Die Minderheit der Spaziergänger konnte bislang nur so laut sein, weil die Mehrheit in Dinslaken geschwiegen hat. Das hat sich nun geändert.
Seit vier Wochen treffen sich rund 300 Bürger am Dinslakener Rathaus montags zu Corona-Spaziergängen: Coronaleugner und Politiker der rechten Szene ebenso wie Impfskeptiker und sonstwie besorgte Bürger.
Eine Minderheit – die vor allem deswegen so laut hörbar ist, weil die Mehrheit so leise ist. Nur SPD – sowie einzelne ihrer Mitglieder – die Jusos und „Die Linke“ haben sich bislang zu den Spaziergängen positioniert. Die anderen Dinslakener Ratsparteien schweigen. Kein Wort zur Pandemie, zu Protesten vor Ort. Die parteilose Dinslakener Bürgermeisterin hat die Versammlungen vor ihrem Amtssitz erst auf Nachfrage der NRZ kommentiert.
Wie ist dieses Schweigen aus dem politischen Raum zu verstehen? Als Zustimmung? Oder als Wegducken? Wollen die Parteien sich vor der anstehenden Landtagswahl nicht positionieren, um keine potenziellen Wähler – von der einen oder der anderen Seite – zu vergraulen?
Die Spaziergänge totzuschweigen zeugt von wenig politischem Mut und wird außerdem keiner Seite gerecht. Seit zwei Jahren bewegt die Pandemie und der Umgang damit die Menschen. Spätestens seitdem das zu Corona-Spaziergängen vor Ort geführt hat, hätten sich auch die hiesigen Parteien mit dem Thema auseinandersetzen und den Bürgern Antworten geben sollen. Denn wer schweigt, wird überhört – und möglicherweise auch bei der nächsten Wahl übersehen.
Die „Omas gegen Rechts“ hatten nun als erste den Mumm, eine Gegenveranstaltung anzumelden – an der neben beeindruckend vielen Bürgern auch Vertreter mehrerer Ratsparteien teilnahmen. Sie sollten den „Omas“ für diese Gelegenheit dankbar sein – und der Anwesenheit Worte folgen lassen.