Düsseldorf. . Friedhelm Adolfs, ein 75 Jahre alter Raucher aus Düsseldorf, kämpft vor Gericht darum, in seiner Wohnung bleiben zu dürfen. Die Vermieterin hatte ihm fristlos gekündigt: Die Nachbarn hätten sich über gesundheitsgefährdenden Qualm und Gestank im Haus beschwert, er lüfte zu selten. Adolfs Anwältin glaubt: Die Vermieterin will die Wohnung ihres Mandanten in ein Büro umwandeln.

Erst kommt der Qualm, dann kommt Friedhelm Adolfs. Als wüsste er, was man von ihm erwartet, als er die Haustür an diesem Morgen um kurz nach neun öffnet. Mächtiger Dampf steigt vor seinem gelbgrauen Bart auf, mit einer selbstgestopften Zigarette zwischen den Lippen beginnt der Tag. So wie jeder Tag eigentlich. Nur dass heute ein besonderer Tag ist. Friedhelm Adolfs, seit Dienstag 75, kämpft gleich vor dem Amtsrichter darum, in seiner Souterrain-Wohnung in der Nähe des Düsseldorfer Eisstadions bleiben zu dürfen. Seit 40 Jahren lebt er hier, 35 davon war er Hausmeister, da lässt man sich ja nicht so einfach wegschubsen.

Die Tatsache, dass die Vermieterin dem Witwer die fristlose Kündigung geschickt hat, weil der Gestank im Haus nicht auszuhalten und gesundheitsgefährdend sei, macht ihn seit einer Weile zu Deutschlands bekanntestem Raucher nach Helmut Schmidt. In den verschärften Auseinandersetzungen um den Nichtraucherschutz wähnt die Nikotinfraktion hier die Entscheidungsschlacht: Darf man mir gar das Qualmen in den eigenen Wänden verbieten? Sympathisanten haben eine Sammelaktion für den Marlboro-Mann gestartet.

Ein Wald ausFernsehkameras

Carmen Griesel, die Anwältin der Vermieterin, beteuert zwar im Gespräch, dass es sich um einen Einzelfall handele, der Mann könne ja rauchen, aber er lüfte nie, man habe ihn mehrfach abgemahnt. Doch Adolfs’ Rechtsbeistand Nina Plein beharrt, letztlich müsse sich der Bundesgerichtshof mit der Frage mal grundsätzlich befassen.

Auch interessant

Entsprechend groß ist die Nachfrage nach Friedhelm Adolfs. Der kleine, schmächtige Rentner im kurzärmeligen Holzfällerhemd ist im Foyer des Gerichts hinter einem Wald aus Fernsehkameras und Mikrofonen kaum auszumachen. Schwer zu sagen, ob er sich in dieser Rolle gefällt oder ob er den Rummel nur mit rheinischer Fröhlichkeit erträgt. Die Verlegenheit, wenn er sie denn je besaß, hat er jedenfalls abgestreift.

Dass ihn der wie immer eifrige RTL-Reporter Ulli Klose in einem schiefen Vergleich zum „Robin Hood“ hochstilisiert, ist ihm aber zu dicke: „Nee“, sagt er, „bin ich nich’.“ Kämpfer für die Raucher, damit kann er leben, wenn’s den Journalisten denn gefällt; Adolfs hat begriffen, dass es für andere um mehr geht als um seine 42 Quadratmeter auf der Kühlwetterstraße. Und die freuen sich, wenn er sende- oder druckreifen Protest artikuliert: „Wir müssen zusammenhalten, wir können uns ja nicht alles verbieten lassen, sonst dürfen wir bald nicht mehr aufs Klo“, poltert er. Ob die Fragenden aus Solidarität pausenlos nic­ken und lächeln oder nur, damit er ihnen gewogen bleibt und noch etwas Lustiges von sich gibt, wer weiß das schon.

Ob Friedhelm Adolfs nun bleiben darf oder gehen muss, wird ihm Richter Tobias Rundel allerdings erst beim nächsten Termin verraten, am 31. Juli; gestern fragte er nur die Anwältinnen beider Seiten im Saal, ob man sich denn nicht doch irgendwie einigen könne. Reine Formsache, knapp zehn Minuten. Wie sollte man sich bei einer Räumungsklage einigen?

Auch interessant

Kommentar Christian Gerstenberger.jpg
Von Christian Gerstenberger

Da Rundel Adolfs’ Antrag auf Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussichten im Verfahren unlängst abgelehnt hat, darf man vermuten, dass er der Vermieterin zustimmen wird. Doch weil das Landgericht Adolfs die Hilfe nun doch gewährte, weil er sehr wohl gute Chancen habe, ist klar: „Ich mach’ weiter, in der nächsten Instanz“, verspricht Friedhelm Adolfs. Seine Anwältin vermutet, dass man den alten Mann loswerden möchte, um aus der Wohnung ein Büro zu machen und mehr als 350 Euro im Monat kassieren zu können. Das entbehre jeder Grundlage, beteuert die Vermieterin. Im Haus, an dem goldene Messingschilder prangen, sind Anwaltskanzleien und Immobilienfirmen untergebracht, es gibt nur eine weitere Mietswohnung.

Seine Frau starb vor zehn Jahren an Krebs

Den Vorwurf, er habe praktisch seit dem Tod seiner Frau, die ebenfalls rauchte und 2003 an Krebs starb, die Fenster nicht mehr geöffnet, weist Adolfs zurück: „Dat Fenster steht immer auf Kipp.“ Ziehe verqualmte Luft ins Haus, dann nur, weil seine alte Holztür nicht dicht sei. Darum müsse sich die Vermieterin kümmern. Wer den Kopf ins Treppenhaus steckt, kann kaum leugnen, dass kalter Rauch sich verewigt hat. Beschwert habe sich nur eine Firma aus der fünften Etage – „ich weiß gar nich’, wie die das riechen wollen.“ Seine Ankündigung dürften sie dort als Drohung empfinden: „Ich hab’ mir erstmal ‘ne neue Stopfmaschine gekauft.“ So 20 Zigaretten rauche er am Tag, sagt Friedhelm Adolfs. Sein Lächeln verrät: Es sind wohl eher 21.