Duisburg. Bei der Wahlparty im Rathaus Duisburg ist die Stimmung überwiegend verhalten. So äußern sich SPD, CDU, Grüne, AfD und FDP zur Europawahl.

Keine Pannen bei der Europawahl in Duisburg: „Der Tag ist gut verlaufen“, sagt Wahlleiter Martin Murrack fröhlich. „Es musste keine Tür aufgebrochen werden, es hat kein Hausmeister verschlafen. Die Stimmung in den Wahllokalen war gut.“ Das war es dann aber auch mit den guten Nachrichten.

Die Stimmung ist trüb, europäische Flaggen schmücken das kleine Büffet im Rathaus, Werbematerialien liegen aus, alkoholfreies Bier reicht den meisten auf den ersten Schreck. Die Gesichter bei der SPD: betreten. Bürgermeister Sebastian Ritter (Grüne) freut sich immerhin über die gestiegene Wahlbeteiligung: „Das ist ein gutes Zeichen, das Interesse an Europa ist gestiegen.“ Voraussichtlich 8% weniger seien für seine Partei aber „eine bittere Pille“.

Nach der Europawahl: Sören Link fordert mehr Engagement des Bundes beim Thema Integration

Im Rathaus blicken verschiedene Politiker bereits auf das nächste Wahljahr und überlegen, ob es wohl besser sei, wenn Kommunalwahl und Bundestagswahl an einem Tag stattfinden oder an verschiedenen Terminen. Oberbürgermeister Sören Link mag sich an solchen Rechenspielen nicht beteiligen: „Das soll der Bundeswahlleiter entscheiden, ich nehme es, wie es kommt.“

Mit Blick auf die AfD-Wahlergebnisse im Duisburger Norden erklärt er: „Aus Gesprächen im Duisburger Norden weiß ich, dass die Menschen die Themen Zuwanderung und Integration umtreiben. Darauf muss der Bund reagieren.“ Positiv sei, dass auch dort die Wahlbeteiligung etwas höher liege als in der Vergangenheit.

Oberbürgermeister Sören Link (links) beim Wahlabend im Duisburger Rathaus mit Wahlleiter und Stadtdirektor Martin Murrack.
Oberbürgermeister Sören Link (links) beim Wahlabend im Duisburger Rathaus mit Wahlleiter und Stadtdirektor Martin Murrack. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Mahmut Özdemir: „Es läuft etwas schief in der SPD“

Petra Vogt, Vorsitzende der CDU in Duisburg, schreibt der SPD ins Stammheft, dass sie sich bemühen müsse, die ehemaligen Hochburgen im Norden der Stadt zurückzugewinnen.

SPD-Chef Mahmut Özdemir entgegnet: „Ich schaue nicht auf andere Parteien. Mir ist egal, ob im Süden die CDU und im Norden die AfD stärker ist. Die Konservativen waren schon immer die Steigbügelhalter für die Rechten, wenn man sich anschaut, wie Reul und Merz aufgetreten sind.“ Die SPD „erreicht die Herzen der Menschen nicht mehr.“ Sein Eindruck: „Die Leute haben einen sehr feinen Gerechtigkeitssinn. Hart arbeitende Menschen haben Existenzängste.“ Auf der anderen Seite sehen sie, wer wie viel Geld vom Staat bekomme. „Es läuft etwas schief in der SPD.“

Betretene Stimmung im Rathaus, geschockte Gesichter bei der Wahlparty der Grünen. Sie zelebrieren Wahlen normalerweise am Innenhafen, wegen des Drachenbootrennens werden die ersten Hochrechnungen nun schweigend im Kreisverbandsbüro betrachtet.

Grünen sorgen sich wegen des Rechtsrucks

Frust und Sorgen machen sich bei den Grünen in Duisburg bei der Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen breit.
Frust und Sorgen machen sich bei den Grünen in Duisburg bei der Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen breit. © Annette Kalscheur

Jule Wenzel, Landtagsabgeordneten der Grünen, ist angespannt, noch vor den ersten Ergebnissen betont sie: „Wir hoffen, dass wir Montag in einem Europa aufwachen, das nicht von rechten Kräften dominiert ist.“ Die Partei habe „alles gegeben, um Menschen zu mobilisieren“. Es reichte offenbar nicht. Der Rechtsruck mache ihr Sorgen.

