Düsseldorf. Weil er zu viel rauchte, wurde dem Düsseldorfer Friedhelm Adolfs nach 40 Jahren fristlos die Wohnung gekündigt. Der 74-Jährige klagte, am Mittwoch wurde der Fall vor Gericht verhandelt. Zu einer Einigung mit der Vermieterin kam es dabei nicht. Nun muss kommende Woche der Richter entscheiden.

Draußen fließt die Düssel, Bäume säumen das Ufer, die nächste Hauptverkehrsstraße ist einen Block entfernt. An dem Haus, in dem Friedhelm Adolfs seit 40 Jahren wohnt, hängt eine Reihe goldener Messingschilder: Anwaltskanzleien, eine Therapeutin und mehrere Immobilienfirmen residieren hier. Der Flur ist peinlich sauber, die Luft frisch, die Wände sind weiß. Nur im kleinen Parterre-Fenster zur Straße raus baumelt eine graue Gardine.

Sie gehört zur Wohnung von Friedhelm Adolfs. 35 Jahre hat der Rentner hier als Hausmeister gearbeitet. Er wohnt im Parterre. Dass er geraucht hat, habe in der ganzen Zeit niemanden gestört, sagt er. Seine Frau, die auch geraucht hat, ist inzwischen tot - Krebs.

Um die 20 Zigaretten täglich

Doch nun soll er raus aus dem Haus - hat von seiner Vermieterin die fristlose Kündigung bekommen. Weil er zu stark rauche, hätten sich die Nachbarn beschwert. Die fühlten sich vom Qualm seiner um die 20 Zigaretten täglich belästigt. Abmahnungen hätten nicht gefruchtet - deshalb die Kündigung.

"Das ist nur eine Behauptung", sagt Adolfs. Auf dem Tisch vor ihm steht eine Packung Zigarettenhülsen und ein Automat zum Befüllen. Lediglich ein neuer Mieter habe sich beschwert - aber der wohne im fünften Stock. Wie der dort oben seinen Rauch riechen will? "Ich weiß es nicht. Da ist gar nichts." Der 74-Jährige vermutet einen ganz anderen Hintergrund der Kündigung: "In meine Wohnung soll auch ein Büro rein", sagt er. "Aber ich gebe nicht auf."

Eine Symbolfigur der Raucher

Adolfs ist mittlerweile wie der rauchende Bürgermeister von Neuss, der trotz dienstlicher Anweisung in seinem Büro weiterrauchen will, eine Symbolfigur der Raucher geworden, die derzeit gegen den im Mai verschärften Nichtraucherschutz in Nordrhein-Westfalen auf die Straße gehen. Bei einer solchen Demonstration in Bonn haben sie ihn gefeiert. Rauchende Sympathisanten haben eine Sammelaktion für seine Prozesskosten gestartet, ihm ihre Unterstützung zugesichert. Der 74-Jährige lacht verlegen, wenn man ihn darauf anspricht.

Am Mittwoch konnten sich die Parteien nicht auf einen Kompromiss einigen. Amtsrichter Rundel will daher in einer Woche (31. Juli) eine Entscheidung verkünden. Der Richter hatte den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt und ihm kaum Aussichten auf Erfolg bescheinigt. Seine Rauchgewohnheit stehe dem Recht auf körperliche Unversehrtheit seiner Nachbarn gegenüber.

"Ich wollte ihn ja wegen Befangenheit ablehnen"

Der Amtsrichter kann nun die Räumung der Wohnung anordnen, die Klage abweisen oder in die Beweisaufnahme einsteigen (Az: 24 C 1355/13). Mieter Adolfs kündigte an, notfalls bis vor den Bundesgerichtshof zu ziehen. Der Prozess könne durchaus Auswirkungen auf die Rechte der Raucher haben, sagte seine Anwältin Nina Plein.

In dem Verfahren stehen sich die Grundrechte aus Artikel 2 des Grundgesetzes gegenüber: Das persönliche Freiheitsrecht des Rauchers und das Recht auf körperliche Unversehrtheit seiner Nachbarn.

Der Rentner konnte bislang den Bundesgerichtshof hinter sich wissen. Der hatte schon vor Jahren das Rauchen zur normalen Nutzung einer Wohnung erklärt. Doch der Amtsrichter hatte die Kündigung angesichts "der veränderten Beurteilung der Gefahren des Passivrauchens" für berechtigt erklärt. Mit einem Urteil sei am Mittwoch noch nicht zu rechnen, sagt der Sprecher des Amtsgerichts, Mihael Pohar.

So begründet die Vermieterin den Raucher-Rausschmiss 

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Von Christian Gerstenberger

Die Vermieterin des rauchenden Mieters in Düsseldorf hat dessen Rauswurf unmittelbar vor einem Prozess begründet. Der 74-jährige Friedhelm Adolfs hatte nach 40 Jahren die fristlose Kündigung für seine einstige Dienst- und jetzige Mietwohnung sowie eine Räumungsklage erhalten.

Die Vermieterin beklagte eine permanente gesundheitsgefährdende Belästigung der anderen Mieter. Der Rauch aus der Wohnung des 74-Jährigen belästige die Hausnachbarn unzumutbar, weil er nicht über die Fenster, sondern in den Hausflur entlüftet werde, argumentiert die Vermieterin in einem Schreiben ihrer Anwältin, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Auch andere Medien hatten darüber berichtet.

Rauchenden Mieter mehrfach abgemahnt

Der Mieter sei mehrfach vergeblich abgemahnt und aufgefordert worden, sein Verhalten zu ändern. Sie sei zum Schutz der anderen Mieter zum Eingreifen verpflichtet gewesen, erklärte die Vermieterin. Es gehe nicht darum, dem Mieter das Rauchen zu verbieten. Seit dem Tod seiner Frau soll der alleinlebende 74-Jährige aber die Fenster nicht mehr geöffnet haben.

Mieter Adolfs, der einst als Hausmeister in dem Haus beschäftigt war, hat das bestritten. Er vermutete, Hintergrund der Kündigung sei, dass seine Wohnung in lukrativen Büroraum umgewandelt werden solle. Dem widersprach die Vermieterin: Dies entbehre jeder Grundlage.

Mehrheit der Deutschen für Recht auf Rauchen in der Wohnung

Eine große Mehrheit der Bundesbürger verteidigt das Rauchen in der Wohnung. In einer repräsentativen Umfrage erklärten 77 Prozent, zu Hause sollte das Rauchen erlaubt bleiben. Auch unter den Nichtrauchern war eine deutliche Mehrheit dieser Meinung, wie das Meinungsforschungsinstitut YouGov im Auftrag der Nachrichtenagentur dpa herausfand. Das Rauchen zu Hause zu verbieten, befürworteten dagegen nur 17 Prozent der insgesamt 1020 Befragten. (dpa)