Dinslaken. Michaela Eislöffel reagierte im Ausschuss auf die Vorwürfe der CDU, sie habe keine wirtschaftspolitischen Ideen. Und ging auch in die Offensive.

Im Bundestag ist eine Zwischenbilanz nach einem Jahr üblich. Der Kanzler gibt eine Regierungserklärung ab. Die Opposition hält dagegen. In Dinslaken wurde im Ausschuss für Liegenschaften und Wirtschaftsförderung eine Zwischenbilanz gezogen – allerdings auf Betreiben der CDU. Die hatte Bürgermeisterin Michaela Eislöffel vor einem Jahr schriftlich eine Reihe Fragen zur Wirtschaftspolitik gestellt, trotz Nachfrage keine Antwort erhalten. Nun hat sie die Beantwortung der Fragen im Ausschuss mit Verweis auf die Geschäftsordnung des Rates eingefordert – und zwar „höchstpersönlich“ von der Bürgermeisterin.

Dass der Zeitpunkt auf die Hälfte der Amtszeit von Michaela Eislöffel fiel, ist wohl eher Zufall. Dass die CDU mit der Bürgermeisterin, die sie selbst im Wahlkampf 2020 unterstützt hat, unzufrieden ist, daraus macht die Union nach dieser Zeit keinen Hehl mehr. Sprach sie im ersten Schreiben in der Sache an Michaela Eislöffel vor einem Jahr noch von „großer Sorge“, warf sie ihr nun vor, in wirtschaftspolitischen Fragen bislang keine Akzente gesetzt zu haben: „Keine Ideen, keine Visionen“, so Heinz Wansing, Fraktionsvorsitzender der CDU.

Das sagte die Bürgermeisterin

Die Bürgermeisterin nahm den Fehdehandschuh auf. In ihrer Eingangsrede versuchte Michaela Eislöffel zu vermitteln, dass in ihrer bisherigen Amtszeit wenig Zeit war, um Ideen zu entwickeln. „Wenn wir darüber reden, ob ich Visionen hatte, würde ich gerne als Einstieg über die Realpolitik der letzten zwei Jahre reden.“ Die Zeit sei zumindest anfangs „überzogen vom Krisenmanagement“ gewesen – Coronapandemie, Ukraine-Krieg mit zahlreichen Schutzsuchenden etwa. Zudem habe sie längere Zeit ohne Dezernenten arbeiten müssen.

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Dennoch sei vieles auf den Weg gebracht worden: neun Geschäfte für die Innenstadt und Hiesfeld etwa. Die Gewerbesteuereinnahmen seien gestiegen. Sie selbst habe Gespräche mit TKS, Steag und RAG zum Erwerb von Gewerbeflächen geführt – der Erwerb der Fläche nahe der Brinkstraße sei aber vom Rat abgelehnt worden.

Eislöffel wies auch auf Versäumnisse des ehemaligen Planungsdezernenten und Kämmerers Dr. Thomas Palotz (CDU) hin: Nach vielen Jahren der Verhandlungen über den Neubau eines Bahnhofsgebäudes mit der Bahn sei nun festgestellt worden, dass ein solches gar nicht förderfähig sei sondern nur die Sanierung des Bestandsgebäudes. Das 2018 vom Stadtrat beschlossene Gewerbeflächenentwicklungskonzept habe bis zu Palotz Weggang Ende 2021 unbearbeitet in dessen Schublade gelegen. Mittlerweile sei der Auftrag vergeben. Warum, so fragte Eislöffel, habe der Rat die Erarbeitung eines solchen Konzeptes beschlossen, „wenn das jetzt alles für die Katz ist und die Bürgermeisterin sich selber alles ausdenken soll?“

Bei der Gewerbeflächenvergabe, so erläuterte Eislöffel wirtschaftspolitischen Ideen, möchte sie proaktiv handeln – also passende Branchen priorisieren und entsprechende Firmen proaktiv ansprechen sowie Altstandorte für Gewerbe reaktivieren – beim MCS-Gelände stehe allerdings die Bewertung der Denkmalwürdigkeit durch den LVR noch aus. Zu vielen Details könnte der Wirtschaftsförderer genauere Auskunft geben – dieser sei aber erkrankt.

So reagierten die Parteien

„Wir haben weder Sie noch Ihre Verwaltung für ihre Tätigkeit kritisiert,“ betonte Horst Miltenberger (CDU). Es gehe „ausschließlich um Wirtschaftsförderung“. Die habe Eislöffel bei ihrer Stabstelle angedockt, somit sei sie Chefsache. In der Folge wiederholte Miltenberger die Fragen aus dem CDU-Antrag – denn alles, was Eislöffel aufgeführt habe, „habe ich schonmal gehört“, basiere also auf Initiativen der Politik.

Nach der zweiten Frage und Antwort bremste der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Fabian Schneider als Ausschussvorsitzender die Bürgermeisterin: „Bitte aussprechen lassen und dann können Sie antworten.“ Hintergrund: Jedes Ausschussmitglied, also auch Horst Miltenberger, darf nur dreimal reden. Der betonte somit bei seiner dritten Frage, „noch bei der ersten Wortmeldung“ zu sein um sich dann zu erkundigen, warum Eislöffel nicht der Eröffnung des Porschezentrums in Dinslaken beigewohnt habe. Es sei „eine wichtige Sache, einen Weltkonzern wie Porsche in Dinslaken zu begrüßen“. Während Frank Spieker (Die PARTEI) betonte, dass „nicht der Weltkonzern Porsche nach Dinslaken gekommen“ sei sondern ein Autohaus eröffnet habe, pflichtete Ronny Schneider (SPD) der CDU bei: „Die Bürgermeisterin kann sich nicht die Rosinen rauspicken und die angenehmen Termine nehmen und die anderen links liegen lassen.“

Der Termin sei zu kurzfristig gekommen, Porsche zeitlich nicht flexibel gewesen, deswegen hätten der Wirtschaftsförderer und der Leiter des Geschäftsbereichs Liegenschaften sie vertreten, erläuterte Eislöffel und ging in die Gegenoffensive: „Ist in der Vergangenheit der Bürgermeister gefragt worden, warum er welche Termine wahrnimmt?“

Den Grünen war die Diskussion „zu viel auf dem Kühler von Porsche gegrillt“ und zu „rückwärtsgewandt“ sagte Co-Fraktionsvorsitzende Beate Stock-Schröer – nicht ohne zu erwähnen, dass manches, das sich Michaela Eislöffel in ihrer Eingangsrede als Erfolg zugeschrieben habe „nicht ureigens in der Bürgermeisterinnen-Hand“ gelegen habe sondern von Arbeitsgruppen oder Mitarbeitern begleitet oder erledigt worden seien. Anstelle einer Zwischenbilanz wollte Stock-Schröer über die Zukunft reden: „Wie soll sich Dinslaken entwickeln in Sachen Wirtschaft oder Tourismus?“