach Wärmepumpen bittet Ulrich Biermann Interessenten jetzt, zunächst einen zweiseitigen Fragebogen ausfüllen, bevor er zu einem zeitaufwendigen Ortstermin herausfährt. „Oft erledigen sich so schon viele Fragen bezüglich der Machbarkeit“, begründet er seine Vorgehensweise.

Klar sei jedenfalls, dass sich Erdwärme-Anlagen für Kunden lohnen, wenn vorab schon die „Haushülle sehr gut energetisch isoliert worden ist“, unterstreicht Biermann, der quasi alles aus einer Hand managt. Unterm Strich, sagt er, könnte man so mit Blick auf die sicher noch steigenden Gas- und Ölpreise und die CO2-Steuer gut die Hälfte an Energiekosten einsparen.