Voerde. Während der Rückbau des Kraftwerks voranschreitet, hält sich RWE mit Investitionsentscheidung zur neuen Flächennutzung zurück. Woran es hapert.

Mit der Sprengung des Kühlturms vor einem Monat wurde auf dem Gelände des stillgelegten Steinkohlekraftwerks in Möllen der erste weithin sichtbare Schritt zur Weichenstellung für die Zukunft gemacht. Bis zum Sommer 2026 sollen die Bauten, die für die alte, klimaschädliche Produktion von Strom stehen, von der Bildfläche verschwunden und der Weg für etwas Neues geebnet sein: Die Grundstückseigentümerin RWE hat es sich bekanntlich zum Ziel gesetzt, das rund 60 Hektar große, beidseits der Frankfurter Straße gelegene Industrieareal in einen Standort umzubauen, an dem „künftig in industriellem Umfang grüner Wasserstoff erzeugt und zunächst Erdgas und später grünes Gas (Wasserstoff) verstromt werden“. Das kündigte der Essener Energiekonzern an, als er vor anderthalb Jahren seine Pläne zur Folgenutzung des früheren Kraftwerksgeländes öffentlich machte.

Das Unternehmen wird dabei nicht müde, immer wieder zu betonen, dass es noch keine Investitionsentscheidung für die Realisierung dieser Pläne gefasst hat. Auch unlängst wieder – im Zusammenhang mit der Sprengung des Kühlturms – machte RWE deutlich, dass eine Verwirklichung davon abhänge, dass es „die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zulassen“. Die Aussage betrifft sowohl das Vorhaben, Wasserstoff in industriellem Umfang zu erzeugen, als auch den Bau eines wasserstofffähigen Gaskraftwerks als Backup, wenn Wind und Sonne keinen Strom produzieren, wie RWE-Sprecher Olaf Winter auf NRZ-Anfrage erklärt.

RWE: Wesentliche Voraussetzungen liegen noch nicht vor

Weder für das eine noch für das andere könne eine Investitionsentscheidung getroffen werden, „weil wesentliche Voraussetzungen noch nicht vorliegen“. Die Anlagen zur Wasserstofferzeugung und auch das wasserstofffähige Gaskraftwerk „erfordern die Anbindung an ein Wasserstoff-Netz, um Wasserstoff an- und abzutransportieren“, nennt Winter einen Punkt. Außerdem hänge zumindest die Wirtschaftlichkeit der geplanten Elektrolyse zur Erzeugung von grünem Wasserstoff stark von Förderzusagen ab. Diese stünden noch aus. Bisher hat RWE keine Investitionssumme für das Projekt in Voerde kommuniziert. Auch gibt es bislang keine Aussagen zu möglichen Fördersummen.

Eine weitere zentrale Voraussetzung für die Umsetzung des Vorhabens ist laut Olaf Winter das Vorliegen des gesetzlichen Rahmens, der den wirtschaftlichen Betrieb von wasserstofffähigen Gaskraftwerken in Deutschland möglich mache. Denn: „Als Backup-Kraftwerk sollen sie nur dann laufen, wenn nicht ausreichend Strom aus Erneuerbaren Energien zur Verfügung steht. Das bedeutet, dass es eine Vergütung für das Bereithalten der Kapazität braucht, nicht für die produzierte Kilowattstunde. Die von der Bundesregierung angekündigte, aber noch nicht vorgelegte Kraftwerksstrategie soll dafür den rechtlichen Rahmen schaffen“, erläutert Winter. Darauf warte RWE.

Energiekonzern spricht von „positiven Signalen“

Der Essener Energiekonzern plant nach eigenen Angaben, insgesamt mindestens drei Gigawatt (GW) wasserstofffähige Gaskraftwerke zu errichten. Und diese sollen zum Zeitpunkt ihrer Inbetriebnahme – „also möglichst ab 2030“ – in der Lage sein, „mit 50 Prozent Wasserstoff“ betrieben zu werden. Eine hundertprozentige Nutzung von Wasserstoff soll dann „im Laufe der 2030er Jahre“ möglich werden. Voraussetzung für die Realisierung der Kraftwerke aber sei, dass der gesetzliche Rahmen und die Wirtschaftlichkeit gegeben seien, betont RWE-Sprecher.

Das Vorhaben

Im Frühjahr 2017 wurde das von der Steag betriebene Steinkohlekraftwerk in Möllen stillgelegt. Die heutige Grundstückseigentümerin RWE plant auf dem rund 60 Hektar großen Areal unter anderem Anlagen zur Erzeugung von Wasserstoff (Elektrolyseure). Betrieben werden sollen sie aus erneuerbaren Energien. Das Vorhaben sieht darüber hinaus den Bau eines wasserstofffähigen Gaskraftwerks vor. Die Inbetriebnahme ist ab spätestens 2030 geplant. RWE gibt für die Zeit ab 2030 als Brennstoffe Erdgas und Wasserstoff an – mit je einem Anteil von 50 Prozent. Fünf Jahre später soll das Gaskraftwerk nur noch mit Wasserstoff betrieben werden, womit sich dann der Ausstoß des klimaschädlichen CO₂ „komplett reduziert“.

Bei einem anderen wichtigen Punkt spricht RWE von „positiven“ Signalen: „Im November wurde im Energiewirtschafts-Gesetz die Schaffung eines deutschen Wasserstoff-Kernnetzes beschlossen“, erläutert Winter und stellt speziell bezogen auf den ehemaligen Kraftwerksstandort in Möllen fest: „In den Entwürfen der Netzentwicklungsplanungen der deutschen Ferngasnetzbetreiber ist Voerde bereits vorgesehen.“ Wenn die Bundesnetzagentur diese Planungen bestätigt und dann auch die baurechtlichen Genehmigungen für den Leitungsbau vorliegen, habe RWE auf der Infrastrukturseite Klarheit.