Hüthum. In der Serie „Die Ortsversteher“ stellt sich Elmar Bolwerk aus Hüthum den Interview-Fragen. Ein kulturell und historisch interessierter Mann.
Er hat immer ein Lächeln im Gesicht. Den Hüthumern dürfte es nicht schwer fallen, ihren Ortsvorsteher Elmar Bolwerk anzusprechen, wenn ihnen etwas auf dem Herzen liegt. Seine Art und Weise macht den Kontakt leicht.
Warum haben Sie sich als Ortsvorsteher aufstellen lassen?
2012 sprachen mich der damalige Ortsvorsteher Heinz Derksen und der Vorsitzende des CDU-Ortsverbandes Hüthum, Borghees und Klein-Netterden, Helmut Arntzen, zwei langjährige, verdiente, politische Hüthumer Schwergewichte, an. Heinz Derksen erzählte, dass er nach 18 Jahren, in denen er sich um die Hüthumer Belange gekümmert habe, nun aus Altersgründen aufhören wolle. Die dann folgende Frage, ob ich mir vorstellen könne seine Nachfolge anzutreten überraschte mich doch einigermaßen.
Nachdem man mir dargelegt hatte, worin die Aufgaben des Ortsvorstehers bestehen und ferner versprochen hatte, ich könne mir jederzeit ihren Rat einholen, stimmte ich der Aufstellung zu. Von da an ging alles seinen Gang. Nach nunmehr fast acht Jahren kann ich sagen, es war eine gute Entscheidung und es macht Spaß, als Bindeglied zwischen den Hüthumern und der Verwaltung tätig zu sein.
Mit welchen Anliegen kommen die Bürger zu Ihnen?
Die Anliegen der Bürger sind sehr verschieden. Es geht um Straßenschäden, Verkehrsführung, Parkplatzsituationen, Gleisschäden bis hin zu nachbarschaftlichen Angelegenheiten. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an die Verwaltung im Rathaus, die Kommunalbetriebe Emmerich etc., wo ich bisher immer ein offenes Ohr gefunden habe und auf diese Weise vieles auf dem kleinen Dienstweg gelöst werden konnte.
Was machen Sie sonst als Ortsvorsteher?
Eine besonders schöne Aufgabe sind die Besuche zu den runden Geburtstagen ab 90 Jahre. Mit einem kleinen Geschenk der Stadt und einer schriftlichen Gratulation des Bürgermeisters überbringe ich die Glückwünsche der Stadt und des Dorfes. Da ich in Hüthum geboren und aufgewachsen bin, kenne ich sehr viele der Jubilare und höre bei den Besuchen oft nette und lustige Geschichten aus dem Dorf. Häufig bin ich verwundert, wie fit die Jubilare sind, obwohl sie in ihrem langen Leben schwierige Zeiten, wie zum Beispiel den Zweiten Weltkrieg und die Zeiten danach, mitgemacht haben.
Tut es Ihnen nicht weh zu sehen, wie die alte Reyers’sche Mühle verkommt?
Ja, die Reyers’sche Mühle. Geht man gedanklich von heute an zurück zur Entstehung der Mühle, könnte man dies tun unter der Überschrift ‘Gute Zeiten, schlechte Zeiten’. In den 70ern des 19. Jahrhunderts erbaut von Gerhard und Christina Reyers, geb. Offenberg, den Besitzern des Gutes Falkenstein, entstand gleichzeitig neben der Mühle eine Bäckerei. Als um 1899 das Müllerhaus mit integriertem Lebensmittelgeschäft entstand, erlebte die Mühle ihre Blütezeit. Es wurde gemahlen, gebacken und im eigenen Geschäft verkauft.
Mitte der 20er-Jahre zerfetzte dann ein großer Sturm das Triebwerk der Mühle und setzte damit dem Mahlbetrieb ein Ende. Fortan wurde die Mühle nur noch als Lagerraum benutzt. Eine zweite Blütezeit erlebte die Mühle, als während des Zweiten Weltkrieges der Architekt und spätere Emmericher Bürgermeister Paul Maria van Aken die Mühle zu einer Wohnung umbaute. Nachdem einige Jahrzehnte später die letzten Bewohner ausgezogen waren, verfiel die Mühle zusehends.
