Voerde. Stadtrat macht Weg für nächsten Verfahrensschritt zum umstrittenen Logistikhallen-Bau frei. Warum erzielte Kompromisse Gegner nicht überzeugen.

Die Stadt kann mit einigem politischen Rückenwind den nächsten Verfahrensschritt einleiten, mit dem die Weichen für die Realisierung eines in Voerde hochumstrittenen Vorhabens gestellt werden: Mit deutlicher Mehrheit – bei sechs Nein-Stimmen (jeweils drei von CDU und Grünen) und einer Enthaltung – hat der Rat beschlossen, die Planunterlagen zur Ansiedlung eines Logistikparks im Hafen Emmelsum ab Mitte April für die Dauer von sechs Wochen öffentlich auszulegen. Der „Lesestoff“ ist üppig. Rund 1400 Seiten umfassen die Unterlagen aus diversen Gutachten, zu denen die Bürgerschaft Bedenken und Anregungen abgeben kann.

In der Bevölkerung regt sich weiterhin Widerstand gegen den Bau großer Logistikhallen auf der Freifläche in unmittelbarer Nachbarschaft des Aluminiumwerks von Trimet. Daran ändert auch die von der Stadtverwaltung erneut überarbeitete Entwurfsfassung des Bebauungsplans nichts. Nach der bereits 2022 erfolgten Reduzierung der Hallensegmente mit insgesamt 75.000 Quadratmetern Fläche von sieben auf noch fünf (50.000 Quadratmeter) wurde weiter abgespeckt: Der Bereich, der ursprünglich für die Hallen und Verkehrswege vorgesehen war, wurde erheblich reduziert und umfasst nun 10,3 Hektar. Darüber hinaus sind eine Eingrünung an der Schleusenstraße, der Erhalt einer 3,6 Hektar großen Waldfläche und landwirtschaftlicher Flächen sowie eine mehrere Meter breite Wildwechsel-Zone zur Alu-Hütte hin vorgesehen.

Gegner argumentieren unter anderem mit Flächenzerstörung

Für die Gegner der geplanten Logistikpark-Ansiedlung sind all dies „faule Kompromisse“, sie sprechen von „Greenwashing“, verweisen auf die enorme Flächenzerstörung, argumentieren mit dem Klima-, Umwelt- und Artenschutz, der steigenden Verkehrsbelastung und dem aus ihrer Sicht fehlenden finanziellen Zugewinn für die Stadt (Stichwort Gewerbesteuereinnahmen) durch das Vorhaben. Zweifel an wirtschaftlichen Vorteilen, die sich für die Kommune mit der Realisierung des Plans ergeben sollen, wurden erneut in der Einwohnerfragestunde und später vor der Abstimmung im Stadtrat laut. Bei Firmen, die sich in Emmelsum ansiedeln, ihren Hauptsitz aber woanders haben, stellt sich die Frage, in welchem Maße oder ob sie überhaupt Gewerbesteuern in Voerde zahlen.

Es war nicht der einzige Punkt, bei dem Bürgermeister Dirk Haarmann mit seiner Gegenrede die Kritiker nicht überzeugen konnte. Gleiches galt beim Punkt „Schaffung von Arbeitsplätzen“. Der Einwand eines Bürgers: Die Firma Greenfield werbe mit „vollautomatisierten“ Hallen. „Wo sind die vielen Beschäftigten? Sitzen die alle in den Büros?“ Haarmann hielt dagegen, dass er von Vorhaben des Unternehmens mit bis zu 300 Mitarbeitenden wisse.

Immer wieder führte der Verwaltungschef die Vorteile an, die sich nach Darstellung der Stadtverwaltung durch den neuen Bebauungsplan ergäben. Bliebe es beim jetzigen Rechtszustand, bestünde das Risiko, dass das Gelände freigeräumt sowie der Wald und das Biotop beseitigt werden könnten. Durch den neuen Bebauungsplan seien diese Bereiche geschützt, betonte Haarmann, der zudem auf die deutlich reduzierte Hallenhöhe hinwies. Möglich wären hier maximal 25 Meter, Greenfield soll mit 13 bis 15 Metern planen.

Fraktionssprecherin der Grünen sieht viele ungeklärte Fragen

Später, als die Offenlage der Unterlagen zur Beratung stand, meldeten sich einzig die Grünen vor der Abstimmung noch einmal zu Wort: Deren Fraktionssprecherin Gaby Rohr erklärte, dass ihr die „Kompromisse“ immer noch nicht „die Sinnhaftigkeit eines zusätzlichen Logistikparks mit vielen unbekannten Komponenten“ deutlich machten. Aus ihrer Sicht gibt es etliche ungeklärte Fragen: „Wer sind die zukünftigen Mieter der Hallen? Was wird dort in den Hallen stattfinden? Wohin fließt die Gewerbesteuer? Wird ein Transport über die Schiene genutzt?“

Dadurch, dass Greenfield seine ursprüngliche Planung überarbeitet habe, verändere sich ja nicht, „dass wir zusätzliche Logistikhallen bekommen, die Lärm erzeugen, zur Erwärmung der Umgebung beitragen, Flächen versiegeln, zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen führen und den Lebensraum für Mensch und Tiere deutlich verändern“, erklärte Rohr.

Wir sollten im Jahr 2024 den Mut haben, früher getroffene Entscheidungen zu überdenken und Erkenntnisse, Ideen und Überlegungen einfließen zu lassen, die bisher unberücksichtigt blieben.
Gaby Rohr - Fraktionssprecherin der Grünen

Es müsse großräumig gedacht werden, mit all dem Wissen, was in den vergangenen Jahren wiederholt durch Wissenschaftler angemahnt werde. Die Grünen-Fraktionssprecherin führte die neuesten Meldungen an, „dass sich gerade Europa zunehmend erwärmt. Die Durchschnittstemperaturen steigen kontinuierlich an“. Zur Erinnerung: Die Stadt Voerde selbst hat vor mittlerweile fast fünf Jahren den Klimanotstand ausgerufen.

„Wir sollten im Jahr 2024 den Mut haben, früher getroffene Entscheidungen zu überdenken und Erkenntnisse, Ideen und Überlegungen einfließen zu lassen, die bisher unberücksichtigt blieben“, appellierte Rohr. Die Gegner des Logistikpark-Plans quittierten ihre Stellungnahme mit viel Applaus. Eine Umkehr bewirkten die Kritiker beim Gros der Politik erwartungsgemäß nicht.