Voerde. Der Betreiber des alten „Paradise Planet“ schilderte bei CDU-Besuch seine Sicht der Dinge. Er sieht sich von der Nachbarschaft vorverurteilt.

Mit Teilen der Nachbarschaft hatten CDU-Vertreter aus Voerde vor etlichen Monaten gesprochen, in dieser Woche stattete eine vierköpfige Delegation aus Stadtverband und Fraktion der Gegenseite einen Besuch ab. Das Fazit im Anschluss an die Besichtigung der früheren Disco „Paradise Planet“ an der B8, die künftig als Festsaal unter anderem für Hochzeiten, Hochzeitsmessen, 80er- und 90er-Partys, Karnevalsfeiern, Abifeten oder Tanzabende genutzt werden können soll: Der Betreiber des „Reyna Palace“ – so der Name der Veranstaltungshalle – und die Anwohner, die gegen die von der Stadt erteilte Baugenehmigung für das Vorhaben klagen, müssen an einen Tisch, findet Ingo Hülser.

Der Fraktionschef der CDU in Voerde denkt darüber nach, eine Person einzuschalten, „die zwischen den Interessen des Betreibers und der Nachbarschaft vermitteln könnte“. Die liegen naturgemäß weit auseinander: Tercan Küccük möchte mit dem von ihm gekauften Objekt, in das er investiert hat, Geld verdienen. Die Anwohner befürchten, dass sie angesichts der geplanten Großveranstaltungen und dem damit zu erwartenden Lärm in direkter Nachbarschaft ihrer Häuser nachts um ihren Schlaf gebracht werden.

Die Stadt Voerde hat dem Betreiber des „Reyna Palace“ eine tägliche Nutzung des Festsaals ermöglicht: werktags von 15 bis 2 Uhr sowie sonn- und feiertags von 15 bis 4 Uhr. Da sie ihre nachbarschützenden Rechte nicht gewahrt sehen, gehen drei Eigentümer zweier Grundstücke gegen die Baugenehmigung juristisch vor. Ende Februar soll es in der Festhalle an der B8 mit der ersten Veranstaltung unter dem Titel „Revival im ehemaligen ,Paradise Planet’“ losgehen.

Paradise Planet in Voerde: Tägliche Nutzung der Festhalle möglich

Auf die aus den Reihen der Nachbarschaft geäußerte Vermutung angesprochen, dass es auch um die Veranstaltung von „türkischen Hochzeiten“ gehen könnte, reagierte Tercan Küccük merklich angesäuert. Auf die Definition wolle er nicht eingehen, diese findet er „diskriminierend“, machte er gegenüber den Vertretern der CDU deutlich.

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Seine Botschaft: Wie lange und ausgiebig gefeiert wird, hängt nicht von der Nationalität ab. Auch stößt Küccük sich daran, dass seine Tätigkeit als Inhaber eines Brautmodengeschäfts in Marxloh als Indiz für die Veranstaltung „türkischer Hochzeiten“ gewertet wird. Damit, heißt es aus den Reihen der Anwohner, verfüge er über die entsprechende Kundschaft.

Stadt Voerde formuliert Auflagen zu Abläufen bei Hochzeit

Für die Kläger ist die Spezifizierung als „türkische Hochzeit“ sehr wohl mit Blick darauf von Bedeutung, wie und in welcher Größenordnung gefeiert und was dies für das Maß der Lärmbelastung bedeuten würde. In den Auflagen der Stadt finden sich ihrer nach Meinung klare Hinweise darauf.

Neben der Erwähnung eines „Hähnchenbratwagens“, von dessen Betrieb keine Geruchsbelästigung für die Nachbarschaft ausgehen darf, ist dort unter anderem Folgendes festgelegt: Bei der Begrüßung der Braut muss sichergestellt sein, dass der Autokorso, mit dem sie zum Festsaal chauffiert wird, aus maximal acht Pkw besteht. Und: Höchstens 50 Personen dürfen sie vor der Nordwestfassade der Halle willkommen heißen, Musikinstrumente oder andere Gegenstände, die Schall erzeugen, sind nicht zugelassen.

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Tercan Küccük erklärte den CDU-Mitgliedern, dass er mit den Mietern des Festsaals einen Vertrag abschließe, in dem die Punkte geregelt seien. Sollte dagegen verstoßen werden, würde die Kaution von 1500 Euro einbehalten. Einen Empfang der Braut am Haupteingang soll es ihm zufolge nicht geben. Vielmehr solle das Hochzeitspaar über eine Seitentür in den Festsaal und von dort aus über eine Treppe auf das Podest gelangen und bei Eintreffen angestrahlt werden, wie er erläuterte.

