Voerde. . Ein Teil der Nachbarschaft ist der Meinung, dass die Stadt die Baugenehmigung für die geplante Nutzung als Festsaal nicht hätte erteilen dürfen.

Gegen die von der Stadt genehmigten neuen Pläne für die ehemalige Disco „Paradise Planet“ an der B 8 setzen sich Teile der Nachbarschaft juristisch zur Wehr: Heike van der Velden und, wie sie erklärt, die beiden Eigentümer eines zweiten Grundstückes klagen dagegen, dass im Voerder Rathaus der Nutzungsänderung des Tanzlokals in einen Festsaal sowie der Errichtung einer Gaststätte mit Anbauten und zweier Biergärten stattgegeben wurde. Vertreten lassen sie sich in der Sache durch eine Fachanwaltskanzlei, die unter anderem auf Verwaltungsrecht spezialisiert ist. Die Klage sei eingereicht, erklärt Heike van der Velden.

Der Rechtsweg ist das einzige, was ihnen bleibt, gegen die Baugenehmigung vorzugehen. Über deren Erteilung hatte die Stadt Nachbarn des früheren „Paradise Planet“ mit einem auf den 25. Juli datierten Schreiben in Kenntnis gesetzt – mit der Rechtsbelehrung, dass dagegen innerhalb eines Monats nach Zustellung Klage beim Verwaltungsgericht Düsseldorf erhoben werden kann. Die Frist, bis zu der dies möglich ist, endet am kommenden Montag, sagt van der Velden. Sie weist mit Bezug auf eine anwaltliche Aussage darauf hin, dass die, die von der Stadt nicht angeschrieben wurden, aber betroffene Eigentümer seien, bis zu einem Jahr Zeit hätten, zu klagen.

Hochzeitsfeiern, Abiturfeten, Karnevalsfeiern oder Musical-Aufführungen

Von Seiten des Betreibers werden neben Hochzeitsfeiern mit bis zu 600 Personen unter anderem auch Abiturfeten, Karnevalsfeiern oder Musical- und Theatervorführungen als mögliche Veranstaltungen angegeben.

Heike van der Velden dagegen glaubt, dass es hauptsächlich um Hochzeiten – und dabei spricht sie dezidiert von „türkischen Hochzeiten“ – gehen wird. Diese Spezifizierung ist ihrer Ansicht nach mit Blick darauf, in welcher Größenordnung gefeiert würde, wichtig. Ihre Annahme, dass es sich in erster Linie um diese Form von Hochzeiten handele, schließt sie unter anderem aus dem, wie sie sagt, „typischen“ Ablauf, wie die Braut am Veranstaltungsort begrüßt wird. Die Beschreibung finde sich in dem Schallschutzgutachten wieder, das der Betreiber laut dem Ersten und Technischen Beigeordneten der Stadt, Wilfried Limke, hatte beibringen müssen. Darüber hinaus leitet sie ihre Einschätzung auch aus der Tatsache ab, dass der Betreiber ein Brautmodengeschäft in Marxloh hat und somit über die entsprechende Kundschaft verfüge, so dass diese Art der Nutzung „sehr gut“ ausgeschöpft würde.

Nachbarin sieht den Fehler „komplett bei der Stadt Voerde“

„Die weiteren angesprochenen Nutzungsmöglichkeiten werden daher keine oder nur eine sehr geringe Rolle spielen“, ist sich Heike van der Velden sicher. Auch weist sie darauf hin, dass die Zahl der Gäste angesichts der geplanten beiden Biergärten und der Gaststätte insgesamt bei mehr als 700 liegen könne. Die Nachbarin macht dem Investor keinen Vorwurf, vielmehr sieht sie den Fehler „komplett bei der Stadt Voerde“. Die habe eingeräumt, „dass tagtäglich Hochzeiten in dem Umfang gefeiert werden dürfen“. Werktags von 9 bis 2 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen von 9 bis 4 Uhr sollen als Betriebszeiten genehmigt worden sein.

Heike van der Velden und ihre Familie fürchten angesichts der aus ihrer Sicht geplanten groß angelegten Hochzeitsfeiern um eine weitere Verschlechterung der Wohnqualität, die sie bereits durch den vielen Verkehr auf der B 8 und das direkt angrenzende Gewerbegebiet ohnehin eingeschränkt sehen. Sie fragen sich, auch in Anbetracht der auf dem Gelände ankommenden und abfahrenden Pkw, ob sie überhaupt noch werden schlafen können. Schon den Discobetrieb, der freitags (da „nicht so schlimm“) sowie samstags und an Feiertagen gelaufen sei, empfand Heike van der Velden als „belastend“, dies würde sich „noch einmal potenzieren“, befürchtet sie.

Erster und Technischer Beigeordneter bekräftigt Aussage

Ihre Hoffnungen stützt sie nun auf die Auffassung der eingeschalteten Fachanwaltskanzlei. Diese vertritt die Ansicht, dass es sich bei dem geplanten Vorhaben um eine „Vergnügungsstätte“ handelt und dafür auf Grundlage des geltenden Bebauungsplans die Baugenehmigung nicht hätte erteilt werden dürfen und dieser zuvor hätte geändert werden müssen.

Der Erste und Technische Beigeordnete der Stadt hatte vor eineinhalb Wochen gegenüber der NRZ erklärt, dass für die neue Nutzung des früheren Tanzlokals als Festsaal weder der Bebauungs- noch der Flächennutzungsplan hätten geändert werden müssen. Selbstverständlich habe die Stadt auf der Grundlage geltenden Planungs- und Baurechtes die Baugenehmigung erteilt, bekräftigt er jetzt seine seinerzeitige Aussage. Der Bereich ist Limke zufolge als Sondergebiet mit der Festsetzung „Gastronomie- und Beherbergungsbetrieb“ ausgewiesen. Die vorgesehene Nutzung habe nicht die Belastungswerte wie der „intensive Disco-Betrieb“, sagt der Beigeordnete.

Durch Vorhaben komme wieder „Leben in die Bude“

Durch das Vorhaben komme wieder „Leben in die Bude“, nichts sei so schlecht wie eine Immobilie, die als Brache dastehe. Zu der fachanwaltlichen Auffassung, dass es sich bei dem Vorhaben um eine Vergnügungsstätte handele, sah sich Limke „noch nicht sprachfähig“, weil ihm die Klageschrift nicht vorliege.

Heike van der Velden kann nicht verstehen, dass die Verwaltungsspitze für ein Vorhaben „mit einem solchen Ausmaß“ grünes Licht gibt. Sie fragt sich, ob diese genauso entschieden hätten, wenn sie selbst Anwohner wären.