Dinslaken. Mit der Haushaltssicherung stehen in Dinslaken drei Klimaschutzprojekte auf der Kippe oder werden zurückgestellt. Was das für die Stadt heißt.

Auch Klimaschutz wird in Dinslaken in Zeiten der Haushaltssicherung zur Geldfrage. Drei Umweltprojekte wurden in den vergangenen Jahren angestoßen - und drohen nun an der Haushaltssicherung zu scheitern: die Tiny Forests sowie die Vorzeigeprojekte Freibad Hiesfeld und Masterplan Grün. Alle drei Projekte sind keine kommunalen Pflichtaufgaben - und somit nur mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde finanzierbar. Davor stehen aber noch zahlreiche Pflichtaufgaben, die auf jeden Fall finanziert werden müssen: Maßnahmen der Daseinsvorsorge, Gefahrenabwehr, Transferleistungen, Schulen, Kitas. Können sich nur noch wohlhabende Kommunen Klimaschutz leisten?

Im vergangenen Jahr hatten FDP und Grüne beantragt, in Dinslaken zwei Tiny Forests zu pflanzen. Jetzt kommt die Absage der Stadtverwaltung. Begründung: kein Geld. Tiny Forests sind Mini-Wälder ab einer Größe von 100 Quadratmetern, die im städtischen Raum gepflanzt werden. Durch die spezielle Pflanzung nach dem japanischen Pflanzensoziologen Akira Miyawaki und eine hohe Pflanzendichte wachsen die Tiny Forests einen Meter und mehr pro Jahr. In wenigen Jahren entstehen so Ökosysteme, die ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Tiny Forests - Kosten: 20.000 Euro

Nach Meinung des Umweltbundesamtes bietet das Konzept einen „vielversprechenden, ganzheitlichen Lösungsansatz“. Vor allem „Flächen von geringem ökologischen Wert“ kämen dafür in Betracht, sie würden „durch eine entsprechende Regeneration des Bodens und eine dichte Bepflanzung innerhalb kurzer Zeit in autarke Ökosysteme umgewandelt“. Das Projekt Miya, das den ersten Tiny Forest in Deutschland gepflanzt hat und mittlerweile als Fachverband die Miyawaki-Methode fördert, wurde 2022 mit dem Bundespreis Blauer Kompass ausgezeichnet.

Einige Tiny Forests gibt es in Deutschland schon - in Essen etwa wachsen zwei Miniwälder, außerdem in Herford, Jever, Bad Zwischenahn, rund um Frankfurt, Mannheim und Stuttgart sowie im Osten. Die Wälder kosten etwa 100 Euro pro Quadratmeter, wurden oft aus unterschiedlichen Quellen finanziert: Crowdfunding, Fördermitteln oder Sponsoring.

In den Niederlanden werden schon seit 2015 Tiny Forests gepflanzt - mehr als 80 sind es schon. Im Nachbarland gibt es ohnehin einen Wettbewerb der Kommunen im Entsiegeln von Flächen. Gemeinden versuchen, so viele Pflastersteine wie möglich im Jahr durch Grünflächen zu ersetzen. Im vergangenen Jahr gewann die Stadt Arnheim das „Tegelwippen“ mit 460.000 entfernten Pflastersteinen.

Grüne und FDP hatten beantragt, dass mitten in Dinslaken zwei 100 Quadratmeter große Tiny Forests gepflanzt werden - als Pilotprojekte und unter Einbeziehung von Bürgerschaft, Schulen, Firmen oder anderen lokalen Akteurinnen und Akteuren, wie es hieß, um „den Folgen von Hitzewellen, Trockenperioden und Starkregen in der Stadt Dinslaken und ihren Nebenzentren entgegenzuwirken“. Die Kosten lägen also bei etwa 20.000 Euro. Das sind offenbar 20.000 Euro zu viel für eine Kommune in der Haushaltssicherung: „Die aktuelle Haushaltslage bedingt ein pflichtiges Haushaltssicherungskonzept. Da das Vorhaben der Tiny Forests in den Bereich der freiwilligen Leistungen fällt, wird dieses bis auf Weiteres zurückgestellt“, teilt die Stadt der Politik mit.

Freibadnachnutzung Hiesfeld - Kosten: eine Million Euro

Eine Million Euro müsste die Pleite-Stadt Dinslaken für das geplante Vorzeigeprojekt Freibadnachnutzung Hiesfeld aufbringen - viel im Vergleich zu den Tiny Forests, dafür gäbe es aber auch rund 5,6 Millionen Euro Fördermittel aus dem Programm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“. Die Zusage für das Geld ist bereits da - nach Bonn, Augsburg, Neumünster und Jena erhält die Stadt Dinslaken die fünfthöchste Fördersumme unter allen teilnehmenden Kommunen im überzeichneten Bundesprogramm. Das Grundstück ist wieder im Besitz der Stadt, der Bebauungsplan geändert. Mit Bürgerbeteiligung wurde ein Konzept aufgestellt, das auf dem ehemaligen Freibadgelände große, naturnahe Grünflächen vorsieht, die vom renaturierten Rotbach durchzogen sind und durch verträgliche Freizeitmöglichkeiten ergänzt werden. Die Maßnahme ist Teil der investiven Veränderungsliste für Projekte, bei denen eine Förderung möglich ist. Sie ist keine Pflichtaufgabe - mit Ausnahme möglicherweise der Renaturierung des Rotbachs nach der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Wenn das Projekt nicht bis 2027 umgesetzt ist, verfallen nicht nur die Fördergelder. Der Fläche kommt laut Stadt eine besondere Bedeutung als Frischluftschneise zu, sie ist Teil des Masterplans Grün.

Masterplan Grün - Kosten: 140.000 Euro

Der Masterplan Grün selbst allerdings steht ebenfalls auf der Kippe. Das Grünflächenentwicklungskonzept soll als Grundlage für die Stadtentwicklung und Abwägung zwischen Umweltbelangen sowie der Schaffung von Wohnraum dienen. Es soll Grünzüge und Frischluftschneisen im Stadtgebiet manifestieren. Das Konzept ist unter Beteiligung der Bürger bereits seit 2020 in Arbeit und sollte im kommenden Jahr fertiggestellt werden. Die Stadt müsste noch 140.000 Euro zahlen.

Verwaltung und Stadtrat arbeiten aktuell an Dringlichkeitslisten, auf denen Maßnahmen im Rahmen der Haushaltssicherung priorisiert werden sollen. Die endgültige Entscheidung liegt beim Kreis Wesel als Aufsichtsbehörde.