Dinslaken. In den kommenden Jahren werden 100 Hektar Grünflächen überplant. Ein „Masterplan Grün“ soll langfristig grüne Bereiche in Dinslaken festlegen.

100 Hektar Fläche sollen in den kommenden Jahren in Dinslaken für Wohnraum und Gewerbe überplant werden. Meist landwirtschaftlich genutzte Grünflächen in einer Gesamtgröße von etwa 140 Fußballfeldern gehen der Stadt also verloren – dafür muss ein Ausgleich geschaffen werden. Damit dies strukturiert geschieht, will die Stadt nach dem Wohnraumkonzept nun auch ein Grün- und Freiflächenkonzept aufstellen. Dieser „Masterplan Grün“ soll für die Zukunft festlegen, an welchen Stellen in Dinslaken Grünflächen langfristig erhalten bleiben beziehungsweise entstehen sollen. Vorbild ist das Grünflächenkonzept der Stadt Münster. Der Rat soll das Projekt am Dienstag, 23. Juni, auf den Weg bringen.

Darum ist der Masterplan notwendig

„Wir sind in den nächsten Jahren, was die Siedlungsentwicklung angeht, auf einem ziemlich expansiven Weg“, erklärte Planungsdezernent und Kämmerer Thomas Palotz das Projekt im Planungsaussschuss. Das Handlungskonzept „Wohnen 2030“ macht 63 Hektar Flächen aus, auf denen bis 2030 Wohnbebauung entstehen könnte. Ebenfalls bis 2030 ist die Entwicklung von 42 Hektar Gewerbeflächen geplant: 31 Hektar am Regionalen Kooperationsstandort Barmingholten sowie direkt daneben 10 Hektar kommunale Gewerbeflächen. Insgesamt werden mehr als 100 Hektar überplant.

„Genauso wie wir uns mit der Frage der Siedlungsflächenentwicklung beschäftigen, müssen wir uns mit der strategischen Grünflächenentwicklung für unsere Stadt beschäftigen,“ so Palotz. Denn bislang gibt es „keine Freiraumplanung mit Vorgaben für die Umsetzung aktueller Vorhaben, die der Bedeutung des Themas ,Grün’ bei Flächenentwicklungen gerecht werden“, so die Stadt in der entsprechenden Beschlussvorlage für den Stadtrat. Dabei sei es ratsam, solche Flächen zu „bevorraten“ und ein Öko-Konto anzulegen, so Marcus Beck vom städtischen Bereich Stadtentwicklung.

Vorbild ist das Grünflächenkonzept in Münster

Vorbild des geplanten „Masterplans Grün“ ist das Grünflächenkonzept der Stadt Münster, das in drei Bereichen – „Grünsystem/Freiraumkonzept“, „Zielkonzept Naturraum“ und „Zielkonzept Freizeit und Erholung“ – sowohl bestehende als auch geplante Bereiche definiert und langfristig festlegt.

Münster hat zwei innerstädtische Grünringe plus die bis zur Stadtgrenze reichende freie Landschaft. Auf den innerstädtischen Grünring laufen sternförmig sieben Hauptgrünzüge zu, deren Zukunft das Konzept sichert. Im Grünsystem/Freiraumkonzept sind in diesen Bereichen Vorrangflächen zur Freiraumsicherung festgelegt, in denen keine bauliche Entwicklung erlaubt ist.

Das Zielkonzept Naturraum definiert darin besonders schützenswerte Niederungs- und Uferbereiche an Gewässern, deren ursprüngliche Funktion als „Lebensadern“ in der Landschaft gesichert, wiederhergestellt oder gestärkt wird, und strukturarme Landschaftsräume, die durch verschiedene Elemente wie Wallhecken, Feldgehölze, Einzelbäume, Baumreihen, Kleingewässer, Obstwiesen und neue Wiesen- und Waldflächen aufgewertet und angereichert werden sollen. Außerdem wird der Kiessandrücken, in dessen Untergrund ein Grundwasserstrom verläuft, der der Trinkwassergewinnung dient, besonders geschützt.

