Hüthum. . Emiel Lantink erhebt schwere Vorwürfe gegen Sparkasse Emmerich-Rees und Insolvenzverwaltung. Diese widersprechen.

Vielleicht hört man Dornröschen in Hüthum wieder schnarchen. Die 1873 erbaute Windmühle an der Eltener Straße hatte 2010 eigentlich ihren Dornröschen-Schlaf beendet und zumindest mal die Augen aufgeschlagen. Heute muss Emiel Lantink feststellen: „Dornröschen schläft wieder.“ Die märchenhafte Metapher klingt in der realen Welt härter: Er erachtet die Mühle als wirtschaftlichen Totalschaden. Der 49-jährige Lantink erhebt Vorwürfe gegen die Stadtsparkasse Emmerich-Rees. Das Kreditinstitut weist die Vorwürfe von sich und erklärt in einer schriftlichen Antwort, dass man aufgrund des Bankgeheimnisses nicht ins Detail gehen könne. Auch richten sich Vorwürfe gegen die Insolvenzverwaltung, die ebenfalls widerspricht und nicht ins Detail gehen mag. Immerhin: Dass es nach NRZ-Informationen einen Kaufinteressenten gibt, spricht dafür, dass die Mühle doch noch zu retten ist.

Die DEN Financial Services GmbH mit Emiel Lantink als geschäftsführender Gesellschafter hat 2008 die Mühle in Hüthum gekauft. Die DEN besaß als Muttergesellschaft außerdem Ferienwohnungen und eine Hotelanlage. Die Mühle wurde vermietet an die ETG Seepark Kirchheim; auch hier ist Lantink geschäftsführender Gesellschafter. Der Mietvertrag gelte nach wie vor, so Lantink.

Weil die Sparkasse Emmerich-Rees im Januar 2014 ein Angebot zur Refinanzierung mit der Deutschen Bank Wesel abgelehnt haben soll, habe DEN die Insolvenz vorantreiben müssen. 20 Mitarbeiter verloren ihren Job. Die Refinanzierung hätte DEN ein größeres Finanzvolumen eingeräumt, zu günstigeren Zinsen. Die Sparkasse hätte keinen Verlust gemacht, meint Lantink. Mitte 2014 war die Mühle somit in der Hand von Sparkasse und Insolvenzverwaltung. Zu diesem Vorwurf erklärt die Sparkasse allgemein: Sie sei „grundsätzlich daran interessiert, dass ihr keine Verluste entstehen und lehnt bei gekündigten Krediten Angebote, die eine vollständige Schuldtilgung ermöglichen, nicht ab. Wann eine Insolvenz durch den Geschäftsführer einer Gesellschaft anzumelden ist und wann ein Insolvenzverfahren gerichtlich angeordnet wird, ergibt sich aus dem Gesetz“.

Zwangsversteigerung erfolglos

Die Sanierung der Mühle wurde 2010 – als die Haube aufgesetzt wurde – abgeschlossen. Bewohnbar wurde sie damit noch nicht: aus feuerschutztechnischen Gründen. Es fehlt ein Fluchtweg. Hierfür ist ein Anbau erforderlich, den DEN auch geplant hatte. Die Baugenehmigung lag seit 2008 vor. Mit dem Anbau könnten Parterre und in der 1. Etage zwei Wohnungen und ein Büro entstehen. Die zweite und dritte Etage sind für eine Wohnnutzung nicht geeignet.

Dann geriet die DEN in finanzielle Nöte. „Die Sparkasse hat in dem Augenblick die Kreditlinie gekürzt und gewartet, bis die Kreditzahlungen stockten“, schildert Lantink. In der Folge leitete die Bank die Zwangsversteigerung ein. Bieter soll es nicht gegeben haben. Die Baugenehmigung für den Anbau lief 2015 aus.

Hinweise ignoriert?