Streit in Voerde: Betreiber versichert, sich an Auflagen zu halten

Küccük versicherte, niemanden stören zu wollen, sich an die Auflagen zu halten und mehr zu tun, als er müsse. Er verwies etwa auf die Lärmschutzwand, die er höher, länger und schwerer ausgeführt habe, als von der Stadt vorgegeben, und die er zudem noch zu beiden Seiten erweitern wolle. Der „Reyna-Palace“-Betreiber sieht sich angesichts der Aussagen aus der Anwohnerschaft vorverurteilt: „Man kann nicht aus der Luft sagen: ,Was ist, wenn?’“, kritisierte er.

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Eindruck hinterließen bei den Christdemokraten das Innere der Festhalle und die Ankündigung des Betreibers, auch Vereine dort haben zu wollen. CDU-Fraktionschef Ingo Hülser fragte nach weiteren Einnahmen für die Stadt neben der Grundsteuer: Umsatz-, Gewerbe- und Einkommenssteuer würden durch ihn in die kommunale Kasse fließen, wie Tercan Küccük konstatierte.

Der Betreiber des „Reyna Palace“ ließ beim CDU-Besuch auf Bitten die Musikanlage zu Demonstrationszwecken auf die laut Auflagen nicht zu überschreitenden 83 Dezibel (dB (A)) und etwas mehr aufdrehen – wie zum Nachweis hielt er ein Schallmessgerät mit Digitalanzeige und kleinem Mikroaufsatz in der Hand. In dem riesigen Raum befanden sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr als 15 Personen, auch waren keine Tische oder Stühle aufgestellt. Die Besucher standen um die 20 Meter von den eingebauten Boxen unter der Bühne entfernt, die Musik war sehr laut hörbar.

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Nach Einschätzung des von Anwohnerseite beauftragten TÜV Rheinland sind diese im Schallgutachten des Betreibers als Innenpegel angesetzten 83 dB(A) für Konzerte, Musikveranstaltungen oder auch für Hochzeiten mit Musik unrealistisch. Damit die Musik bei einer Zahl von 600 Gästen überhaupt wahrgenommen werden könne, seien ab 95 dB(A) und mehr anzusetzen.

Die Lärmmessung gegen 18.30 Uhr vor dem Haupteingang des Festsaals ließ die CDU nach dem Blick auf das Messgerät dann der Feststellung des Betreibers folgen, dass der Straßenlärm lauter ist als das, was bei etwa bis zu 90 dB(A) in der Festhalle von dort aus nach draußen dringt, und ergo der Verkehrslärm belastender für die Nachbarn sein müsse als der durch den Festhallenbetrieb.

Voerde: Nachbarin kann über Aussagen nur den Kopf schütteln

Heike van der Velden kann darüber nur den Kopf schütteln. Die Anwohnerin spricht von „laienhaften“ Messungen – zumal noch nicht unter Betriebsbedingungen, also ohne 600 Gäste im Festsaal und ohne an- und abfahrende Autos – und verweist darauf, dass abends ab 20 Uhr kaum noch Verkehr auf der B8 sei. Zudem werde fließender Straßenlärm nicht mehr als einzeln störendes Geräusch wahrgenommen. Ein Bass sei dagegen immer störend. Davon sei sie vor einigen Wochen, als im Festsaal die Anlage lief, um drei Uhr nachts wach geworden. Und auch die während des CDU-Besuchs im „Reyna Palace“ angestellte Musik sei in ihrem Haus angekommen.

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Von Von Petra Keßler und Susanne Zimmermann

Mit der auferlegten Begrenzung auf 600 Personen will sich der Betreiber auf Dauer nicht abfinden. Küccük kündigte an, für 1000 Gäste kämpfen zu wollen. Dafür sieht er mit Hinweis auf die Stellplatzverordnung einen Anspruch. Die Stadt habe statt des Schlüssels „pro fünf bis zehn Gäste ein Stellplatz“ den Faktor 3,5 Personen angewendet.

Ausgehend von rund 200 Parkplätzen, die er für sein Grundstück angibt, wären nach seiner Rechnung 1000 bis 2000 Personen möglich. Auf CDU-Seite wurde das Ansinnen ungern gehört: Er müsse auf der Basis von 600 Personen arbeiten, betonte Fraktionsvize Georg Schneider. Und auch dies machte Küccük deutlich: Sollte die Stadt in dem Rechtsstreit verlieren, will er Schadenersatzansprüche geltend machen.