Voerde. In die Debatte rund um ein geplantes Flüchtlingsheim mischen sich Unwissen, Falschinformationen – und auch Wut. Die Verantwortlichen klären auf.
Der beschlossene Bau einer mobilen Flüchtlingsunterkunft auf einem städtischen Grundstück im Außenbereich von Spellen hat vor allem in der Facebook-Gruppe „Voerde aktuell“ eine hitzige und überwiegend von Wut und Vorverurteilung geprägte Debatte ausgelöst. „Es ist unglaublich, was da zum Teil gepostet wird“, sagt Günter Ladda. Die Kommentare unter einer im Dezember gestarteten Online-Petition gegen den Bau der Wohncontainer-Anlage gehen in die gleiche Richtung, spiegeln große Vorbehalte wider. Doch auch abseits der sozialen Netzwerke und des Internets, ganz analog in Einzelgesprächen nimmt der Vorsitzende der Bürgerinteressengemeinschaft (BIG) Spellen Unwissen und Falschinformationen über das Vorhaben der Stadt wahr, die gesetzlich dazu verpflichtet ist, die ihr zugewiesenen Flüchtlinge aufzunehmen und unterzubringen.
Angesichts der aktuellen Stimmungslage, die nach Einschätzung von Ladda zwar durch eine Minderheit, aber „eine wahrnehmbare“ erzeugt wird, „die in den sozialen Medien fürchterlich aktiv ist“, lud die BIG Spellen in dieser Woche zu einer internen Veranstaltung in der Halle des BSV Mehr-Ork-Gest ein. Ihre 45 Mitgliedsvereine konnten dazu jeweils zwei Vertreter schicken. Fast 60 Teilnehmer waren es, die sich von Bürgermeister Dirk Haarmann und Sozialdezernent Jörg Rütten aufseiten der Stadt sowie Caritasdirektor Michael van Meerbeck informieren ließen. Der Verband, der über sehr viel Erfahrung in dem Bereich verfügt, wird die auf dem betreffenden Gelände an der Rheinstraße / Scheltheide vorgesehene Flüchtlingsunterkunft aus Wohncontainern, wie auch alle weiteren im Stadtgebiet, betreuen. „Die Sachlage wurde sehr gut und präzise dargestellt“, bilanziert der BIG-Vorsitzende Ladda.
Schweigende Mehrheit
Ziel der nicht öffentlichen Veranstaltung sei es gewesen, „Druck aus dem Kessel zu nehmen“ und aus „erster Hand die Information zu bekommen“, wie die Unterkunft für bis zu 152 Flüchtlinge geplant und wie die Unterbringung der Menschen organisiert wird. „Gott sei Dank“ gebe es auch sehr viele, die sagen, dass die Stadt Geflüchtete aufnehmen müsse. Und je schneller sie integriert seien, „umso besser für uns alle“. Das aber sei leider „die schweigende Mehrheit“.
Die „Schwurbler“ bedienten Vorurteile und Ressentiments, schürten Ängste, sagt Ladda. Erfahrungen aus den anderen Flüchtlingsunterkünften im Stadtgebiet, die Kriminalstatistiken für Voerde gäben dies aber gar nicht her – ein Punkt, der auch bei der Veranstaltung zur Sprache kam und den Bürgermeister Haarmann schon Anfang Dezember im Stadtrat angebracht hatte. Das Gremium gab in jener Sitzung einstimmig grünes Licht für die Pläne der Stadt zur Unterbringung von Flüchtlingen, die nicht alleine den Aufbau von Wohncontainern im Außenbereich von Spellen, sondern einige weitere Maßnahmen in anderen Stadtteilen beinhaltet.
Die Stimmung bei der BIG-internen Veranstaltung beschreibt der Vorsitzende Günter Ladda als „ruhig, positiv und erwartungsvoll“. Alle Vereine wollen helfen – das sei der Grundtenor, „der rübergekommen ist“. Aktuell gibt es in Spellen keine Unterkunft für Flüchtlinge, dort wurden nach Auskunft der Stadt bisher nur vereinzelt Geflüchtete untergebracht. In den größeren Stadtteilen wie Voerde, Friedrichsfeld und Möllen dagegen hat die Kommune bereits entsprechende Unterbringungen geschaffen, weshalb sich der Bürgermeister auch gegen die Kritik einer angeblich ungerechten Verteilung und einer Benachteiligung Spellens verwahrt.
BIG-Chef Ladda gibt sich nach der Veranstaltung zuversichtlich, dass die Stimmung bei dem Thema in eine Richtung geht, „wie sie sich unter zivilisierten Mitteleuropäern gehört“. Eine wichtige Rolle in den nächsten Monaten kommt seiner Ansicht nach den Vereinen zu: „Sie sind unsere Multiplikatoren“. Überhaupt ist Ladda zuversichtlich, „dass wir das hinkriegen“. Und sollte es Handlungsbedarf geben, wovon er nicht ausgehe, „werden wir die Caritas darauf hinweisen“.