Duisburg. Auf einem Plakat bezieht ein Duisburger Unternehmen öffentlich Stellung gegen die AfD. Das sind die Hintergründe des eindringlichen Appells.

Wer von Duisburg-Duissern aus Richtung Ruhrdeich unterwegs ist, der kann es kaum übersehen: An einem Zaun an der Kreuzung Meidericher / Ludwig-Krohne-Straße hängt ein weißes, dicht beschriebenes Transparent. „Für ein vielfältiges, weltoffenes und demokratisches Europa“ steht darauf. „Wir müssen die Kernwerte der Europäischen Union gegenüber demokratie- und europafeindlichen Extremisten wie der AfD verteidigen.“ Und dann, in fetten Buchstaben, ein deutlicher Appell: „Informieren Sie sich und geben Sie demokratischen Parteien Ihre Stimme!“

Appell zur Europawahl: „Es lohnt sich, für unsere Werte einzustehen“

Aktuell werden viele Wahlplakate beschmiert oder zerstört, so wie hier auf unserem Archivbild aus Thüringen. Das Krohne-Transparent hingegen habe die vergangenen Monate unbeschadet überstanden, sagt der Vorstand.
Aktuell werden viele Wahlplakate beschmiert oder zerstört, so wie hier auf unserem Archivbild aus Thüringen. Das Krohne-Transparent hingegen habe die vergangenen Monate unbeschadet überstanden, sagt der Vorstand. © dpa | Martin Schutt

Aufgehängt wurde das Plakat von Krohne Messtechnik, Anlass ist die Europa-Wahl am kommenden Sonntag. Krohne ist ein Familienunternehmen, das in Duissern seine Zentrale und Verbindungen in alle Welt hat. Als globaler Anbieter von Lösungen für Prozessinstrumentierung und -automatisierung beschäftigt man Mitarbeiter in zahlreichen Ländern.

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Das öffentliche Bekenntnis zur Demokratie ist deswegen Chefsache: „Unsere Gesellschafterfamilie besteht aus glühenden Europäern“, sagt Ingo Wald. In Duisburg ist er vor allem als MSV-Präsident bekannt. In seinem Hauptjob ist der 66-Jährige allerdings Financial Officer der Krohne-Gruppe, seit 2019 sitzt er im Vorstand. Und er ist überzeugt: „Es lohnt sich, für unsere Werte einzustehen. Die Demokratie ist ein hohes Gut, das es zu schützen gilt.“

Und zwar nicht nur vor Parteien wie der AfD. Sondern „grundsätzlich vor nationalistischem Denken, ob von links oder rechts“, findet Wald. Viele junge Menschen wüssten nicht mehr, welche Errungenschaften durch die Europäische Union möglich geworden seien. Er mahnt: „Demokratie ist nicht selbstverständlich.“

„Es gab keine einzige negative Reaktion, dafür viele positive Gespräche“

In Duisburg ist Ingo Wald vor allem als MSV-Präsident bekannt. In seinem Hauptjob ist der 66-Jährige allerdings Financial Officer der Krohne-Gruppe, seit 2019 sitzt er im Vorstand.
In Duisburg ist Ingo Wald vor allem als MSV-Präsident bekannt. In seinem Hauptjob ist der 66-Jährige allerdings Financial Officer der Krohne-Gruppe, seit 2019 sitzt er im Vorstand. © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen

Bereits im Frühjahr habe man sich deswegen entschieden, das Transparent an der Meidericher Straße aufzuhängen. Und obwohl derzeit viele Wahlplakate bemalt oder überklebt werden, sei der Krohne-Aufruf bisher von Schmierfinken ebenso verschont geblieben wie vor blinder Zerstörungswut. Tatsächlich habe es „keine einzige negative Reaktion“ gegeben, dafür viele positive Gespräche, berichtet Wald. Immer wieder werde er auf das Plakat angesprochen, sowohl von intern als auch von extern.

Als man nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel eine Israel- und eine Palästina-Flagge vor der Zentrale gehisst habe, dazwischen eine Fahne mit Friedenstaube, habe es allerdings einen kleinen Vorfall gegeben. „Jemand hat die Israel-Flagge gestohlen“, erzählt Wald. Aber das ist für ihn und die anderen Krohne-Chefs noch lange kein Grund, aufzugeben. „Bei uns ist es eine Gepflogenheit, dass wir im Unternehmen offen und transparent diskutieren.“

Aufgehängt wurde das Plakat von Krohne Messtechnik. Das Familienunternehmen, das in Duissern seine Zentrale und Verbindungen in alle Welt hat, beschäftigt Mitarbeiter in zahlreichen Ländern. Das öffentliche Bekenntnis zur Demokratie ist bei Krohne deswegen Chefsache.
Aufgehängt wurde das Plakat von Krohne Messtechnik. Das Familienunternehmen, das in Duissern seine Zentrale und Verbindungen in alle Welt hat, beschäftigt Mitarbeiter in zahlreichen Ländern. Das öffentliche Bekenntnis zur Demokratie ist bei Krohne deswegen Chefsache. © WAZ | Tina Halberschmidt

Und so könnte es auch bei Krohne Mitarbeiter geben, die am Sonntag ihr Kreuzchen für die AfD machen. „Das wissen wir nicht, wir fragen ja nicht nach, welcher Partei die Kollegen anhängen“, sagt Wald. Auch Meinungsfreiheit sei ein hohes Gut, findet der CFO. Aber wenn es nach ihm ginge, würden am Wochenende die demokratischen Parteien gewinnen. „Für ein vielfältiges, weltoffenes und demokratisches Europa.“

Das ist die Krohne-Gruppe mit Sitz in Duisburg

  • Seine ersten Messgeräte baute Ludwig Krohne 1921 in Duisburg. Heute ist Krohne Messtechnik ein Technologieunternehmen mit Mitarbeitern in 100 Ländern.
  • Insgesamt sind rund 4000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für das Unternehmen tätig, davon 800 am Stammsitz Duisburg.
  • Das Unternehmen befindet sich immer noch in Familienbesitz.
  • Mehr Infos auch zur Unternehmensgeschichte gibt es auf der Krohne-Homepage.