Düsseldorf/Berlin. Nach dem Urteil gegen einen Raucher aus Düsseldorf rechnen Mietervereine damit, dass sie sich nun vermehrt mit dem Streitthema Rauchen befassen müssen. Der Prozess könnte Anlass für die Mieter sein, die sich durch den Qualm des Nachbarn gestört fühlen, bei den Vereinen Hilfe zu suchen.

Friedhelm Adolfs soll raus aus seiner Wohnung. So hat es das Amtsgericht Düsseldorf am Mittwoch entschieden. Weil sein Zigarettenqualm über Jahre in den Hausflur zog und dort die Nachbarn störte, soll der 75-Jährige ausziehen. Der Fall sorgte bundesweit für Schlagzeilen und könnte Konsequenzen haben.

Dietmar Wall, Jurist des Deutschen Mieterbundes, denkt, dass nun mehr Raucher-Fälle auf die Mietervereine zukommen können. Auch Michaelo Damerow, stellvertretender Geschäftsführer des Mietervereins Düsseldorf, denkt, dass die Konflikte unter Nachbarn ums Rauchen zunehmen werden. Es könnten sich mehr Nachbarn, die sich vom Qualm gestört fühlen, an die Mietervereine wenden.

Es sei ein sehr emotional belastetes Thema, sagt Wall. "Bislang galt die Wohnung als unantastbares Refugium." Jetzt werde dies eingeschränkt. Die Rechtsprechung sei im Wandel, erklärt Wall.

Das Urteil des Amtsgerichts ist noch nicht rechtskräftig

Früher hätten die Gerichte gesagt, man müsse den Zigarettenqualm eben hinnehmen. Das sei heute anders. Der Gesundheitsschutz scheint eine andere Priorität bekommen zu haben.

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Gleichzeitig gibt Wall Entwarnung für alle Raucher: "Sie müssen nicht grundsätzlich fürchten, dass ihnen gekündigt wird." Zumal das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf noch nicht rechtskräftig ist.

Mieterverein Düsseldorf will Streit ums Rauchen nicht vor Gericht lösen

Im Zuge der Berichterstattung über Friedhelm Adolfs habe sich bei seiner Kollegin der erste Nichtraucher gemeldet, der sich vom qualmenden Nachbarn gestört fühle, erklärt Michaelo Damerow vom Mieterverein Düsseldorf. Seit 25 Jahren kümmert er sich um die Sorgen von Mietern. In der Zeit hatte er zwei bis drei Raucher-Fälle. "Ich denke, dass es jetzt mehr werden."

"Wenn der Zigarettenqualm nach draußen dringt, betrifft das Dritte", erklärt Damerow. Und auch die könnten verlangen, dass sie ungestört wohnen. Solche Fälle wolle man beim Mieterverein Düsseldorf aber ohne Rechtsstreit lösen, sagt Damerow.

Ehepaar aus Duisburg fühlt sich von qualmenden Nachbarn gestört

Schon jetzt melden sich besorgte Nachbarn, die um ihre Gesundheit fürchten. So wie Ursula und Adolf Fußbahn aus Duisburg. Sie fühlen sich dadurch gestört, dass der Nachbar unter ihnen auf dem Balkon raucht.

Solche oder ähnliche Fälle liegen bei Haus & Grund Rheinland derzeit nicht vor. "Eigentlich gibt es eine gefestigte Rechtsprechung", erklärt Erik Uwe Amaya, Verbandsdirektor von Haus & Grund Rheinland. So sage der Bundesgerichtshof, dass das Rauchen in der Wohnung erlaubt sei. Das Amtsgericht Düsseldorf habe nun eine "völlige Kehrtwende" gemacht, meint Amaya. "Die Gesundheitsbeeinträchtigung ist ein neues Element, das wir bislang so nicht hatten."

Weitere Instanzen würden sich wohl mit dem Fall Friedhelm Adolfs befassen

Das Urteil im Fall Friedhelm Adolfs ist noch nicht rechtskräftig. Zum jetztigen Zeitpunkt könne niemand sagen, ob es wirklich für eine fristlose Kündigung reiche, wenn ein Mieter mit seinem Zigarettenqualm das Treppenhaus einnebelt. Das sei ein Extremfall und man müsse abwarten, wie er sich weiter entwickelt, sagt Amaya. Ein anderes Gericht könne auch ganz anders entscheiden, erklärt der Verbandsdirektor.

Ein Punkt, den der Richter aus hätte anders auslegen können: Die Anwältin von Friedhelm Adolfs hat offenbar Widerspruchsfristen versäumt hat. So hat sie nicht rechtzeitig bestritten, dass das Rauchen eine unerträgliche Geruchs- und Gesundheitsbelästigung für die Nachbarn sei.

Das war unter anderem ein wichtiger Grund für das Amtsgericht, die fristlose Kündigung für Adolfs zu bestätigen. Vor der nächsten Instanz kann die Frist jedoch auch toleranter ausgelegt werden.

Amaya rechnet damit, dass sich weitere Instanzen mit dem Fall befassen werden. "Es kann sogar sein, dass sich der Bundesgerichtshof noch mal mit dem Thema auseinandersetzen muss."