Duisburg. Wie sieht die Erde nach den Menschen aus? Diese Frage stellt sich eine Ausstellung. Und es gibt nachhaltige Mode – ausschließlich Einzelstücke.

Wie sieht die Erde wohl aus, wenn wir Menschen nicht mehr da sind? Die Duisburger Bildhauerin Regina Bartholme hat sich mal Gedanken gemacht, und herausgekommen ist eine „neue Evolution“, Tiere aus dem Abfall, mit dem sich die Menschheit tagtäglich ihr eigenes Grab schaufelt. Denn so putzig diese Wesen aussehen, so ernst ist es der Künstlerin. „Ich finde das wahnsinnig bedrohlich“, sagt sie, „aber wenn ich Kunst daraus mache, kann ich es besser aushalten, besser mit dem Gefühl umgehen.“

Die Ergebnisse können von Donnerstag, 25. April, bis Sonntag, 28. April, in der Ausstellung „Bartholme2“ bewundert und gekauft werden, in Regina Bartholmes Atelier und Galerie im Hof der Memelstraße 65. Wieso die „2“ hinter „Bartholme“? Weil Schwester Carolin Bartholme auch Teil der Ausstellung ist – aber dazu später mehr.

Duisburger Künstlerin will mit ihren Werken Korallen vor Sansibar retten

Erst mal ein Blick auf die Werke, die seit der vergangenen Ausstellung im Herbst 2023 neu dazugekommen sind. Da steht zum Beispiel der grüne „Barometler“, ein Vogelwesen irgendwo zwischen Kiwi und Flamingo, sein Rumpf einst ein Bügelbrett und mit einem Barometer auf dem Rücken – daher der Name. Oder der „Mandolist“ mit einem Körper aus einer, Überraschung, Mandoline. Sie und ihre Artgenossen verströmen allesamt einen bunten, frohen Geist – dabei ist der Anlass ihrer Existenz ja gar nicht zum Frohlocken.

Ganz ähnlich verhält sich das bei Bartholmes neuestem Werk, den Alltagskorallen. Der Name ist schon ziemlich selbsterklärend, Korallen, geformt aus alledem, was im Alltag so liegenbleibt, auch Abfall. Und trotzdem: Wenn man den Blick über dieses Riff aus menschengemachtem Restmüll schweifen lässt, bewundert man die schillernde Schönheit der künstlichen Lebewesen und erschrickt nicht ob der Erkenntnis, dass sich die Menschheit mit ihrem Abfall selbst zugrunde richtet. Ist das jetzt gut oder schlecht? Ansichtssache.

Regina Bartholme (links) mit ihren Alltagskorallen und ihrer Schwester Carolin. Die beiden stellen nun gemeinsam in Duisburg aus.
Regina Bartholme (links) mit ihren Alltagskorallen und ihrer Schwester Carolin. Die beiden stellen nun gemeinsam in Duisburg aus. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Regina Bartholme geht ins Detail: „Kaffeekapseln, Duplo-Verpackungen, Papierschnipsel, alte Spielzeugfiguren, Taschentuchverpackungen. Da ist alles verarbeitet, was im Alltag so liegenbleibt.“ Und weil das Szenario so bedrohlich ist, hat sich die Künstlerin für die Alltagskorallen etwas Besonderes einfallen lassen: halb und halb. Die Hälfte des Kaufpreises jeder Koralle – sie kosten zwischen zehn und 150 Euro – geht an die Non-Profit-Organisation „marinecultures.org“, die sich seit 2008 für den Korallenschutz vor der afrikanischen Insel Sansibar einsetzt, zum Beispiel mit der Wiederaufforstung von Korallenriffen.

Nachhaltige Mode in Duisburg: ausschließlich Einzelstücke

Nachhaltigkeit ist auch das Stichwort in den Werken von Carolin Bartholme. Die gelernte Schneiderin hat schon als Kind „Sachen verarbeitet, die übrig sind“ – und das ist auch heute noch so. So werden zum Beispiel Hemden zu Kochschürzen und langweilig-graue Kleider zu bunten Hinguckern. „Alle meine Produkte sind Einzelstücke, immer. Deswegen finden Menschen bei mir auch oft Stücke, die ‚wie für sie gemacht‘ sind.“ In Duisburg dürfte die Kleidung von Carolin Bartholme sogar noch ein bisschen mehr Einzelstück sein – denn die Schneiderin lebt in Österreich und verkauft ihre Kreationen nur für die Dauer der Ausstellung in Deutschland.

Alle meine Produkte sind Einzelstücke, immer
Carolin Bartholme

Neben „aufgemotzten“ oder umfunktionierten Kleidungsstücken schneidert und verkauft Bartholme auch (Hand-)Taschen ganz besonderer Machart. Aus alten Wärmflaschen mit Plüsch dran zum Beispiel, sogar aus alten BHs, die sich auch ganz hervorragend zum Transport von Nicht-fleischlichem eignen. Blickfang im Atelier ist aber eine Schürze. „Die habe ich aus einem alten Stoffkalender meiner Mutter geschneidert, von 1976.“ Nicht nur ein Einzelstück also – auch noch ein Zeitdokument.