Gutachter Canstone aus Frankfurt/Main hat den Wert der Mühle auf 326 000 Euro taxiert: „Allein die Sanierungskosten überschreiten diesen Wert deutlich“, sagt Lantink, der aber einräumt, dass es sich bei der Mühle von Anfang an eher um ein ideelles Projekt gehandelt habe. Der Niederländer wohnt seit 20 Jahren unweit der Mühle. Er habe nie damit gerechnet, dass sich die Investitionen amortisieren. Der Mühle drohte 2008 der Abriss: Ziel war es, sie zu retten.

Lantink beteuert, er habe als Mieter (ETG) Insolvenzverwaltung und Sparkasse ab Mitte 2014 darauf hingewiesen, welche Maßnahmen zu ergreifen seien, um den sanierten Zustand der Mühle zu bewahren. Passiert sei nichts. Die Schäden: Das Mauerwerk hätte gegen Feuchtigkeit geschützt werden müssen. In der Sanierungsphase habe es zwei Jahre gedauert, das eineinhalb Meter dicke Mauerwerk komplett trocken zu legen: „Jetzt ist wieder alles feucht“, betont Emiel Lantink.

Außerdem hätte die Mühle im Winter geheizt werden müssen, damit die mit Wasser gefüllte Fußbodenheizung nicht kaputt friert. Sie müsse wieder komplett saniert werden.

Am heftigsten wiege der nicht zu beziffernde Schaden an der Mühlenhaube: „Hier gibt es Holzwurmbefall“, sagt Emiel Lantink. Die 18 Tonnen schwere Haube müsste mit einem Kran wieder herunter geholt und auseinander genommen werden. Außerdem hätten dort Vögel genistet und mit ihrem Kot das Holz beschädigt.

Die Sparkasse erklärt dazu allgemein: „Die Sparkasse vergibt unter anderem Darlehen gegen grundpfandrechtliche Sicherheiten. Ein Grundpfandrecht bewirkt nicht, dass die Sparkasse eine Eigentümerstellung an dem Objekt erhält.“

Jegliche Maßnahmen hätte also lediglich die Insolvenzverwalter Niering Stock Tömp aus Krefeld ergreifen können. Die Anwaltskanzlei hat auf Anfragen der Redaktion erst nicht reagiert, dann Unterlagen versprochen, die die Vorwürfe Lantinks widerlegen, und dann zwei Wochen später folgendes Schreiben von Dr. Jürgen Tömp geschickt: „Soweit die Insolvenzverwaltung betroffen ist, kann ich Ihnen mitteilen, dass die Vorwürfe von Herrn Lantink unberechtigt sind. Ich habe den Eindruck, dass er zum einen übersieht, wie die Aufgabenverteilung zwischen uns besprochen war, und zum anderen vergisst, welche Maßnahmen in Abstimmung mit ihm von hier aus veranlasst worden sind und welche nicht. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich auf Details schon deshalb nicht eingehen kann, weil das Insolvenzverfahren insoweit nicht öffentlich ist. Es ist das natürliche Interesse einer Insolvenzverwaltung, vorhandene Vermögensgegenstände – im vorliegenden Verfahren betroffene Mühle – bestmöglich zu verwerten. Daran orientiere ich mich auch im vorliegenden Verfahren.“

Auch zuletzt habe Emiel Lantink mit seiner Frau noch versucht, die Zwickmühle zu lösen: „Am 13. Mai 2016 haben meine Frau und ich ein mit dem Makler der Insolvenzverwaltung abgestimmtes Angebot abgegeben. Am 19. Mai hat die Sparkasse dies abgelehnt.“ Lantink sei nach wie vor bereit, das Märchen zum Guten zu wenden.

Übrigens: Wer sich die Flügel der Hüthumer Mühle ansehen möchte – es gibt sie! Die Flügel wurden in Norddeutschland verbaut, weil man befürchten musste, dass sie sonst vergammeln.