Dinslaken. Im Haupt- und Finanzausschuss gab es eine emotionale Debatte mit gegenseitigen Beschuldigungen – aber kein grünes Licht für Investitionslisten.
Rund 170 Millionen Euro Schulden bis 2027 – da können die Nerven schon einmal blank liegen. Am Donnerstag sollte die Politik im Haupt- und Finanzausschuss den ersten Schritt auf dem Weg zur Haushaltssicherung gehen. Zu beschließen waren diverse Listen mit städtischen Ausgaben, die mal verpflichtend, mal freiwillig, mal mehr und mal weniger dringend sind – vom Kita-Bau bis zur Schulsozialarbeit. Angesichts zahlreicher offener Fragen sah sich eine Mehrheit aber nicht in der Lage, die Listen spontan durchzuwinken. Stattdessen gab es gegenseitige Schuldzuweisungen – und seitens der Verwaltung die Drohung, dass im Sommer Kita- und Schulplätze fehlen.
Ein kurzfristiger Antrag von SPD, CDU, UBV und FDP ließ die Emotionen hochkochen: Umfang und Struktur der von der Verwaltung versandten Vorlagen für die Sitzung würden „zum Teil erheblich“ von den Vorjahren abweichen. Zudem seien die Vorlagen teilweise „kurzfristigst“, mit „kurzfristigsten Ergänzungen“ noch einen Tag vor der Sitzung, bei der Politik angekommen, kritisierte CDU-Fraktionsvorsitzender Heinz Wansing. Es mangele an „Ausführungen und Erläuterungen“. Fragen, die bereits im Januar gestellt worden seien, seien bis jetzt nicht beantwortet worden. Es sei „unzumutbar“, so kurzfristig über die Vorschläge zu beraten, eine „Unverschämtheit“, was ehrenamtlichen Kommunalpolitikern da abverlangt werde. „So lassen wir uns als Rat nicht missbrauchen und vorführen“, so Wansing.
Wenn die Verwaltung „vernünftige Vorlagen präsentiert hätte, wären wir heute schnell fertig gewesen: Ich kann nicht über etwas abstimmen, das ich nicht erläutert bekommen habe“, erklärte Jürgen Buchmann, Fraktionsvorsitzender der SPD.
Schließlich, so ergänzte Kristina Grafen, Co-Vorsitzende der SPD, schlage man teils „Pflöcke für Jahrzehnte“ ein. Es wäre laut Grafen gar nicht so weit gekommen, wenn die Stadt nach der letzten Infoveranstaltung zum Thema den dort versprochenen Dialog mit der Politik fortgeführt hätte: „Ich sehe das als Ihre Aufgabe als Bürgermeisterin“, so Grafen zu Michaela Eislöffel.
Sie komme ihrer Verantwortung durchaus nach, entgegnete Bürgermeisterin Michaela Eislöffel, die zuvor die SPD beschuldigt hatte, mit der Weigerung der Zustimmung unsozial zu handeln. Sie gehe aber mit ihrer Arbeit eben „nicht hausieren“.
Mit dem Antrag der vier Fraktionen war die Bitte verbunden, dass die Verwaltung offene Fragen in einer Infoveranstaltung für die Politik Anfang Mai beantwortet. Das wäre allerdings nach der Ratssitzung am 23. April, in der die Politik den Investitions- und Einsparlisten endgültig grünes Licht geben sollte. Der endgültige Beschluss verschiebt sich so möglicherweise um mehrere Wochen.
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Das Schieben der Beschlüsse, so Michaela Eislöffel, frustriere nicht nur die städtischen Mitarbeiter, es habe vor allem Auswirkungen auf diverse Projekte – vor allem auf den geplanten Bau oder Ausbau von Kindergärten und Schulen, weil die dafür notwendigen Mittel später freigegeben werden können. „Unverantwortlich“ fand das Dr. Tagrid Yousef, Dezernentin für Soziales, Schule, Kultur und Sport. „Alles, was Sie jetzt schieben, wird dazu führen, dass wir weder OGS-Plätze noch Kita-Plätze haben“. In der Folge würden „Klageverfahren“ mit „extremen finanziellen Auswirkungen“ drohen.
Um diese Projekte aus dem Bildungsbereich geht es
Um welche Projekte aus dem Bildungsbereich es geht, erläuterte Mario Balgar, Leiter der städtischen Sanierungsgesellschaft ProZent. Vor allem eine Verzögerung beim Bau der Kita Douvermannstraße bereitete ihm Bauchweh. Es gebe eine städterechtliche Vereinbarung mit dem Kreis Wesel, die einzuhalten sei. Die ProZent habe in „Windeseile“ mit „viel Einsatz und Überstunden“ ein Vergabeverfahren auf die Beine gestellt. Eigentlich sollte im Mai der Generalplaner beauftragt werden. Wenn der Dinslakener Kitabau das Gesamtprojekt verzögere, könnten Regressforderungen drohen.
Eine Verzögerung beim Neubau der Kita Edithweg sei hingegen „nicht das Schlimmste“, so Balgar. Für den Sommer sei die Kita ohnehin nicht eingeplant. Die Kita sei auf die Fertigstellung der Kita Averbruchstraße angewiesen, weil ansonsten kein Ausweichquartier zur Verfügung stünde.
Bei der Moltkeschule sei der Baubeginn in den Sommerferien geplant. Bei einer Verzögerung von sechs Wochen werde sie auch entsprechend später fertig – also nicht, wie geplant, in den Ferien. Die Klaraschule – sie soll um einen Modulbau erweitert werden – sollte ursprünglich in diesem Jahr fertig werden. Das galt allerdings für eine Beschlussfassung im Dezember. Die Verzögerung müsse in „Schülerzahlen und Aufnahme“ eingeplant werden, so Balgar. Laut Vorlage hat die Schule sich bereits bereiterklärt, für die Übergangszeit zusammenzurücken.
Bei der Dorfschule, so Tagrid Yousef, müssten jetzt Container aufgestellt werden, „um OGS-Plätze zu sichern“. Die Schule habe „schon jetzt keine Möglichkeit mehr, Schüler aufzunehmen“.
Wenn Schulen später fertig würden, so mahnte Michaela Eislöffel, laufe die Stadt Gefahr, „dass wir möglicherweise die Schulplätze im Sommer nicht haben“. Das sei „unverantwortlich“.
So geht es weiter
Beschlossen wurde an diesem Abend im Wesentlichen nur, was Pflichtaufgabe ist oder der Gefahrenvorsorge dient. Einen möglichen Kompromiss schlug Niklas Graf, Co-Fraktionsvorsitzender der Grünen, vor: Die Stadtverwaltung solle die dringendsten Projekte bis zur Ratssitzung am Dienstag, 23. April, zusammenstellen – möglicherweise könne der Rat zumindest diese dann beschließen.
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