Duisburg-Baerl. In Etappen radeln Hans-Gerd Bosch und Ulrich Schulte Herbrüggen aus Duisburg-Baerl den Jakobsweg. Warum sie einmal ohne Essen dastanden.

Den Duft der Landschaft genießen sie immer noch. „Den vergisst man nie mehr.“ Dann kommen die Erinnerungen an Felder und Flüsse Frankreichs – alle Bilder sind sofort wieder vor Augen. Hans-Gerd Bosch (71) hat mit seinem Freund und Nachbarn Ulrich Schulte Herbrüggen (69) einen weiteren Abschnitt des Jakobswegs mit dem Fahrrad zurückgelegt und kommt aus dem Schwärmen nicht heraus.

Aufgekommen ist die Idee, den Pilgerweg mit dem Rad zurückzulegen, schon vor zehn Jahren, erzählt Bosch. Vor einigen Jahren ging es dann für die sportlichen Nachbarn aus Duisburg-Baerl nach Chartre in Frankreich. Dann kam Corona und es ging nichts mehr, weil Hotels und Restaurants schließen mussten. In diesem Jahr konnten sich die beiden passionierten Radler endlich wieder auf den Sattel schwingen und die nächste Tour genießen. „Man meint ja immer, dass es nur den einen Jakobsweg Richtung Santiago de Compostela in Spanien gibt, aber das ist ein Irrglaube. Es gibt ganz viele Pilgerwege, die zum Ziel führen“, erklärt Hans-Gerd Bosch.

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Die beiden Freunde ließen sich von einem Familienmitglied mit dem Wagen nach Chartre bringen, zum Ausgangspunkt für die zweite Tour. „Denn man darf im Flugzeug keine E-Bikes mitnehmen, das war der Grund.“ In der Stadt, die 90 km südwestlich von Paris liegt, ging’s auf dem Rad Richtung Biarritz in der Region Nouvelle-Aquitaine. Noch immer strömt der Duft der weiten Felder und Wiesen in die Sinne, lässt Bilder wieder blühen: Mohnfelder, Kräuter, Wiesen und die fremde Landschaft. Grillen zirpen, Hummeln summen, Ziegen zuppeln am Gras. „Es ist einfach betörend.“ Hans-Gerd Bosch muss es wissen, er ist ja nicht zum ersten Mal in Fankreich.

Nachbarn aus Duisburg radeln den Jakobsweg: Begeistert von der Landschaft Frankreichs

„Die Milch, der Käse, alle Lebensmittel schmecken so gut, und die Landschaft ist völlig anders strukturiert als in Deutschland. Trotz der riesigen Flächen haben wir nicht ein einziges Mal einen Güllewagen oder irgendwelche Maschinen gesehen. Anders als bei uns, wo jeder Quadratmeter bewirtschaftet ist.“ Selten mussten die beiden Baerler auf Straßen fahren, zu 70 bis 80 Prozent waren sie auf Radwegen unterwegs. Eine hervorragende App zeigte ihnen Feldwege, kleine Pfade durch Wälder, vorbei an Dörfchen, die nur wenige Einwohner haben. Romantik pur.

Traumhaftes Frankreich: Hans-Gerd Bosch und Ulrich Schulte Herbrüggen aus Duisburg-Baerl radeln in Etappen den Jakobsweg.
Traumhaftes Frankreich: Hans-Gerd Bosch und Ulrich Schulte Herbrüggen aus Duisburg-Baerl radeln in Etappen den Jakobsweg. © RR | Hans-Gerd Bosch

Obwohl die beiden kein französisch sprechen und viele Franzosen in den Dörfern des Englischen nicht mächtig sind, klappte die Verständigung prima. „Mit dem Google-Übersetzer haben wir uns gut helfen können. Das hat super geklappt.“ Kleine, logistische Anforderungen waren bei der Tour häufiger Begleiter. Da musste teilweise schon gut geplant werden, wo man rechtzeitig sein Schokocroissant besorgt, damit einen nicht am späten Nachmittag der große Hunger überfällt. Überrascht hat die deutschen Radler, wie unglaublich offen und freundlich sie im Nachbarland empfangen wurden. „Nicht ein einziges Mal schlug uns Skepsis oder Unfreundlichkeit entgegen“, freut sich Hans-Gerd Bosch.

Duisburger erkunden Jakobsweg mit dem Fahrrad: 20 Kilogramm Gepäck dabei

Als sich die beiden dann doch mal verkalkuliert hatten und gänzlich ohne Mahlzeit dastanden, bot ein netter Franzose an, sie kurzerhand zum Einkaufen ins nächste Dorf zu fahren und wieder zurückzufahren. „Wir haben uns wirklich gefühlt wie Gott in Frankreich.“ Ungefähr 20 Kilogramm Gepäck hatte jeder mit und ein bisschen Reparaturzeug wie Kabelbinder. Aber die E-Bikes waren absolut zuverlässig und trugen die Männer ruhig durch die Landschaft. Auch zum Strom tanken fanden sich immer Gelegenheiten. „Einmal haben wir die Akkus in einer Kirche aufladen können“, erzählt Bosch.

Ulrich Schulte Herbrüggen aus Duisburg-Baerl erkundet zusammen mit Hans-Gerd Bosch den Jakobsweg. Ihre jüngste Etappe führte von Chatre nach Biarritz.
Ulrich Schulte Herbrüggen aus Duisburg-Baerl erkundet zusammen mit Hans-Gerd Bosch den Jakobsweg. Ihre jüngste Etappe führte von Chatre nach Biarritz. © RR | Hans-Gerd Bosch

Denn auf der Tour kam auch die Kultur nicht zu kurz. Viele Bauwerke haben die beiden besichtigt, waren begeistert von jahrhundertealten Häusern und der romanischen Baukunst. Von Biarritz aus sind die Sportler zurückgeflogen, die Räder haben sie nach Duisburg zurückbringen lassen. Während sie noch von der Tour schwärmen, haben Ulrich Schulte Herbrüggen und Hans-Gerd Bosch die nächste schon ins Visier genommen. Die dritte und letzte Etappe wird sie im kommenden Jahr von Biarritz zum 800 km entfernten Ziel führen. „Dann geht es zum Teil an der Küste entlang.“ Die Vorfreude ist jetzt schon riesig groß.

>>> DER JAKOBSWEG – PILGERWEG DURCH EUROPA

  • Als Jakobsweg – spanisch Camino de Santiago – wird eine ganze Zahl von Pilgerwegen durch Europa bezeichnet. Alle haben ein Ziel: Das angebliche Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela im spanischen Galizien.
  • Die Hauptroute, die viele nehmen, ist dabei der Camino Francés, die hochmittelalterliche Hauptverkehrsachse.
  • Nach der Wiederbelebung der Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela in den 1970er und 1980er Jahren wurde der spanische Hauptweg 1993 in das Unesco-Welterbe aufgenommen. Im Jahr 2021 sind fast 180.000 Pilger in Santiago angekommen.