Dinslaken/Oberhausen. Tobias Thimm hat durch Wolfsangriffe 100 Tiere in Dinslaken und Kirchhellen verloren. Das ist seine Bitte nach dem Abschussverbot für Gloria.
Rund 100 Schafe hat Wölfin Gloria bei der Ruhrschäferei von Tobias Thimm im vergangenen Jahren getötet. Bei zwei Besuchen. Im Frühjahr richteten die Wölfin und ihr Rudel ein Massaker auf Thimms Weide in Dinslaken an. 39 Schafe wurden getötet, lagen angefressen und teils ausgenommen auf der Wiese in Oberlohberg, der Rest der Herde war auf der Flucht. Im Herbst wiederholte sich das Schreckensspiel. 30 Schafe von Thimm starben nach einem Wolfsriss in Kirchhellen, weitere in Folge der Angriffe. Und nun wurde die Wölfin „freigesprochen“, das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat den vom Kreis Wesel genehmigten Abschuss der Wölfin untersagt.
Tobias Thimm war im Stall in seiner Oberhausener Schäferei, als das Gericht sein Urteil veröffentlicht hat. Seit dem Riss in Oberlohberg meidet er die Bereiche, in denen das Wolfsrudel unterwegs ist, weitgehend, sagt Aufträge aus Dinslaken und Bottrop ab. Sollten die Wölfe ihr Territorium auf Oberhausener Gebiet ausweiten – „dann kann ich dichtmachen“, sagt er. Er benutze die vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) empfohlenen Weideschutzzäune, alles sei auf dem technisch aktuellen Stand.
Schutzzaun entsprach allen Vorgaben
Dass Gloria aber selbst den empfohlenen Schutz überwindet, hat der Kreis Wesel in neun Fällen nachgewiesen. Der Angriff auf Tobias Thimms Schafe im September gehörte zu diesen Fällen. Zuletzt, merkt Thimm an, habe das Wolfsrudel ja sogar „Schafe beim Lanuv“ gerissen – auf der Weide einer Wolfsberaterin des Lanuv in Voerde. Herdenschutzhunde könne seine kleine Schäferei nicht halten und nicht unterhalten, das sei keine Lösung.
Auf diesen Kosten bleibt der Schäfer sitzen
Neben der Hilflosigkeit und dem Verlust der liebgewonnenen tierischen „Arbeitskollegen“ bleiben dem Schäfer die Kosten: Der erste Riss im Februar 2023 habe ihn 27.000 Euro gekostet, sagt Tobias Thimm. Erstattet wurden 11.000 Euro. Die Entsorgung der getöteten Tiere etwa müssten die betroffenen Weidetierhalter selbst bezahlen. Dafür gebe es Versicherungen, habe man ihm beim Land entgegnet. Er habe noch keine gefunden. Und es sei auch nicht so, als würde das Land den Schaden mit einer Zahlung begleichen. „Es ist ein unglaublicher bürokratischer Aufwand“, ärgert sich Thimm. Für den zweiten Überfall des Wolfsrudels auf seine Herde in Kirchhellen am 2. September habe er noch keinen Cent gesehen.
Angriffe aus der Bevölkerung
Hinzu kämen die Anwürfe aus der Bevölkerung, gerne in sozialen Medien. „Wir Schäfer werden als faul bezeichnet,“ ärgert sich Thimm: „Als wären wir zu faul, unsere Tiere ordentlich zu schützen und als würden wir sie freiwillig dem Wolf aufs Buffet setzen.“ Forderungen, die Schäfer sollen doch bitteschön, wie anno dazumal, mit ihren Herden umherziehen und auch nachts bei ihnen bleiben, seien überholt. „Das klingt zwar schön und romantisch, ich führe aber einen Wirtschaftsbetrieb“, sagt Thimm. Abgesehen davon hätte seine Familie wohl wenig Lust, das ganze Jahr über mit ihm im Bauwagen zu verbringen.
Möglicherweise hätte der nun untersagte Abschuss noch nicht einmal ausgereicht, um Weidetiere und Bevölkerung vor den Wölfen zu schützen, mutmaßt Tobias Thimm. Die Wölfe, so findet er, müssten vergrämt werden, um ihnen zu verdeutlichen, dass sie sich den Menschen und seinen Siedlungen nicht nähern sollen, „weil davon Gefahr ausgeht. Andere Wildtiere haben das ja auch verstanden“.
Wenn die Wölfe nun weder vergrämt noch entfernt werden, würde sich Thimm wenigstens wünschen, dass die Schäfer bei Rissen ausreichend und ohne Bürokratie entschädigt und nicht noch von der Bevölkerung beschimpft werden.