Duisburg. Dem Pflegenotstand tritt der Duisburger Hajo Schneider entgegen. Warum der Betriebsratschef der Awo-Seniorendienste dafür 650 Kilometer radelt.

Wenn’s um den Einsatz für Verbesserungen für die Altenpflege geht, ist Hajo Schneider kein Weg zu weit. In diesen Tagen tritt der Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Awo-Seniorendienste Niederrhein und Mitglied der Verdi-Bundesfachkommission Altenpflege in die Pedale. In Dresden gestartet, will er am Mittwoch nach 650 Kilometern mit dem Fahrrad den Bodensee erreichen. Dort tagen in Friedrichshafen die Gesundheitsminister der Länder.

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„Ich hoffe, dass keine Berge mehr kommen“, seufzt der 63-Jährige am Montagnachmittag. Gerade hat er mit seinen Mitstreitern die längste der sechs Etappen bewältigt und nach 140 Kilometern Langenau in Baden Württemberg erreicht. „Die Beine sind schwer“, berichtet er. Kein Wunder, Schneider ist mit seinem Lastenrad unterwegs – kein Gefährt mit Idealgewicht für das hügelige Profil mit bis zu 1400 Höhenmetern pro Tag.

Duisburger fordert: Minister müssen die Altenpflege zukunftsfest machen

Der Duisburger ist einer von zwei Radlern, die von Anfang bis Ende dabei sind, auf jeder Etappe ist eine wechselnde Zahl von Mitstreitern aus der Altenpflege dabei. „Für den letzten Abschnitt, der nur 45 Kilometer lang ist, hoffen wir auf bis zu 50 Teilnehmer“, berichtet Schneider, der seit 30 Jahren den Gesamtbetriebsrat der Awo-Seniorendienste anführt.

„Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und seine Länderkollegen müssen jetzt dringend handeln, um die Altenpflege zukunftsfest zu machen“, sagt Schneider zum Anliegen des Protests. „Dazu gehören verbindliche und bedarfsgerechte Personalvorgaben, einheitlich überall in Deutschland. Es kann nicht länger angehen, dass die Personalstandards und damit die Pflegequalität davon abhängen, ob man in NRW, an der Ostsee oder am Bodensee wohnt.“

Gewerkschafter: Versprechen zu flächendeckenden Tarifverträge nicht eingelöst

Außerdem müsse es flächendeckend Tarifverträge geben, betont Dagmar Acosta Navarro, Verdi-Sekretärin aus Duisburg/Niederrhein: „Dieses Versprechen der Politik ist bis heute nicht eingelöst“, kritisiert sie. Die Bezahlung in der Altenpflege müsse deutlich attraktiver werden, damit genug Arbeitskräfte gewonnen und gehalten werden, um die steigende Zahl pflegebedürftiger Menschen überhaupt noch versorgen zu können.“

„Die Pflegeversicherung muss auf eine ordentliche finanzielle Grundlage gestellt werden, damit pflegebedürftige Menschen sich Pflege noch leisten können und Beschäftigte gute Arbeitsbedingungen haben“, sagt Monika Ludwig, stellvertretende Geschäftsführerin des Verdi-Bezirks Duisburg/Niederrhein. „Wir schlagen eine solidarische Pflegegarantie vor, bei der alle Einkommensgruppen in die Pflegeversicherung einzahlen und diese sämtliche pflegebedingte Kosten abdeckt.“

>> ALTENPFLEGE: CORONA-APPLAUS BLIEB OHNE FOLGEN

  • Die jährliche Gesundheitsminister-Konferenz begleiten die Gewerkschaften stets mit einem kreativen Protest, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.
  • Hajo Schneider ist meistens mit dabei, wenn’s etwa gilt, in der eiskalten Ostsee vor Warnemünde ein Plakat zu hissen oder unter dem aktuellen Motto: „Dem Pflegenotstand entgegentreten“.
  • „Leider dringen wir damit nicht durch“, bedauert der Betriebsrat. „Vor zwei Jahren haben die Leute uns in der Corona-Krise noch applaudiert. Davon ist leider heute nicht mehr viel zu spüren.“