Lamya Kaddor, die für die Grünen im Bundestag sitzt, hatte damit gerechnet, dass die Ampel „abgestraft“ wird. Studien zufolge gelten die Grünen als Hauptverantwortliche für den Ampelkurs, erzählt sie kopfschüttelnd. „Aber dass die AfD so stark ist, erschreckt mich doch. Das Ergebnis muss uns zu denken geben.“ Kaddor glaubt, dass nicht nur Protestwähler ihr Kreuz bei der AfD gemacht haben, sondern Menschen, die die AfD tatsächlich im Parlament sehen wollen. Dieser Wählerwille sei zu akzeptieren.

FDP will den Kreisverband mit jungen Kräften aufstellen

Die FDP verfolgt den Wahlausgang im kleinen Kreis in ihrem Büro. Der Kreisvorsitzende Oliver Alefs ist vergleichsweise zufrieden. Mit Blick auf die miesen Umfragewerte in den vergangenen Wochen wertet er die ersten Zahlen der Europawahl als „Startschuss für die Bundestagswahl im kommenden Jahr“. Alle anderen seien deutlich stärker „abgestraft worden“.

Oliver Alefs, der Kreisverbandsvorsitzende der FDP in Duisburg, wertet das Ergebnis der Europawahl für seine Partei als einen guten Startschuss für die nächsten Wahlen.
Oliver Alefs, der Kreisverbandsvorsitzende der FDP in Duisburg, wertet das Ergebnis der Europawahl für seine Partei als einen guten Startschuss für die nächsten Wahlen. © waz duisburg | Annette Kalscheur

Den Wahlkampf hätten sie mit vielen jungen Mitgliedern bestritten. Das stimmt ihn hoffnungsfroh, denn mit der jungen Generation wolle er den Kreisverband aufstellen. Der Rechtspopulismus bereite ihm große Sorgen, er werde nicht müde, „für Frieden und Freiheit zu kämpfen“. Alefs bekennt allerdings auch, dass der Wahlkampf anstrengend war und die Sommerpause dringend nötig sei, um Kraft zu tanken, denn „der Bundestagswahlkampf hat schon begonnen“.

Auch interessant

Im Duisburger Rathaus verfolgen Politiker die Hochrechnungen.
Von Fabienne Piepiora, Annette Kalscheur, Monique de Cleur, Martin Schroers

AfD: „Wir sind super zufrieden“

Grund zur Freude haben lediglich die Vertreter der AfD. „Wir sind super zufrieden“, betont AfD-Kreisvorstand Andreas Laasch im Rathaus. „Wir sind die einzige Partei neben der CDU, die hinzugewonnen hat.“

Erstmals konnten Jugendliche ab 16 mit abstimmen, wie diese Erstwähler votiert haben, kann Wahlleiter Murrack statistisch noch nicht sagen. Sein individueller Eindruck: „Ich habe viele junge Leute gesehen, die wählen gegangen sind, und wir haben auch einige Wahlhelfer, die erst 16 oder 17 Jahre alt sind. Es ist schön, dass sich auch das verjüngt.“

Auch interessant

>> VERBESSERUNGSVORSCHLÄGE FÜR DIE NÄCHSTE WAHL

  • Jule Wenzel, Landtagsabgeordnete der Grünen, wünscht sich, dass bei den nächsten Wahlen auch die Wahlformulare in mehreren Sprachen abrufbar sind.
  • Auf der Webseite der Stadt kann man in verschiedenen Sprachen nachlesen, wie das Wahlprozedere vonstatten geht. Das Formular, mit dem man die Briefwahl beantragen kann, sei aber ausschließlich auf Deutsch. „Das sollte optimiert werden.“
  • Künftig Kugelschreiber in den Wahlkabinen? Erneut wurde in einigen Facebook-Gruppen diskutiert, ob das nicht Wahlbetrug Tür und Tor öffne, wenn das Kreuz mit einem Bleistift gemacht wird. Laut Bundeswahlleitung ist das aber legitim. Da die Auszählungen öffentlich stattfinden, gibt es wenig Chancen für Betrug durch wegradierte Stimmabgaben.

Auch interessant