Düsseldorf. Wegen des Ärzte-Songs „Schrei nach Liebe“ bei einer Anti-AfD-Demo gab es eine Gema-Anzeige von der Düsseldorfer Polizei. War das korrekt?
- Um gegen eine AfD-Kundgebung im Düsseldorfer Zoopark zu demonstrieren, kamen im März über 1000 Menschen zusammen
- Weil die Veranstalter („Düsseldorf stellt sich quer“) den Ärzte-Song „Schrei nach Liebe“ abspielten, stellte die Polizei wenig später Strafanzeige wegen eines Gema-Verstoßes
- Der Fall landete bei der Landesregierung, die nun Stellung bezieht
Ein Zeichen gegen rechte Hetze sollte es sein, als sich im März über 1000 Menschen im Düsseldorfer Zoopark trafen, um gegen eine AfD-Kundgebung zu protestieren. Bei der Demo spielten die Veranstalter des Bündnisses „Düsseldorf stellt sich quer“ (DSSQ) unter anderem das Lied „Schrei nach Liebe“ der Band „Die Ärzte“ durch einen Lautsprecher ab – und zogen damit den Unmut der Düsseldorfer Polizei auf sich. Nur kurze Zeit später flatterte dem Anmelder der Demo eine Strafanzeige der Polizei ins Haus.
Der Vorwurf: Eine Urheberrechtsverletzung durch einen Gema-Verstoß. Auch die Band „Ärzte“ meldete sich zu Wort und erklärte, die anfallenden Gema-Kosten für die Veranstalter der Demo übernehmen zu wollen. Die SPD hat sich zu dem Vorfall mit einer Kleinen Anfrage an die nordrhein-westfälische Landesregierung gewandt. Nun gibt es Antworten.
Gema-Posse nach Anti-AfD-Demo in Düsseldorf: Landesregierung äußert sich
In dem Schreiben der Polizei vom 26. März an den Anmelder des Protests, das unserer Redaktion vorliegt, heißt es: „Im Rahmen der Kundgebung DSSQ ‚Nie wieder ist jetzt‘ am 16.03.2024 fanden in der Zeit von 10:15 bis 14:00 Uhr diverse Musikbeiträge von mehr als 15 Sekunden statt. Dabei handelte es sich um Tonträgerwiedergaben mittels Beschallungsanlage durch Sie oder unter Aufsicht von Ihnen. Unter anderem wurde der Musikbeitrag ‚Schrei nach Liebe‘ von den Ärzten gespielt.“
Dass ausgerechnet die Polizei zuerst Strafanzeige einleitete, bevor Urheber oder Gema diese hätten stellen können, beschäftigt nun den Landtag. DSSQ hatte nach dem Erhalt der Strafanzeige vermutet, dass das Düsseldorfer Polizeipräsidium besonders motiviert sei, antirassistischen Protest „völlig haltlos zu kriminalisieren“, hieß es in der Mitteilung von Anfang April.
Auch das war Teil der Kleinen Anfrage der SPD. Die Antwort der Landesregierung dazu: „Die Polizei Nordrhein-Westfalen ist aufgrund des Legalitätsprinzips dazu verpflichtet, bereits bei Bekanntwerden des Anfangsverdachts einer Straftat dieser nachzugehen und ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.“
Gema-Verstoß bei Anti-AfD-Demo? Polizeikontrolle soll „thematisiert“ werden
Vor Ort sei laut Anzeige der Polizei außerdem den zuständigen Beamten versichert worden, dass der Gema-Vertrag vorläge, doch noch am Tag der Demo nicht hätte erbracht werden können. Dass bei Freizeitveranstaltungen Gema-Gebühren fällig würden, sei dem Bündnis klar, wie Sprecher Oliver Ongaro im Gespräch mit der NRZ erklärte. Bei der „Veranstaltung“ hätte es sich jedoch um eine geplante, angemeldete Demo und „kein Fest“ gehandelt, wie Ongaro weiter ausführte. Außerdem hätten Vereine im Nachhinein sechs Wochen Zeit, um mögliche Gema-Anträge zu stellen.
Die Kontrollsituation solle nun laut Landesregierung mit den eingesetzten Beamten „im Rahmen einer Nachbetrachtung durch das Polizeipräsidium Düsseldorf thematisiert“ werden.
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Anzeige der Polizei nach Demo im Zoopark: „Eine geplante Demo und kein Fest“
Im Rahmen der Kleinen Anfrage der SPD sollte außerdem geklärt werden, ob die Landesregierung diesen Vorfall als Anlass nehmen wird, die nordrhein-westfälischen Polizeipräsidien für den korrekten Umgang mit antirassistischen und antifaschistischen Demonstrationen zu sensibilisieren.
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In ihrer Antwort erklärt die Landesregierung, einem festgestellten Anfangsverdacht einer Straftat sei, unabhängig vom Thema der Versammlung, nachzugehen. So sei das „professionelle Handeln der eingesetzten Beamtinnen und Beamten grundsätzlich auf Kommunikation und Deeskalation ausgerichtet“, heißt es abschließend in der Antwort.
Nach Anti-AfD-Demo in Düsseldorfer Zoopark: Polizei ermittelt wegen Gema-Verstoß
Sogar „Die Ärzte“ selbst haben von der Gema-Posse Wind bekommen und ihr Management sich wenig später in einer Nachricht an DSSQ dazu geäußert: „Ich darf Ihnen hiermit ausdrücklich versichern, dass die Band die Verwendung jedes ihrer Werke auf Anti-AfD-Demos ausdrücklich befürwortet und dazu aufruft, das auch künftig zu tun, wenn es denn hilft, die Demo damit zu unterstützen“, hieß es seitens des Managements an das Düsseldorfer Bündnis.
Und die Antwort ging noch weiter mit einem kleinen Rat – und der Zusage, die Gema-Gebühren zu übernehmen: „Sie sollten die Demo allerdings noch bei Gelegenheit bei der Gema anmelden: Das Abführen geringer Urheberrechts-Tantiemen ist leider unabdingbar, es ist aber auch nicht teuer. Wir erstatten Ihnen den uns betreffenden Kostenanteil von wenigen Euro gerne.“ Zum Schluss verabschiedete sich das Management auf ihre ganz eigene Art und Weise: „Beste Grüße und viel Erfolg bei möglichst vielen weiteren Anti-Arschloch-Demos.“
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