Das Zielkonzept Freizeit und Erholung legt bestehende und zu entwickelnde Freizeitflächen und Erholungslandschaften fest – Landschaftsparks, Parkanlagen, Stadtteilparks und Veranstaltungsflächen, die gleichzeitig als kleine Grünanlage und als Stadtplatz fungieren.

Die Kompensationsflächenpotenziale für mögliche Baumaßnahmen orientieren sich an dem Grünflächenkonzept: Dort „macht es Sinn, den Ausgleich für Siedlungsentwicklung stattfinden zu lassen,“ so Jasmin Paetzold vom Fachdienst Grünflächen der Stadt Dinslaken – geeignete Maßnahmen wären etwa, in den festgelegten Bereichen Gewässer zu renaturieren, Pufferstreifen einzurichten oder Heckenstreifen oder Obstwiesen in arten- oder strukturarmen Landschaften einzurichten. Bebauungspläne würden zudem ebenfalls Grünschneisen und Retentionsflächen vorsehen. Der Erfolg ist in Münster sicht- und spürbar: Wärmebildaufnahmen belegen, dass über die Hauptgrünzüge kühle Luft in die Stadt strömt.

Die Grünstruktur in Dinslaken

Auch in Dinslaken gibt es „grüne Finger“, die vom Außenbereich in die Stadt hineinreichen, so Beck – etwa entlang der Gärtnerstraße, in Lohberg, Hiesfeld, dem Averbruch. Außerdem gibt es mit der Emscher, dem Rotbach und der Zechenbahn grüne Achsen. Diese seien bei der künftigen Flächenentwicklung mitzudenken: In Oberlohberg seien die Grünflächen noch gut vernetzt, in Hiesfeld liege das Freibadareal in einer solchen Grünachse – „diese Chance sollten wir nutzen,“ so Marcus Beck. Die Trabrennbahn sei eine wichtige Grünverbindung in die Innenstadt, auch Eppinghofen, wo es viele Wohnraumpotenzialflächen gibt, „lebt von der grünen Struktur und dem Freiraum“.

Die Trabrennbahn ist eine wichtige Grünverbindung in die Stadt. Das soll bei der Planung berücksichtigt werden.
Die Trabrennbahn ist eine wichtige Grünverbindung in die Stadt. Das soll bei der Planung berücksichtigt werden. © Hans Blossey / FFS

Allerdings habe die Siedlungsentwicklung in den vergangenen Jahren „deutliche Spuren“ hinterlassen, so Palotz. Luftbilder des Ortsteils Bruch von 1990 bis 2019 zeigen, dass in dem Bereich fast alle Freiflächen verschwunden sind. Trotz der privaten Grünflächen in Gärten „hat man die Chance vertan, hier eine grüne Achse zu erhalten“, so Marcus Beck. Der Bruch profitiere von dem nahe gelegenen Gebiet um den Tenderingssee.

Deshalb ist für Dinslaken der Handlungsbedarf groß

Wenn Dinslaken weiter den Slogan „Stadt im Grünen“ beanspruchen wolle, müsse die Stadt etwas dafür tun, so Palotz, der in dem Bereich „akuten Handlungsbedarf“ sieht – auch mit Blick auf die zu erwartende Diskussion zu den Wohnraumpotenzialflächen – wie schon jetzt an der Südstraße. Dabei müsse die Stadt aufzeigen können, dass die Frage nach dem „Erhalt von Grünflächen nicht immer am einzelnen Standort, aber gesamtstädtisch beantwortet werden kann“, so Palotz. Ganz konkret stelle sich auch bei der Planung des Freibadareals in Hiesfeld die Frage, „ob wir diese Fläche einer intensiven Nachnutzung zuführen oder ob wir sie der Natur zurückgeben. An dem Punkt stehen wir heute“.