Emmerich-Praest. Die Neue Mitte Praest ist für Markus Meyer ein Selbstläufer. Aber der Ortsvorsteher weiß auch, wo es im Dorf noch hakt. Etwa beim Bauland.
Er hat klare Vorstellungen davon, wie sich Praest entwickeln soll. Um seine Visionen umsetzen zu können, brauchte er den direkten Kontakt zu den Bürgern vor Ort. Da war es für Markus Meyer passend, Ortsvorsteher von Praest zu werden.
Sie haben vor einem Jahr ihr SPD-Parteibuch und das Ratsmandat abgegeben, um parteiloser Ortsvorsteher von Praest zu werden: Sind Sie heute glücklich mit der Entscheidung?
Absolut. Also zu keiner Zeit bereut, weil ich einfach gemerkt habe, weil doch die Ratsarbeit doch sehr theoretisch ist und viele Bereiche abdeckt, wo man nur indirekt mit zu tun hat. Hier in Praest vor Ort bei den Bürgern ist man näher dran. Und ich sehe direkt die Ergebnisse, die wir zusammen anpacken. Das ist pragmatischer und bürgernah, näher geht’s im Prinzip gar nicht.
Das heißt, die Leute nutzen auch die Gelegenheit vor Ort und sprechen Sie an?
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Genau, vielfach geht es auch über die sozialen Medien oder Email oder WhatsApp. Oder eben, wenn man durchs Dorf geht und morgens hier in die Schule kommen die Leute auch. Egal, ob es jetzt Baufragen sind oder Straßenausbauten oder ein Busch, der auf die Straße ragt oder „Kannste mal gucken? Da ist ein Schlagloch“ – also von A bis Z kommt da eigentlich alles. Das macht den Ortsvorsteher aus, dass man mit allen Sachen und allen Fachbereichen zu tun hat. Mir kommt zugute, dass ich bei der Stadt arbeite, dadurch sind die Anlaufstellen konkret. Man weiß direkt, wo man hingehen kann.
Die Kirche als Multifunktionsraum, Neubau der Kita, vielleicht sozialer Wohnungsbau: Die Pläne für die Neue Mitte Praest sind schon recht konkret. Wo sind aus ihrer Sicht die Knackpunkte, damit das Konzept ein Erfolg wird?
Nirgends wo! (lacht)
Warum?
Ich denke, wir sind da so gut aufgestellt. Auch mit dem Dorfentwicklungskonzept, was wir auf den Weg gebracht haben. Dann hat sich das Bistum wohlwollend geäußert. Wir haben ja zwei Versammlungen gehabt, extra eine mit den Vereinen, die ist so gut gelaufen, so harmonisch. Es ist auch von allen Beteiligten, von Pfarrer Bernd de Baey oder vom Architekturbüro, bestätigt worden, dass die Zusammenarbeit einfach passt.
Das einzige ist noch die Finanzierung, aber da hat sich heraus gestellt, dass sie relativ gut steht vom Bistum. Die Kirche ist in Zugzwang, weil in zwei Jahren der Pachtvertrag vom alten Kindergarten ausläuft. Insofern kommt es uns zugute, sie müssen ja was machen.
Ist das die Deadline, wenn man sagt, in zwei Jahren soll die neue Kita stehen?
Ursprünglich war geplant, bis Ende des Jahres hier einen Bagger stehen zu haben. Das hat sich natürlich alles durch Corona verschoben. Geplant war eigentlich mal 2023 im Sommer den Kindergarten zu eröffnen. Aber das muss man sehen, inwieweit das machbar ist. Uns ist ganz wichtig, dass der Kindergarten als erstes in Betrieb geht. Ziel ist es, den Kindern einen reibungslosen Übergang zu verschaffen und danach alles andere zu machen. Macht auch vom Abriss und vom Neubau her Sinn.
Ist es bei der Einigkeit also ein Selbstläufer?
Genau. Es laufen noch Gespräche mit der Stadt, mit Jens Bartel vom Bauamt, der dem Architekturbüro noch ein paar Aufgaben gegeben hat, die noch zu lösen sind. Aber im Großen und Ganzen, würde ich sagen, steht den Plänen nichts im Wege.
Wie sieht es mit dem sozialen Wohnungsbau aus? Gibt es da schon Interessenten? Da wird ja sicher ein Investor nötig sein.
Richtig. Es haben zwei, drei Leute durchblicken lassen, dass sie es sich vorstellen könnten. Unter anderem die Emmericher Baugenossenschaft. Würde sich ja auch anbieten. Das größte Problem, das wir mittlerweile hier haben ist, dass Bauland und Wohnungen fehlen. Es sind etwa zehn Anfragen gekommen, von Leuten, die gerne hier bauen möchten. Aber wir haben kein Bauland mehr.
Da ist die Stadt ein stückweit mit im Boot, eine Lösung zu finden. Die Zusammenarbeit könnte an der Stelle noch etwas besser sein und intensiviert werden. Wir beklagen, dass die Ortsteile ausbluten, die Jüngeren gehen weg. Aber diejenigen, die jetzt eine Anfrage gestellt haben, gucken sich das ein Jahr an, wenn dann nichts passiert, dann gehen sie.
Gibt es denn Potenzialflächen in Praest für Bauland?
Einmal hinter der Johann-Awater-Straße Richtung Reckenburg. Dann ist die Frage, was mit dem alten Sportplatz ist, da ist der Pachtvertrag ausgelaufen.
