Dinslaken. Wenn Eltern einen Platz in der geplanten Baptisten-Kita ablehnen - verlieren sie dann das Recht auf den Kitaplatz? Das sagt die Stadt Dinslaken.
Dinslaken fehlen zum Start des neuen Kindergartenjahres im August etwa 250 Kindergartenplätze. Die geplante Kita des Christlichen Schul- und Kitavereins könnte 60 Plätze zur Verfügung stellen - aber müssen Eltern einen Kitaplatz in der Einrichtung der Freien Evangelischen Baptistengemeinde Dinslaken annehmen? Und verlieren sie den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz, wenn sie diesen aufgrund der religiösen Ausrichtung der Kita ablehnen? Ja - so lautete die Antwort der Stadtverwaltung im Hauptausschuss. Die Wartefrist für das betroffene Kind beginne von vorn. Damit wollte sich die Politik nicht abfinden - und verlangte Nachbesserung. Die Lösung präsentierte die Stadtverwaltung nun dem Rat.
Die Baptisten-Gemeinde in Dinslaken möge ja gerne ihre Kita bauen, wenn es Familien gebe, die sich dort einen Platz wünschen, fand Gerd Baßfeld, Fraktionsvorsitzender der Linken. Er wolle aber nicht, dass die Kita Teil der städtischen Bedarfsplanung ist. Genau das habe die Stadt der Gemeinde aber nicht verwehren können. 2018 habe diese schon die Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe angemeldet, der Rat habe diese im Jahr 2022 genehmigt, so die Stadtverwaltung, die außerdem auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover verweist: Danach „wurde die Stadt Langenhagen zur Bewilligung einer Freien Evangelischen Kita aufgrund des vorhandenen Bedarfs der Eltern verurteilt.“ Den Bedarf kann der Verein nachweisen: Es gebe eine lange Warteliste von Kindern.
Zwar hätten Kinder das Recht auf einen Kitaplatz - und auch das Recht, zwischen Einrichtungen verschiedener Träger zu wählen. „Dieses Wunsch- und Wahlrecht führt zu keinem Anspruch auf Schaffung neuer Betreuungsangebote“, so die Stadt.
FDP spricht von „Zwangszuweisung“
Die Baptistengemeinden in Deutschland sind autonom. Die Gemeinde in Dinslaken, so Ronny Schneider (SPD), zähle zu den eher „konservativen Gemeinden der russisch-deutschen Baptisten mit starker biblischer Orientierung“. Es sei „nicht hinnehmbar“, so befand FDP-Chef Gerald Schädlich, dass Eltern, die ihr Kind in einer „weltlichen städtischen Kita“ betreut haben möchten, einen Platz in einer „eher fundamentalistisch ausgerichteten“ freikirchlichen Kita bekämen - und dann bei einer bei Ablehnung „hinten runterfallen“. Schädlich sprach in diesem Kontext von einer „Zwangszuweisung“.
Der Christliche Kita- und Schulverein berufe sich auf das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern und sei somit „rechtlich abgesichert“, so Annette Berger von den Grünen: „Wir müssen damit leben, dass dort möglicherweise ein aus unserer Sicht rückständiges Familienbild vertreten wird.“ Das ändere aber nichts an der Rechtmäßigkeit der Kita.
Stadtverwaltung schwenkte um
Das ist geplant
Die Freie Evangelische Baptisten-Gemeinde will im Gewerbegebiet Drei Eichen einen Kindergarten mit 60 Plätzen bauen. Laut Stadt könnte die Kita 2025/2026 an den Start gehen. Außerdem soll an der Stelle auch eine Bekenntnisschule entstehen. „Die neue Einrichtung soll ein Ort sein, an dem Kinder und Jugendliche in einer christlichen Atmosphäre lernen, wachsen und sich entfalten können“, so die freie evangelische Baptisten-Gemeinde. Infos zu den Projekten gibt es auf https://www.febg-dinslaken.de/cskvd/.
Angesichts der massiven Kritik aus den Reihen der Politik hat die Verwaltung nochmals überlegt, wie sie ansonsten mit Kitas, „die ein besonderes pädagogisches Konzept haben“ verfahre - etwa mit der Waldorfkita, so Dr. Tagrid Yousef, Dezernentin für Kultur, Sport, Jugend und Soziales. Aufgrund des „besonderen Erziehungskonzeptes“ schlug die Verwaltung vor, bei der Kita-Platz-Vergabe bei der baptistischen Gemeinde so zu verfahren, wie bei der Waldorf-Kita.
Wenn Eltern für ihr Kind keinen Platz in einer der drei Wunschkitas bekommen, die bei der Anmeldung bei Kita-online anzugeben sind, werde die Stadt einen Platz in der christlichen Gemeinde anbieten - verbunden mit der Bitte, sich vor Ort über die Kita zu informieren. Bedingung sei das Gespräch mit der Kitaleitung aber nicht. Die Eltern können den Platz ablehnen - ohne ihren Rechtsanspruch zu verlieren.
Die Politik stimmte zu - Annette Berger (Grüne) mahnte aber an: Es bedürfe einer Diskussion über die Frage, ob es einheitliche Kriterien und Transparenz bei der Kitaplatzvergabe gebe.
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