Dinslaken/ Duisburg. . “Horrorfilmmäßige“ Strafen sollen die Mitangeklagten dem Sohn der ermordeten Dinslakenerin angedroht haben. Verteidiger geraten im Prozess aneinander.

Die ursprünglichen zwölf Verhandlungstage im Prozess gegen vier junge Männer, die sich im Zusammenhang mit der Ermordung der 58-jährigen Dinslakenerin Dagmar E. vor dem Landgericht Duisburg verantworten müssen, neigen sich dem Ende entgegen. Bis zum 22. März sind nun nochmals drei zusätzliche Termine bestimmt worden. Und der Ton im Gerichtssaal, insbesondere zwischen den Verteidigern, wird schärfer.

Anlass dafür bot zuletzt die erneute Vernehmung des Angeklagten Alexander E. Der 24-jährige Sohn der am 30. September in ihrer Wohnung getöteten Kosmetikerin soll laut Anklage regungslos dabei gesessen haben, als zwei der Mitangeklagten seine Mutter heimtückisch angriffen und erstickten. Nachdem der Verdacht Monate nach dem Verschwinden der Frau auf Alexander und seine drei Kumpane gefallen war, hatte der Sohn des Opfers die Polizei Ende April 2015 zu der Stelle in einem Wald bei Hünxe geführt, wo er die Leiche gemeinsam mit seinen Mitangeklagten verscharrt hatte.

Alexander E.: Ich bin unter Druck gesetzt worden

Während der 24-Jährige zunächst alle Schuld auf sich nahm und die Kumpane aus der Schusslinie hielt, änderte sich sein Aussageverhalten knapp drei Monate nach der Festnahme. Offenbar hatte sich zuvor herumgesprochen, dass seine Mittäter ihm die Alleinschuld in die Schuhe schieben wollten.

Auch vor Gericht belastete Alexander E. seine Mitangeklagten jetzt erneut: Er sei von ihnen unter Druck gesetzt worden. Für den Fall, dass er nicht so mitmache, wie die Brüder das wollten, habe man ihm Folter und „horrofilmmäßige“ Strafen angedroht.

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Auch den 26-Jährigen, der laut Anklage seine beiden Brüder zu der eigentlichen Tat angestiftet hatte, belastete der 24-Jährige erneut schwer: Ihm habe er 1000 Euro aus dem Verkauf des Kosmetiksalons seiner Mutter gegeben. Der Freund habe von ihm gefordert, dessen Brüder aus der Sache herauszuhalten.

Keine geistige Störung beim Angeklagten diagnostiziert

Gutachter fanden keine Anhaltspunkte für eine geistige oder seelische Störung bei Alexander E. Eine durch die Akten geisternde frühere Diagnose eines Asperger-Syndroms, einer Autismus-Variante, sei offenbar falsch.

Nachfragen von Verteidigern, wie die scheinbare Teilnahmslosigkeit und Gefühlskälte des Angeklagten sonst zu erklären sei, beantworteten die Verteidiger auf einfache Weise: Der 24-Jährige könne durchaus Regungen zeigen, wenn er sich für eine Sache interessiere oder begeistere.

Streit um Erklärung des Verteidigers von Alexander E.

Teile der Verteidigung gerieten sich auch gestern wieder in die Haare. Die Verteidigerinnen des 26-jährigen Abenezer E. warfen dem Verteidiger von Alexander E. mehr oder weniger offen vor, eine falsche Erklärung gegeben zu haben, als er vor Gericht den Sinneswandel im Aussageverhalten seines Mandanten zu erklären versuchte. Ein Prozessbeobachter, selbst Jurist, sprach in diesem Zusammenhang in einer Verhandlungspause von „kollegialer Niveaulosigkeit“.

Die Jugendkammer deutete gestern an, dass vor dem Abschluss der Beweisaufnahme rechtliche Hinweise zu erwarten seien, die eine Verurteilung in Abweichung der usprünglichen Anklage möglich machen könnten. „Wir denken dabei in alle Richtungen“, so der Vorsitzende.