Voerde/Dinslaken. In Voerde steht eine Kita, in Dinslaken zwei Schulklassen unter Quarantäne. Dennoch werden Geschwisterkinder nicht getestet. Das sind die Gründe.

Nach den Corona-Fällen an der Ernst-Barlach-Gesamtschule in Dinslaken und dem Pauluskindergarten in Voerde sind viele Eltern verunsichert. Dort stehen bekanntlich zwei Klassen sowie der ganze Kindergarten unter Quarantäne. Müssen oder sollten nicht auch die Geschwister von Kindern, deren Schulklasse oder Kita unter Quarantäne steht, auf Corona getestet oder unter Quarantäne gestellt werden? Kann man die Geschwisterkinder guten Gewissens in die Schule schicken? Sollte man die Kinder und sich selbst testen lassen – und geht das überhaupt? Mit diesen Fragen fühlen sich betroffene Eltern allein gelassen. Wir haben beim Kreis Wesel und bei der Kassenärztlichen Vereinigung um Antworten gebeten.

Wer wird getestet?

Getestet werden Kontaktpersonen ersten Grades – das sind die Menschen, die, etwa im Fall der Kita in Voerde, am Montag und Dienstag möglicherweise direkten Kontakt mit der Erzieherin hatten, beziehungsweise Schüler, die direkten Kontakt mit anderen infizierten Schülern hatten.

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Geschwisterkinder und Eltern gelten als Kontaktpersonen zweiten Grades: „Solange das Kind nicht selber erkrankt ist und keinen positiven Coronatest hatte, sind Eltern und Geschwister keine Kontaktpersonen ersten Grades und werden nach Vorgaben des Landes und des Robert-Koch-Instituts nicht getestet,“ so Anja Schulte, Sprecherin des Kreises Wesel, und sie müssten auch nicht in Quarantäne.

Zu Beginn der Pandemie war das anders. Damals wurden auch Kontaktpersonen zweiten Grades getestet. Zu diesem Zeitpunkt hat man noch gehofft, Corona aus Deutschland heraushalten zu können, so Anja Schulte. „Dadurch dass es nur vereinzelte Fälle waren, konnten wir durch das breite Testen die Infektionsketten sofort einfangen“, erinnert sie. Bei der Krankenhaus-Mitarbeiterin aus Kamp-Lintfort etwa, die als erste im Kreis Wesel mit Corona infiziert war, wurden alle Sekundärkontakte getestet. „Dadurch war diese Infektionskette gestoppt. Es hat sich kein anderer Mensch im Kreis Wesel angesteckt.“

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Als dann immer mehr Infektionen im Kreis Wesel – viele hingen mit Reiserückkehrern aus Ischgl zusammen – auftraten, sei das „aus Kapazitätsgründen“ nicht mehr möglich gewesen. Daraufhin hätten das RKI und das Land ihre Vorgaben angepasst. Bei wem sich die Erzieherin der Voerder Kita infiziert hat, konnte nicht nachvollzogen werden. „Der Infektionsweg ist nicht bekannt, aber das ist bei den aktuell steigenden Fallzahlen nun wieder häufiger so.“

Welche Ausnahmen gibt es?

Obwohl Eltern als Kontaktpersonen zweiten Grades gelten, stehen im Pauluskindergarten neben den 74 Kindern und 22 Mitarbeitern auch einige Eltern unter Quarantäne. Dabei handelt es sich laut Anja Schulte um Eltern von sogenannten Eingewöhnungskindern, die sich in der Eingewöhnungsphase in der Kita aufhalten. Alle anderen Eltern, so Anja Schulte, sollten die Kita nicht betreten sondern ihre Kinder nach den Coronaregeln an der Tür oder draußen der Erzieherin übergeben. Weil die Erwachsenen dabei Mund-Nasenschutz tragen und den Mindestabstand einhalten sollen, habe kein direkter Kontakt zwischen Eltern und der positiv getesteten Erzieherin bestanden. Die Quarantäne ist angeordnet – bei den 14 Tagen handelt es sich um die Inkubationszeit von Corona. Auch ein vorzeitiger negativer Test wäre also keine Freigabe.

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Und freiwillige Tests?

Bei Erstkontakten ordnet der Kreis einen Test per Ordnungsverfügung an. „Damit kann man zum Hausarzt gehen und sich testen lassen“, so Anja Schulte. Aber aufgrund der „Unsicherheit der Menschen besteht ein großer Wunsch nach Tests, die aber infektiologisch nicht sinnvoll“ seien. Wer sich ohne Anordnung testen will, müsse mit seinem Hausarzt sprechen.

Tatsächlich wurden seine Kollegen und er schon um freiwillige Tests gebeten, berichtet Dr. Michael Weyer, Arzt aus Dinslaken und Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein im Kreis Wesel. Das ist theoretisch auch möglich – wenn die Kosten selber getragen werden. Allerdings rät Weyer Patienten von solchen Tests ab. Bei Geschwisterkindern etwa „ist die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung nicht gegeben. Ein Test macht keinen Sinn. Man setzt das Kind einer unnötigen Belastung aus.“ Zudem sei ein Test immer nur eine Momentaufnahme. Die Kosten für einen Test liegen nach Angaben des Verbandes der Privaten Krankenversicherungen bei rund 170 Euro.

Nur in Bayern können sich Bürger übrigens auch ohne Anlass auf Kosten des Freistaats testen lassen.

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>>Blickpunkt Voerde: Vorsorgemaßnahmen der Verbunds-Kitas

Der Pauluskindergarten gehört zum Kita-Verbund des Katholischen Familienzentrums Voerde – ebenso wie die Kita St. Elisabeth Friedrichsfeld, der Marienkindergarten Möllen und die Kita St. Peter Spellen.

Um „drastischen Maßnahmen“ wie der Schließung eines ganzen Kindergartens vorzubeugen, hat die Verbundleiterin Regina Busch die Eltern der Kitas angeschrieben und gebeten, zu prüfen, ob die Kinder derzeit wirklich in den Randzeiten betreut werden müssen. Denn zwischen 7 und 8 und nach 14 Uhr werden die Kinder nicht in den Gruppen betreut sondern gemischt.

Wenn möglichst viele Kinder nur die Gruppenbetreuung nutzen, würde das Risiko minimiert, dass im Infektionsfall die ganze Kita geschlossen wird. Dann könnte eine Quarantäne möglicherweise nur eine Gruppe betreffen, so Regina Busch. Auch das warme Mittagsessen wird deswegen vorerst nicht serviert. Die Eltern wurden gebeten, den Kindern ausreichend Essen – wie Brot und Obst – bis nachmittags mitzugeben.