Emmerich. Was passiert mit dem Zehn-Millionen-Euro-Sondervermögen in Emmerich? Die EGE gibt einen ersten Bericht. Der Kauf des Bahnhofs steht kurz bevor.

Anfang 2019 hat die Erschließungsgesellschaft Emmerich (EGE) den zusätzlichen Auftrag bekommen, sich um die Stadtentwicklung des engeren Stadtkerns zu kümmern. Hintergrund sind natürlich die zehn Millionen Euro Sondervermögen, die der Rat dafür freigegeben hat. Eine Struktur wurde geschaffen, um mit den Mitteln Effekte zu erzielen. Ein Marathon. Kein Sprint, wie EGE-Geschäftsführer Udo Jessner nun in einem Pressegespräch verdeutlichte: „Das ist ein Prozess über 20 bis 30 Jahre. Da sind bei manchem die Erwartungshaltung größer, als das, was wirklich geht.“

Objekte stehen im Blickpunkt, die von der Privatwirtschaft eher nicht angegangen werden. Als Ziele hat man sich gesetzt, Immobilien aufzuwerten. Oder sie zu kaufen, um Fehlentwicklungen zu verhindern. „Wir haben uns mit etwa 30 Immobilien beschäftigt. Bei einigen tut sich was“, sagt Jessner. Erste Ergebnisse können nun präsentiert werden: Zum 30. September wird aller Voraussicht nach der Emmericher Bahnhof mit dem Vorplatz gekauft. „Weitere Flächen im Bahnhofsumfeld standen nicht zu Verkauf“, erläutert Jessner.

Auf Toilettensanierung im Bahnhof warten die Emmericher schon lange

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Das Gebäude sei „sanierungsbedürftig. Wie die Stadt Emmerich seine Besucher hier empfängt, wundert man sich, dass überhaupt noch Besucher kommen“, meint Jessner. Gebäude und Vorplatz müssten aufgehübscht werden. Ohne konkrete Zahlen nennen zu wollen: Die Sanierung, die zeitnah starte, werde mehr kosten als der eigentliche Kauf. „Wir suchen noch Nutzer für leerstehende Flächen. Etwa eine Bäckerei oder ein Fast-Food-Restaurant“, so Jessner.

Auch die Toiletten würden saniert. Maßnahmen, die die Deutsche Bahn selbst viele Jahre lang nicht in Betracht zog. Ferner werde man die Pflege der Fläche zwischen Bahnhofsgebäude und Bahnsteig übernehmen. Die DB wolle spätestens 2021 die Bahnsteige sanieren, mit einem neuen Aufzug die Barrierefreiheit herstellen.

NL-Leiharbeitsfirmen waren stark interessiert am alten Polizei-Gebäude

Die Kaßstraße 2 hat die EGE schon gekauft. Die Immobilie befindet sich im Umfeld des neu zu gestaltenden Kleinen Löwen.
Die Kaßstraße 2 hat die EGE schon gekauft. Die Immobilie befindet sich im Umfeld des neu zu gestaltenden Kleinen Löwen. © EGE

Kurz vor der Unterschrift steht der Kauf des alten Polizeigebäudes am Geistmarkt. „Hier waren niederländische Leiharbeitsfirmen stark an einem Kauf interessiert. Wir konnten nicht zugucken“, verrät Jessner. Der CDU-Landtagsabgeordnete Dr. Günther Bergmann habe sehr geholfen, dass die EGE nun den Zuschlag bekommen wird.

Die künftige Nutzung der beiden Gebäudeteile, die durch einen Innenhof getrennt werden, sei noch zu klären. „Ein Drittel muss mindestens öffentlich geförderter Wohnraum sein“, so Jessner. Auch Büros seine denkbar.

Zwei Immobilien aus strategischen Gründen erworben

Zudem hat die EGE die Immobilie Kaßstraße 2 gekauft. Das Gebäude wird zu einem Wohngebäude umgestaltet. Bei einem Grundstück von 70 m2 sei keine attraktive Verkaufsfläche zu schaffen. Im Zuge der Neugestaltung des angrenzenden Kleinen Löwen gewinne die Immobilie an Bedeutung. „Ziel ist es, mit dem Objekt eine Initialzündung zu schaffen. Vielleicht lässt sich der ein oder andere Eigentümer animieren, auch zu investieren“, erklärt Arndt Wilms, auch EGE-Geschäftsführer.

Zwei Immobilien, die auf dem Markt verfügbar waren, hat die EGE aus strategischen Gründen gekauft. Zum einen eine Hälfte der Neumarkt-Passage (die Seite mit dem Frisörsalon), die bestenfalls Neumarkt-Investor Josef Schoofs eines Tages für eine Durchstich zur Kaßstraße nutzen soll – so wurde es einst im Rat unverbindlich besprochen. Zum anderen das Eckgebäude Kaßstraße/Kirchstraße, wo das Lokal Estrella’s Cantina nach wie vor besteht.

Förderprogramm, um Start-ups günstige Mieten bieten zu können

Die rot eingezeichneten Gebäude sind die beiden Gebäudeteile, in denen ehemals die Polizei untergebracht war. Ein Kauf steht kurz bevor.
Die rot eingezeichneten Gebäude sind die beiden Gebäudeteile, in denen ehemals die Polizei untergebracht war. Ein Kauf steht kurz bevor. © EGE

Das Gebäude am Geistmarkt, in dem die Deutsche Post noch Mieter ist, hat den Besitzer gewechselt. Dream Global hat an Black Stone verkauft, die bundesweit rund 800 Postimmobilien gekauft haben. Damit musste die EGE die vorangeschrittenen Gespräche wieder bei Null beginnen. „Es ist eines der wenigen historischen Gebäude, die wir in Emmerich noch haben. Es wäre eine Schande, wenn man dieses Gebäude an einem sich erneuernden Geistmarkt nicht nutzen würde“, unterstreicht Jessner.

Die EGE versucht auch Fördermittel aus dem Sofortprogramm Innenstädte zu bekommen. Hiermit würde man temporär leerstehende Immobilien anmieten und diese günstiger an Start-up-Firmen vermieten. Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing würden geeignete Mieter suchen.

Wie man aus zehn Millionen 50 Millionen Euro machen kann

Bei allen Projekten verfolgt die EGE das Ziel, dass diese sich wirtschaftlich selbst finanzieren. Durch Mieteinnahmen oder spätere Verkäufe. Geld, das später reinvestiert werden könne, erläutert Jessner. Das städtische Sondervermögen darf also eher als Anschubfinanzierung gesehen werden. Bis Ende des Jahres würden diese Mittel erstmals angezapft. Mit Fremdkapital werde dieses Potenzial „gehebelt“, sodass „aus zehn Millionen auch 50 Millionen Euro gemacht werden können“, sagt Jessner.

Die EGE möchte die Prozesse selbst in die Hand nehmen: „Wir müssen als Marktakteur ernst genommen werden. Wir werden keine Mondpreise zahlen“, macht Wilms deutlich.

>> EGE – die „Urenkelin“ der Stadt Emmerich

Die EGE ist eine „Urenkelin der Stadt Emmerich“, wie Jessner es nett ausschmückt. Die EGE ist die Tochter der Emmericher Gesellschaft für kommunale Dienstleistungen (EGD). Diese wiederum ist Tochter der Port Emmerich Infrastruktur und Immobilien GmbH, an der die Stadt Emmerich beteiligt ist.

Neben den Geschäftsführern ist Wirtschaftsförderin Sara Kreipe Prokuristin der EGE.

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