Dinslaken. Der dickste Minusposten im Dinslakener Haushalt beträgt 113 Millionen Euro. Was das Bündnis „Für die Würde unserer Städte“ deswegen fordert.
Dinslaken ist vor neun Jahren dem Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ beigetreten und setzt sich gemeinsam mit 63 weiteren finanzschwachen Städten für eine „angemessene Finanzausstattung der Kommunen“ ein. Diese müssten zunehmend Aufgaben finanzieren, die ihnen Bund und Land übertragen haben - ohne dass diese dafür entsprechend finanziell ausgestattet würden, so der Vorwurf. Gerade sozial schwache Kommunen hätten hohe Sozialausgaben und wenig Einkünfte durch Gewerbesteuern. Die Landesregierung hat seit der Gründung des Aktionsbündnisses im Jahr 2008 dreimal gewechselt - in Sachen Altschuldenlösung für die Kommunen hat sich wenig bewegt. NRW sei mittlerweile das einzige Land ohne ein entsprechendes Konzept, kritisiert das Aktionsbündnis nach seiner jüngsten Zusammenkunft.
Dinslaken reklamiert schon seit Jahren beim Land die Einhaltung des Konnexitätsprinzips - kurz: „Wer bestellt, der zahlt.“ 90 Prozent des Dinslakener Haushalts seien fremdbestimmt, hat schon der frühere Bürgermeister Michael Heidinger mantraartig wiederholt. Geändert hat sich seitdem - nichts. „Ein großer Teil der Schulden stammt aus Aufgaben, die der Bund und die Länder den Kommunen aufgebürdet haben, ohne für eine auskömmliche Finanzierung der Kommunen zu sorgen“, kritisiert auch die aktuelle Dinslakener Bürgermeisterin Michaela Eislöffel. 40 Prozent (113 Millionen Euro) der Dinslakener Ausgaben sind Transferleistungen - also etwa Kreisumlage, soziale Leistungen, Versorgung von Schutzsuchenden oder Hilfen zur Erziehung. 29 Prozent (85 Millionen Euro) entfallen auf Personal- und Versorgungskosten. Zum Vergleich: Für den Ausbau des Schulzentrums Hiesfeld waren 2024 Ausgaben in Höhe von 16,6 Millionen eingeplant.
So hoch steigt die Pro-Kopf-Verschuldung in Dinslaken - ohne Haushaltssicherung
Insgesamt haben die Kommunen mit einem Gesamtdefizit von rund sieben Milliarden Euro in den Haushalten des Jahres 2023 zu kämpfen. Dem Dinslakener Haushalt fehlen in diesem Jahr nach ersten Sparbemühungen 30 Millionen Euro, bis 2027 werden es insgesamt rund 170 Millionen Euro sein. Die Gesamtverbindlichkeiten steigen (ohne Haushaltssicherung) laut Prognose von 388 Millionen Euro im Jahr 2024 auf 636 Millionen Euro in 2027, die Pro-Kopf-Verschuldung in Dinslaken von 5388 Euro auf 9003 Euro. Der NRW-Durchschnitt liegt bei 4612 Euro (Zahlen von Ende 2022), an der Spitze Oberhausen mit 9336 Euro.
Allerdings ist Dinslaken schon quasi in der Haushaltssicherung, die eben das verhindern soll: Innerhalb von zehn Jahren muss der Haushalt ausgeglichen sein. Die ersten Folgen für die Bürger werden bereits spürbar: Die Klaraschule wird nun doch nicht erweitert, die Sanierung der Bezirkssportanlage Augustastraße ist gestoppt. Und das ist nur der Anfang.
Letzte Hoffnung wäre die Altschuldenlösung. Das Bundesfinanzministerium habe „zum wiederholten Mal die Bedingungen für eine Altschuldenlösung vorgelegt, NRW reagiert darauf bisher als einziges Bundesland nicht“, so das Aktionsbündnis. NRW sei „das einzige Land ohne Altschuldenlösung“. Im vergangenen Jahr habe es „eine Lösung ohne substanzielle finanzielle Beteiligung des Landes“ vorgelegt und sei damit „krachend“ gescheitert. Das Thema wurde auf 2025 verschoben.
NRW sei „gefordert, einen entscheidenden Beitrag zur Altschuldenlösung zu leisten. Was in anderen Bundesländern funktioniert, muss auch in Nordrhein-Westfalen möglich sein“, so Michaela Eislöffel. Die Kommunen „benötigen einen Weg aus der Finanzkrise. Steigende Zinsen und Kosten lassen die Schulden immer weiter anwachsen. Auch für unsere Stadt Dinslaken ist eine Altschuldenlösung ein erster und notwendiger Schritt zur Haushaltskonsolidierung und zur Sicherung guter Lebens und –Aufwachsensbedingungen in unserer Stadt“.
Das fordert das Aktionsbündnis
Das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ fordert: NRW als bevölkerungsreichstes Bundesland „muss eine Altschuldenlösung vorlegen, mit der es die übermäßigen Liquiditätskredite der Kommunen komplett übernimmt“. Der Bund werde anschließend für die Hälfte davon einstehen. NRW koste das jährlich 350 bis 500 Millionen Euro – „das ist die Größenordnung, die es vom Stärkungspakt NRW kennt“, so das Bündnis. Im Bund, so das Aktionsbündnis, müsse nun der Gesetzgebungsprozess beginnen, damit die Altschulden-Übernahme im Bundeshaushalt 2025 erfolgen könne.
Nötig sei zudem eine „angemessene Finanzausstattung der Städte und Kreise sowie eine Reform der Förderpolitik“. Die Mittel müssen „einfach und unbürokratisch abrufbar sein und nach Bedürftigkeit verteilt“ werden. Bisher landet Fördergeld vor allem bei wohlhabenden Städten und nicht bei denen, die mitten in der kommunalen Finanzkrise stecken. In Dinslaken etwa wurde extra eine Stelle fürs „Fördermittelmanagement“ geschaffen.