Voerde. Am Samstag, 9. Dezember, fahren die Weihnachtstrecker zum Wasserschloss Haus Voerde. Zum letzten Mal. Aber vielleicht gibt es ein Wiedersehen.

Autos parken spontan am Fahrbahnrand, Gassigänger bleiben stehen und ein kleiner Junge im Kinderwagen staunt Bauklötze, als Dirk Tenhonsel und Henning Hülser an Haus Voerde am Mittwochabend plötzlich den Knopf drücken - und 1001 Lämpchen an ihren Treckern aufblitzen. Am Samstag, 9. Dezember, etwa ab 18 Uhr, werden rund 60 Weihnachtstrecker am Ende ihrer Tour am Wasserschloss Halt machen. Die ganze Allee entlang und auf der Wiese vor dem Wasserschloss werden die feierlich herausgeputzten Gefährte stehen, es gibt Leckeres vom Grill, Glühwein und kostenlosen Punsch für Kinder. Eine Art Abschiedsfest für eine wunderschöne Aktion, die in den vergangenen Jahren unzählige kleine und große Menschen gleichermaßen verzaubert hat - die es aber in dieser Form wohl nicht mehr geben wird. Die Weihnachtstrecker-Tour am Samstag soll die letzte sein.

Von Bucholtwelmen starten die Landwirte aus Dinslaken, Voerde und Hünxe am Samstag um 16 Uhr, und tuckern durch Friedrichsfeld und Spellen, weil es dort in diesem Jahr keine Kirmes gab, so Henning Hülser. Nach etwa zwei Stunden soll der Konvoi am Haus Voerde ankommen. Das Tempo richtet sich immer nach den Cabrio-Treckern. Die sind meist schon älter, fahren nicht schneller als 20 km/h - und sollten das auch nicht, damit die Fahrer nicht noch mehr frieren. „Die konnten kaum noch schalten“, erinnert sich Tenonsel ans letzte Mal und die Runde lacht.

Landwirte haben viel Arbeit, Geld und Liebe ins Schmücken investiert

Die Allee ist für die Veranstaltung gesperrt, damit Kinder und Erwachsene zwischen den Treckern schlendern und die blinkenden und glänzenden Gefährte in Ruhe bewundern können. Locker 20 Stunden, viel Geld für Lichterketten und vor allem viel Liebe hat Frank Krechter in das Schmücken seiner Landmaschine investiert. Über und über ist das Gefährt mit bunten Lämpchen verziert, sogar in jede Radkappe hat Krechter eine Lichterkkette montiert. An den Fahrzeugkanten stecken Tannengirlanden - „Grün und Natur gehören schließlich dazu“, findet der Landwirt. Seiten und Fenster sind mit Sternen verziert - und vorn winkt der Weihnachtsmann aus einem Korb. Dirk Tenhonsels Siebentonner trägt eine Nikolausmütze auf dem Dach und auf der Schaufel sitzen Pferd, Kuh und Schaf aus Plüsch - darunter die Botschaft: „Ohne Landwirtschaft ist alles doof“.

Die Botschaft sei nicht angekommen

Bei aller Freude über die Weihnachtstrecker sei deren Botschaft bei den Menschen wohl nicht angekommen, bedauern die Landwirte: Dass sie die Nahrung produzieren, sich aber mit immer mehr Bürokratie herumärgern müssen und bei ungleichen Wettbewerbsbedingungen international keine Chance haben. In Frank Krechters Landfleischerei hätten die Kunden in diesem Jahr etwa 10 Euro weniger Geld pro Einkauf ausgegeben als sonst, um die hohen Energiekosten zu kompensieren. „In Deutschland sparen die Leute immer zuerst am Essen“, sagt Krechter. In anderen Ländern sei das nicht so, in Großbritannien koste das Schweinefleisch erheblich mehr als hierzulande. „Kein Funken Hoffnung ohne Euch“, diese Botschaft wollen die Landwirte den Bürgern - in Anlehnung an das Weihnachtstrecker-Motto „Ein Funken Hoffnung“ - mitgeben.

Voerdes Bürgermeister ruft zu Solidarität auf

Bürgermeister Dirk Haarmann bedankt sich bei den Bauern herzlich, „dass die Aktion stattfindet“ und bedauert, dass der „Gedanke des Brauchtums immer mehr in den Vordergrund rückt“, denn ursprünglich sei es ja darum gegangen, auf die Problematik in der Landwirtschaft hinzuweisen. „Bei den Fahrten wird immer genickt“ und alle zeigen sich solidarisch, „aber wenn das Portemonnaie aufgemacht wird, entscheiden die Leute doch häufig anders.“ Einen kleinen Bewusstseinswandel hat Haarmann aber schon registriert. Er appelliert an diejenigen, „die es können, sich solidarisch zu zeigen und die Landwirtschaft zu unterstützen“ - denn dort stünden Existenzen auf dem Spiel. Und auch die Politik sollte die „Regelungswut“ beseitigen, so Voerdes Bürgermeister. Auch Stefan Schmitz, SPD-Chef in Voerde und ehedem Organisator des Weihnachtsmarkts am Wasserschloss, hat die Bauern bei ihrem Anliegen „von Herzen unterstützt“ wie er sagt.

Kinder haben den Bauern Schokoweihnachtsmänner geschenkt

Bei Getränken von „Steffen‘s“ im Wasserschloss Haus Voerde, Würstchen von Krechter in von Ernsting gespendeten Brötchen zu zivilen Preisen können die Bürger den Abend ausklingen lassen und auch mit den Landwirten ins Gespräch kommen. Für die Kinder hält Steffen Ortmann kostenlosen Punsch bereit. Und vielleicht gibt es ja im kommenden Jahr eine andere Aktion. Keine Weihnachtstreckerfahrt durch den öffentlichen Raum - aber vielleicht eine Ausstellung. Oder so eine Art Rundfahrt - wie bei der Love Parade. Bauer sei nicht nur Beruf sondern auch Leidenschaft. Und genau so sei es auch mit den Weihnachtstrecker-Touren, sagt Henning Hülser. Er berichtet von der Liebe und Dankbarkeit, die die Landwirte unterwegs erfahren haben. Kinder hätten den Bauern Schoko-Weihnachtsmänner geschenkt und ihren Kakao teilen wollen. „Im Dezember scharren schon immer alle mit den Hufen und warten, dass es losgeht.“ Ein Funken Hoffnung bleibt also -für die Bürger. Und die Landwirte.

Diese Strecke fahren die Trecker

In Bucholtwelmen stellen sich die Trecker an der Emil-Fischer-Straße auf, von dort geht‘s rechts über die Neue Hünxer Straße und die Alte Hünxer Straße über die B8 hinweg bis zum Marktplatz in Friedrichsfeld, von dort geht es über die Poststraße, Frankfurter Straße bis zur Rheinstraße, dieser folgt der Konvoi bis zur Friedrich-Wilhelm-Straße in Spellen, von dort geht es am Edeka vorbei bis zum Marktplatz bis zur Mehrumer Straße, von dort geradeaus am Deich vorbei durch Mehrum bis zum Kreisverkehr Götterswickerhamm, bei Auto Bernds vorbei, den Breiten Deich herunter, von dort wieder links auf die Frankfurter Straße, in die Bahnhofstraße und dann von hinten in die Allee.

Die Allee ist an dem Abend vom Freibad bis zum Wasserschloss Haus Voerde gesperrt. Die Zufahrt zum Wasserschloss ist aber über die Frankfurter Straße möglich.