Als dann 2008 ein Niederländer das denkmalgeschützte Objekt kaufte, wurde umfangreich investiert. Die Mühle schien sich zu einem Hüthumer Kleinod zu entwickeln. Leider stagnieren die Sanierungsarbeiten seit längerer Zeit. Hoffen wir, dass es bald weiter geht.
In Hüthum gibt es keine Lebensmittelgeschäfte – haben Sie noch Hoffnung?
Vor einigen Jahrzehnten gab es in Hüthum noch diverse Lebensmittelgeschäfte. Als sich dann jedoch im Laufe der Zeit immer mehr große Lebensmittelmärkte und Discounter in Emmerich ansiedelten, brach die Existenzgrundlage für die kleineren Geschäfte weg und ein Laden nach dem anderen gab auf. Damit ging leider ein Stück persönliche Bedienung verloren.
Stellvertretend möchte ich hier an „Fräulein Lisbeth“ Elisabeth Ruß, und Mia Verhey erinnern, die beide alle ihre Kunden kannten, mit jedem ein Schwätzchen hielten und im Dorf nicht wegzudenken waren. Aber die Zeit und das Kundenverhalten haben sich verändert. Die großen Einkäufe werden in den Supermärkten und bei den Discountern gemacht und was man vergessen hat, wird in den Dorfläden gekauft. Davon aber kann kein Dorfladen existieren.
Es wäre natürlich wünschenswert, wenn ein kleiner, neuer Laden entstehen würde. Zu diesem Thema wurden im CDU-Ortsverband viele Überlegungen angestellt und Gespräche geführt. Wer weiß, vielleicht findet sich irgendwann doch noch ein Betreiber. Ich sehe allerdings, auch vor dem Hintergrund der neuen zusätzlichen Einkaufsmöglichkeiten auf dem ehemaligen Kasernengelände, keine große Chance für ein Gelingen.
Wie groß sind die Sorgen, die Sie sich um die künftige Betuwe-Baustelle machen?
Die Betuwe ist ein Dauergesprächsthema. Vieles ist immer wünschenswert, aber nicht alles ist machbar. Ich denke, wir haben in Hüthum parteiübergreifend eine ganze Menge erreicht. Mit Sicherheit wird die Betuwe-Baustelle zeitweise Behinderungen mit sich bringen, aber auch diese müssen und werden wir ertragen. Wenn man dann später an keinem Bahnübergang mehr warten muss, sind die Unbequemlichkeiten wahrscheinlich schnell vergessen.
Welche Herausforderungen sehen Sie in Zukunft für Hüthum?
Im Augenblick stehen, soviel ich weiß, keine besonderen Maßnahmen an. Da jedoch im Frühjahr die durch den CDU-Ortsverband initiierte jährliche Ortsbegehung stattfindet, bei der die Bürger ihre Vorschläge und Wünsche einbringen können, kann sich das schnell ändern.
Warum haben Sie für das Foto als Hintergrund das Bernd Terhorst-Denkmal gewählt?
Ich versuche auf diese Weise immer mal wieder an diesen, viele Jahrzehnte in Hüthum auf Haus Alt Voorthuysen ansässigen, internationalen Künstler zu erinnern. Seine im Hüthumer Atelier entworfenen Kunstwerke gingen in die ganze Welt.
Ganz aktuell die Rettung des großen Terhorst-Mosaiks aus der ehemaligen Berufsschule Am Brink. Ich freue mich sehr dass nach Spenden durch den Lions-Club und einige Stiftungen, der Stadtrat den Erhalt des Mosaiks beschlossen hat. Hier ist unserem ehemaligen Stadtdirektor Dr. Hado Ebben und dem Emmericher Maler Hein Driessen besonders zu danken, da sie den Stein der Rettungsinitiative ins Rollen gebracht haben. Hoffen wir, dass das Mosaik einen würdigen, neuen Standort bekommt und sich wie in der Vergangenheit auch in Zukunft viele Betrachter an den dargestellten Szenen zur Emmericher Stadtgeschichte erfreuen können.
Elmar Bolwerk (CDU) ist 67 Jahre alt, wurde in Hüthum geboren, ist im Beruf Bankkaufmann und Revisor. Nach der Kommunalwahl im Herbst würde er für eine Wiederwahl bereit stehen. Hüthum zählt rund 3200 Einwohner.