Düsseldorf. Gewerkschaften laden am Tag der Arbeit, 1. Mai, zu Demo und Kundgebung in Düsseldorf. Was geplant ist, wofür die Arbeitnehmervertreter kämpfen.
Der Tag der Arbeit fällt im Jahr 2024 auf einen Mittwoch. In Düsseldorf laden die Gewerkschaften traditionell zur großen Kundgebung ein. Um 10.30 Uhr gibt es das große Zusammentreffen am Gewerkschaftshaus an der Friedrich-Ebert-Straße in der Düsseldorfer City. Ab 11 Uhr bewegt sich der Demonstrationszug von dort in Richtung Johannes-Rau-Platz/Landtag. Bei der Kundgebung am Rhein werden unter anderem Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU), die Düsseldorfer DGB-Vorsitzende Sigrid Wolf und Wagenbauer Jacques Tilly sprechen, der zwei Wagen (der „Wir sind mehr“-Fisch/Clown und AfD-Nazi-Maske) mitbringen wird. Nach dem offiziellen Teil wird es von 13 bis 16 Uhr auf dem Johannes-Rau-Platz ein von der DGB-Jugend organisiertes Familienfest geben.
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Sigrid Wolf freut sich schon auf den Tag der Arbeit 2024. „Es wird diesmal keine traditionelle 1. Mai-Rede geben, wir wollen lieber die Beiträge auf mehrere Schultern verteilen“, sagt die Düsseldorfer DGB-Vorsitzende. „Wir hoffen, dass es eine friedliche Kundgebung wird, damit wir unsere Themen setzen können.“ Dass es nicht immer so ruhig bei Mai-Kundgebungen zugehen muss, zeigten am 1. Mai 2022 Jahr die Vorfälle bei der Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz, als der SPD-Mann auf der Bühne gegen wütende Proteste von Gegnern der Waffenlieferungen an die Ukraine anbrüllen musste. Damals musste gar die Polizei anrücken.
Demonstration und Kundgebung zum 1. Mai laufen diesmal unter dem Slogan „Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit“. Und das sind die drei dringendsten Wünsche, die die Gewerkschaften an Politik und Gesellschaft haben.
1. Fachkräftemangel: Mehr Menschen in Ausbildung bringen
Seit Mitte der 70er Jahre gab es in Deutschland mehr Bewerberinnen und Bewerber statt Ausbildungsplätze. „Da war es klar, dass die Betriebe irgendwann verwöhnt waren und eine Art Bestenauslese betrieben haben“, erklärt Claus Churt vom DGB in Düsseldorf. Jetzt aber haben sich die Zeiten geändert, überall herrscht Fachkräftemangel. „Es darf nun nicht sein, dass die Firmen jammern, sondern mit anpacken und schauen, dass es weitergeht.“ Dafür bedürfe es viel Eigeninitiative, etwa bei betriebsinternen Weiterbildungsmöglichkeiten, aber auch den politischen Willen einer Kommune.
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Und da hapert es in Düsseldorf aktuell anscheinend ganz beträchtlich. DGB-Vorsitzende Wolf nennt das Beispiel Azubi-Wohnen: Seit neun Jahren hake sie bei dem Thema nach, seit neun Jahren passiere nichts. In Hamburg wurde kürzlich das vierte Azubi-Wohnheim eröffnet, München baute zuletzt einen Komplex mit 1000 Einheiten. Und Düsseldorf? „Unter OB Geisel gab es wenigstens noch einen Beirat für das Errichten eines Azubi-Wohnheims“, berichtet Sigrid Wolf. „Die Stadtspitze unter OB Keller hält sich aber komplett aus dem Thema raus.“
Die DGB-Verantwortlichen wünschen sich in Düsseldorf aber in einem ersten Rutsch 500 bis 1000 Wohneinheiten für Azubis. Und haben mit dem Neubaukomplex Auf‘m Tetelberg in Bilk nahe der Handwerkskammer auch schon ein konkretes Projekt im Visier. „Wir haben bei der Stadt mehrmals angefragt und vertrauen jetzt auf OB Keller und Dezernentin Cornelia Zuschke“, so Wolf.
2. Die Demokratie vor Ort in den Unternehmen verteidigen
„Die Lösung für die aktuellen Herausforderungen liegt im Miteinander und nicht in Hass und Spaltung“, erklärt DGB Düsseldorf-Chefin Wolf. „Wir werden die Demokratie verteidigen – in den Betrieben, an den Werkbänken und Schreibtischen und auf der Straße.“ Klar sei: „Die Rassisten und Rechtspopulisten vertreten nicht die Interessen der Beschäftigten.“
Dinah Trompeter, Vorsitzende der IG Metall Düsseldorf-Neuss, bietet für ihre „Vertrauensleute in den Betrieben“ politische Weiterbildungen an, um rechte Strömungen besser erkennen zu kennen. „Denn wir müssen da wirklich aufpassen“, sagt sie und verweist auf eine Art Pseudo-Gewerkschaft namens „Zentrum Automobil“, die seit einiger Zeit in Süddeutschland Unternehmen zu unterwandern versucht – auch mit Hilfe der AfD.
3. Tarifbindung: Mehr soziale Verantwortung durch die Betriebe
Immer mehr Arbeitgeber stehlen sich aus der Verantwortung, sagen die Gewerkschaften und wollen gegensteuern. „Der kommende Sommer muss für die Gewerkschaften im Zeichen der Tarifwende stehen“, betont Wolf. „Der DGB kämpft für eine höhere Tarifbindung.“ Diese bringe mehrere Vorteile: „mehr Geld, bessere Arbeitsbedingungen, sichere Zukunftsaussichten und mehr Lebensqualität“. Thomas Neumann vom IGBCE-Bezirk Düsseldorf beobachtet für seinen Bereich eine Zuwanderung an Mitgliedern. „Das ist umso beachtlicher, dass es ja auch einen demografischen Wandel gibt, der unsere Gesellschaft altern lässt. Aber für unsere neuen Mitglieder müssen wir deshalb auch mehr denn je da sein.“
Verdi etwa fordert aktuell für die Mitarbeitenden im Einzelhandel 2,50 Euro mehr pro Stunde. „Das klingt zuerst vielleicht viel, aber es geht ja auch um die soziale Absicherung des Arbeitnehmende“, erklärt Sigrid Wolf. Da stünden Rekordgewinne auf der einen Seite und Personalabbau auf der anderen Seite, ergänzt Dinah Trompeter von der IG Metall. „Das Abwälzen in soziale Transferleistungen muss endlich aufhören.“
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