Dinslaken/Hünxe. Wegen gestiegener Corona-Zahlen könnten Regelungen in Pflegeheimen verschärft werden. Die NRZ hat nachgefragt, was Einrichtungen sich erhoffen.

Pflegeheimbewohner und ihre Angehörigen müssen sich möglicherweise auf eine Einschränkung der Besuchsregelungen einstellen. Wie in der NRZ berichtet, plant das Landesgesundheitsministerium wegen der gestiegenen Zahl der Corona-Neuinfektionen eine neue Allgemeinverfügung, mit der die aktuellen Regelungen verschärft werden könnten.

Was Betreiber in Dinslaken und Hünxe dazu sagen und welche Wünsche sie in der aktuellen Situation für ihre Einrichtungen und also auch an die Politik haben? Die NRZ hat nachgefragt.

Caritasdirektor: Mitarbeiter sind einer „mentalen Dauerbelastung“ ausgesetzt

Michael van Meerbeck, Direktor der hiesigen Caritas, die mit dem Alfred-Delp-Haus und dem St. Benedikt-Haus zwei Einrichtungen in Dinslaken betreibt, hat festgestellt, dass seine Mitarbeiter seit Beginn der Coronakrise einer „mentalen Dauerbelastung“ ausgesetzt sind. „Wir sind seit März in dieser Situation und natürlich bedeutet die Arbeit jetzt eine ganz andere Anstrengung, als zu normalen Zeiten“, sagt er und nennt ein Beispiel: Seit die Senioreneinrichtungen nach dem strengen Lockdown wieder öffnen durften, müssen sie ein „Besucherscreening“ durchführen. Das bedeutet, dass sie bei jedem Gast, der die Einrichtung betreten möchte, unter anderem Fieber messen, ihn nach seinem Gesundheitszustand fragen und auf die geltenden Hygienevorkehrungen hinweisen sowie ihnen den Kontaktzettel zum Ausfüllen vorlegen.

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„Und das bedeutet natürlich einen hohen Arbeitsaufwand, da ist eine Person dauerhaft mit beschäftigt, wenn wir geöffnet haben“, sagt van Meerbeck. Die Mitarbeiter seien deshalb verständlicherweise deutlich angespannter und stünden unter Dauerdruck, den Betrieb aufrecht zu erhalten. Die Pflegeheime müssten entlastet werden, fordert van Meerbeck. „Wir müssen an der Systemrelevanz festhalten, müssen schauen, dass wir weiterhin arbeitsfähig bleiben, denn sonst zerfällt das System“, warnt er. Der Caritasdirektor äußert mehrere Überlegungen, wie das möglich sein könnte.

„Tests von Personen in systemrelevanten Berufen müssen Vorrang haben“

„Die Tests von Personen in systemrelevanten Berufen müssen Vorrang haben“, sagt er. Es brauche im Fall der Fälle schnell Gewissheit, ob ein Pfleger sich infiziert hat oder nicht. Die Caritas teste ihre Mitarbeiter mittlerweile in regelmäßigen rund zweiwöchigen Abständen selber, denn „wir haben ja Krankenschwestern, die das können“. Auch hegt van Meerbeck die Hoffnung, dass die Corona-Schnelltests, sobald sie denn flächendeckend verfügbar sind, erst entsprechenden Personen in systemrelevanten Berufen zur Verfügung gestellt werden. „Wenn diese Schnelltests kämen, wäre das wirklich eine echte Erleichterung. Es würde uns Tore öffnen und wir könnten wieder offener sein“, sagt er. Denn solange man nicht wisse, ob ein Besucher mit Corona infiziert sei oder nicht, bestehe immer das Risiko, dass das Virus sich in der Einrichtung verbreiten könnte, so van Meerbeck.

Aus seiner Sicht müssten die politischen Entscheidungsträger darauf hinwirken, den Einrichtungen nicht noch weitere Belastungen, beispielsweise in bürokratischer Hinsicht, aufzubürden.

Lockdown hatte Vor- und Nachteile

Wünschenswert fände der Caritasdirektor beispielsweise auch, dass Gelder für eine zusätzliche Hilfskraft, die dann beispielsweise das „Besucherscreening“ übernehmen könnte, bereitgestellt würden. Alles was zur Entlastung beitrage, müsse in Erwägung gezogen werden. „Denn meine Mitarbeiter leisten wahnsinnig tolle Arbeit, ich bin total froh, dass diese Menschen sich für einen sozialen Beruf entschieden haben.“

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Angesprochen auf einen möglichen zweiten Lockdown in Pflegeeinrichtungen ist Michael van Meerbeck gespalten: „Für unsere Arbeit hat das natürlich Vorteile, denn wenn wir uns sicher sein können, keine Infekte zu haben, können wir innerhalb der Einrichtung auch offen sein. Aber für die Menschen wäre das natürlich ein Gram.“ In der derzeitigen Situation gelte es immer, Risiken abzuwägen und Kompromisse zu finden.

Hewag-Seniorenstift wünscht sich keinen zweiten Lockdown

Das Hewag-Seniorenstift in Hünxe hofft laut Einrichtungsleiterin Petra Schnüll, dass es nicht zu einem erneuten Lockdown kommt. „Es wäre schön, wenn uns das erspart bliebe“, sagt sie. Mit der derzeitigen Situation – aktuell dürfen Bewohner täglich jeweils bis zu zweimal Besuch von je bis zu zwei Personen empfangen, „aber wir haben es eher auf einen Besuch am Tag begrenzt, damit es nicht so geballt ist“ – habe man sich gut arrangiert, sowohl den Bewohnern als auch ihren Besuchern seien die Regelung mittlerweile bekannt, aber das habe natürlich gerade in den ersten Wochen viel Kommunikation und Erklärung erfordert. „Wir hoffen also, dass uns das als kleinster gemeinsamer Nenner weiterhin erhalten bleibt, sich möglichst nicht verschlechtert und das Bestmögliche aus der Situation gemacht wird“, sagt Schnüll, die sich außerdem wünscht, dass die erwarteten Maßnahmen „mit Augenmaß und Sachverstand“ getroffen werden.

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Auch im Hinblick auf den bevorstehenden Winter und die kälteren Temperaturen sieht sie strengere Besuchsregelungen kritisch. Im Frühjahr habe man oftmals nach draußen ausweichen können. „Es gab viele Fensterkonzepte, die gut funktioniert haben; es gab Andachten, die die Geistlichen draußen abgehalten haben und auch die begleiteten Spaziergänge haben sich sehr vermehrt“, sagt Petra Schnüll. Nun wäre das natürlich schwieriger.

Die Mitarbeiter müssten seit der Coronakrise den Bewohnern und ihren Angehörigen deutlich mehr erklären, wieso alles etwas anders laufe, es gebe „viel, viel mehr Einzelberatung“, sagt Schnüll. „Aber sie versuchen die Situation so zu gestalten, dass den Bewohnern gar nicht auffällt, dass etwas weggebrochen ist. Und ich habe nicht den Eindruck, dass jemand etwas vermisst.“ Bislang habe es in der Einrichtung noch keinen bestätigten Coronafall gegeben. „Und wir wünschen uns natürlich, dass wir das Virus weiterhin draußen lassen können.“