Wir kriegen durch die Betuwe einen neuen Bahnsteig. Der Anschluss ans Ruhrgebiet und die größeren Städte ist somit gegeben. Das ist gerade für junge Familien sehr interessant. Bei einer Anfrage bei der Stadt hieß es, wir haben genügend Bauflächen in Hüthum. Das ist schön, aber davon haben wir hier nichts. Ein Praester will ja nicht nach Hüthum ziehen, die wollen hier bleiben.
Im Deckblattverfahren für den Planfeststellungsabschnitt Praest hat die Deutsche Bahn sich auf einige Wünsche der Stadt Emmerich eingelassen, die sicherlich eine Verbesserung der verkehrlichen Situation für die Bürger bedeuten. Zufrieden?
Nee. Mit dem Projekt kann man ohnehin nie zufrieden sein. Wir haben da jetzt zwar ein paar Verbesserungen, aber was uns jetzt überhaupt nicht schmeckt, ist zum Beispiel, dass diese Hochdruckgasleitung jetzt durch den Ortskern gelegt wird. Das heißt, wir kriegen auf der einen Seite die Betuwe sowieso schon als Risikostrecke aufgebaut und jetzt baut man 500 Meter weiter komplett durch den Ortskern von Praest inklusive der Neubaugebiete eine 65-Bar-Hochdruckleitung – den zweiten „Unfallschwerpunkt“. Das hat Dr. Stefan Wachs, Erster Beigeordneter, auch noch mal betont. Das ist schon eine Hausnummer.
Fraglich ist auch, wie das mit den Zuwegungen ist, mit den Baustraßen. Viele Anwohner fragen: „Wieviel bekomme ich jetzt letztendlich von meinem Grundstück abgenommen?“ Da sind viele auch nicht glücklich. Und die Bahn ist kein großer Kommunikator, mit dem man reden kann. Wir kriegen das alles nur vorgesetzt. Im Großen und Ganzen versuchen wir ein Stückweit Lebensqualität zu erhalten, nichtsdestotrotz werden wir hier über Jahre in Mitleidenschaft gezogen. Der Vorteil ist, durch die Unterführungen wächst der Ort wieder ein Stück zusammen und man steht nicht mehr 20 Minuten vor den Schranken.
Sie waren sehr beunruhigt, als nach dem Corona-Ausbruch in der niederländischen Fleisch-Industrie eine Leiharbeiter-Unterkunft in Praest unter Quarantäne gestellt wurde. Vor allem haben Sie einen warnenden Hinweis des Kreises Kleve vermisst, da Mitbürger zwangsläufig Kontakt zu den betroffenen Personen hatten. Etwa beim Bäcker. Was denken Sie heute über das Thema?
Ich finde die Situation an sich nach wie vor absolut schlimm und inakzeptabel. Man kann die Entwicklung bei Tönnies ja sehen. Ein Stückweit waren wir hier Vorreiter. Die Entscheidung war absolut richtig, das mal an den Pranger zu stellen. Am meisten hat mich die Informationspolitik seitens der Stadt und vom Landrat aufgeregt. Da ist auch im Nachhinein keine Rückmeldung gekommen, dass alles wieder in Ordnung ist. Die Kommunikation fehlt.
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Nicht nur hier. Das will ich gar nicht nur auf Praest beziehen. Es fehlt die Kommunikation zum Bürger. Wir müssen ein stückweit bürgernäher werden. Vernünftig erklären. Grundlegende Sachen. Dann wäre auch die Akzeptanz größer.
Was wäre denn der richtige Kanal, um solche Dinge zu kommunizieren?
Die sozialen Medien, aber vor allem die Zeitung.
Also mehr Pressemitteilungen?
Ja, genau. In den sozialen Medien sehe ich die Gefahr, dass da Themen wieder zerrissen werden. Jeder gibt seinen Kommentar ab. Es wird auch vieles darüber ausgetragen, was mit der Sache nichts zu tun hat.
Was ist nun mit dem Volksbank-Platz an der Raiffeisenstraße?
Da hat sich der Heimatverein ein bisschen zurückgezogen. Wir haben uns dem angenommen um mit Ralf van Bruck von der Volksbank gesprochen. Wir haben jetzt einen Heimatcheck über 2000 Euro zur Umgestaltung des Platzes bekommen.
Was soll dort entstehen?
Uns war wichtig, dass da nicht eine Pommesbude steht. Es ist die Ortseinfahrt nach Praest. Der Geldautomat soll weg kommen. Ich hatte mit Udo Jessner von den Stadtwerken gesprochen. Er würde eine E-Ladesäule dort errichten für E-Autos und eventuell Fahrräder. Dann zwei oder drei Bänke. Von den 2000 Euro wollen wir ein paar Fahrradständer kaufen und – wie in den Niederlanden – eine Fahrradsäule, wo Werkzeug, Luftpumpe etc. drin sind, um kleinere Reparaturen selbst zu machen. Man kann da auch Ersatzteile ziehen. Es bietet sich mit dem Deichradweg an, hier einen Fahrrad-Stopp zu errichten. Tourismuschefin Manon Loock-Braun würde noch ein paar Info-Tafeln aufstellen.
Markus Meyer ist 45 Jahre alt, gelernter Schreiner und bei der Stadt Emmerich angestellt. Hauptsächlich fungiert er als Hausmeister der Michaelschule. Nach der Kommunalwahl im September würde er erneut als Ortsvorsteher von Praest zur Verfügung stehen.