Voerde. Das Vorhaben des Energiekonzerns schließt den Wunsch der Stadt Voerde nach einer Wohnbebauung auf der seit 2017 brachliegenden Fläche aus.

RWE prüft, das Gelände des ehemaligen Kohlekraftwerks in Möllen in einen Standort umzubauen, an dem „künftig in industriellem Umfang grüner Wasserstoff erzeugt und zunächst Erdgas und später grünes Gas (Wasserstoff) verstromt werden“ können. Der in Essen ansässige Energiekonzern, der vor sieben Monaten die Steag-Anteile an dem Areal gekauft hat und seither alleiniger Eigentümer des etwa 60 Hektar großen Grundstücks ist, wird die Flächen nach seiner aktuellen Planung „vollständig und dauerhaft in Anspruch nehmen“. Dies bedeutet im Umkehrschluss: Die von der Stadt auf einem Teilstück des Geländes gewünschte Wohnbebauung wäre damit vom Tisch.

Kein kleinflächigeres Gewerbe

Diese Flächen würden zunächst für die Baustelleneinrichtung und später als Revisionsflächen benötigt, die unmittelbar an die Anlagen angrenzen und bei Reparaturen, Modernisierungen etc. zum Beispiel genutzt würden, um große Bauteile und Baumaterial zwischenzulagern. „Dort werden auch Zelte und Container für Mitarbeiter von Partnerunternehmen errichtet“, erklärt RWE-Pressesprecher Olaf Winter auf NRZ-Anfrage. Auch die gewünschte Ansiedlung kleinflächigeren Gewerbes auf dem seit 2017 brachliegenden Industriegelände käme nicht in Frage. Beides sind Punkte, die der Stadtrat im Mai 2021 in einer Resolution als Forderungen formulierte – neben dem weiteren Wunsch, auch das Thema Gastronomie stärker zu gewichten.

Nach dem jetzigen Planungsstand geht RWE davon aus, dass in 2027 eine Elektrolyse-Anlage zur Erzeugung von Wasserstoff mit einer „initialen Kapazität“ von 200 MW(el) – Maßeinheit zur Bezeichnung elektrischer Leistung – auf dem früheren Kraftwerksgelände in Betrieb gehen könnte. Der Standort Voerde biete insgesamt Platz für eine maximale Elektrolyse-Kapazität von 800 MW(el) sowie für zwei Gas-Kraftwerks-Blöcke von je 900 MW(el). „Das Gas-Kraftwerk würde von RWE so konzipiert werden, dass es technisch bereit wäre für den Einsatz von Wasserstoff (,H2-ready’)“, erklärt Pressesprecher Olaf Winter. H2-ready bedeutet nach Angaben des Essener Energiekonzerns, dass die Anlagen „für eine schnelle Umstellung auf Wasserstoff“ geeignet sind, „sobald dieser ausreichend zur Verfügung steht“.

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Wasserstoff sei für das Erreichen der Klimaziele „unverzichtbar“ – insbesondere für die Dekarbonisierung der Industrie in NRW, sprich die Reduzierung der CO2-Emissionen. „Mit der geplanten Wasserstoff-Erzeugung in Voerde würde RWE also einen wichtigen Beitrag auf dem Pfad zur Klimaneutralität leisten. Gaskraftwerke wiederum sind für die Gewährleistung von Versorgungssicherheit unverzichtbar. Sie springen ein, wenn erneuerbare Energien (Windkraft- und Solaranlagen) keinen Strom erzeugen“, erklärt Olaf Winter. Damit künftig auch die in Voerde geplanten Gas-Kraftwerke klimaneutral werden, würden sie schnellstmöglich auf Wasserstoff als Brennstoff umgestellt.

Bevor es überhaupt an eine Entwicklung des ehemaligen Kraftwerksareals in Möllen gehen kann, muss der Abriss dort stehender Bauten erfolgen. Derzeit ist vorgesehen, dass der Großteil der baulichen Anlagen zurückgebaut wird. Lediglich einige für die Bewirtschaftung des Standortes erforderliche Bauwerke würden erhalten bleiben. Dazu gehören etwa Ein- und Auslaufbauwerke am Rhein, Abwasservorsorgebecken und Verkehrswege.

Abriss ab Mitte 2023

RWE bereitet nach eigenen Angaben aktuell die erforderlichen Unterlagen und Gutachten für die Rückbauanzeige vor. Das Essener Unternehmen geht davon aus, dass Mitte 2023 mit dem Abriss begonnen werden kann. Der komplette Rückbau des stillgelegten Steinkohlekraftwerks sei bis Mitte 2026 möglich. Die Kosten dafür könnten heute nicht seriös beziffert werden, da die Ausschreibung und damit auch die Vergabe an ein Abbruchunternehmen noch nicht erfolgt seien, erklärt RWE-Pressesprecher Olaf Winter.

>>Info: Bebauungsplan muss geändert werden

Um die Elektrolyse-Anlage zur Wasserstoff-Erzeugung auf dem Gelände des stillgelegten Kohlekraftwerks realisieren zu können, bedarf es, anders als im Fall des dort geplanten Gas-Kraftwerkes, einer Änderung des Bebauungsplans. Der gültige gibt eine solche Nutzung nicht her. Die Stadt muss ergo für das Vorhaben zunächst die planerischen Weichen stellen und der Rat zuvor dafür grünes Licht geben.

Ein Vertreter von RWE stellte die Planungen am Dienstag im Stadtentwicklungsausschuss vor. Die Politik äußerte sich erwartungsgemäß kritisch dazu, dass die gewünschte Wohnbebauung nach Angaben des Energiekonzerns nicht möglich sein soll (ausführlicher Bericht folgt).