Gais/Südtirol. Auf eine Achse und zwei Systeme setzt Zeidler, sagt er im Interview: Bochums Trainer über seinen Umgang mit Spielern und sein Verhältnis zu Rangnick.

Nicht nur mit den Fans, auch im Umgang mit Mitarbeitern und Spielern legt Peter Zeidler, der neue Trainer des VfL Bochum, viel Wert auf Kommunikation. Im zweiten, sportlich gehaltenen Teil unseres großen Interviews spricht der 61-Jährige über harte Entscheidungen, Psychologie, Ralf Rangnick, seine Spielphilosophie, auf welche Spieler er als seine Achse setzt - und warum er kein Sicherheitsmensch ist. Den privat gehaltenen Teil eins des Interviews lesen Sie hier.

Herr Zeidler, muss man als Cheftrainer kommunikativ sein?

Peter Zeidler: Ja. Als Trainer muss man immer mit den Spielern reden. Gespräche helfen dabei, die Spieler besser zu machen. Es geht viel um psychologische Themen. Gespräche und Kommunikation sind und werden immer wichtiger. Die Jungs sollen merken, dass ich sie mag und unterstützen möchte. Auch, wenn ich die harte Entscheidung treffen muss, wenn ein Spieler nicht spielt, zum Beispiel.

Der Trainer als Psychologe, ja?

Dieses Thema ist mir wichtig. Ich lese viel zu diesem Thema und bin der Meinung, dass man da viel lernen kann. Ich bin als Trainer derjenige, der einigen Spielern auch mitteilen muss, dass derjenige gerade nicht gut genug für die Startelf oder den Kader ist. Dafür braucht man Einfühlungsvermögen. Es geht in den Gesprächen nur zum Teil um Taktik. Ich interessiere mich für den Mensch, mit dem ich arbeite.

Trainingslager des VfL Bochum in Gais
Legt Wert auf viele Gespräche, aber auch auf Disziplin: Bochums Trainer Peter Zeidler. Foto: Teresa Kröger/RHR-FOTO © FUNKE Foto Services | Teresa Kröger/RHR-FOTO

Bochum-Trainer Zeidler: „Jungs müssen spüren, dass ich sie mag“

Können Sie dabei auch hart sein?

Ich kann konsequent sein in der Art und Weise, wie ich Fußball spielen lassen will. Ich muss aber nicht der harte Hund sein. Ralf Rangnick sagt immer: Die Spieler mit Liebe und Konsequenz behandeln. Nach diesem Prinzip versuche ich, zu arbeiten. Die Jungs müssen spüren, dass ich sie mag. Aber sie müssen verstehen, dass ich die Dinge ernst meine.

Ist Ralf Rangnick Ihr Vorbild?

Wir kennen uns aus dem Studium, wir haben eine große Schnittmenge. Von der Idee des Fußballs verfolgen wir die gleichen Dinge. Er ist ein Türöffner für mich gewesen. Meine Geschichte wird immer eng mit der von Ralf verbunden sein.

Zwei Systematiken beim VfL Bochum - und keine Doppelsechs

Wie sieht die konkrete Spielidee aus?

In unserer Spielidee sind hohes Tempo und Vertikalität, Mut und natürlich auch das schnelle Umschalten nach Ballverlusten wichtige Punkte. Dann kommt es auf die Systematik an. Wie es beim VfL konkret aussehen wird, hängt vom Kader und der Entwicklung der Spieler ab. Wir haben zwei Systematiken – ein 4-4-2 und ein 4-3-3 – die wir etablieren wollen. Man muss nicht zwingend mit zwei Sechsern spielen, um vermeintliche defensive Stabilität zu erlangen. Es geht darum, dass wir alle zusammen agieren. Ein zentraler Sechser, der von zwei Achtern assistiert wird – das ist sicher eine Idee. Aber der Kader wird vermutlich bis zum 30. August noch Veränderungen erfahren.

Die Zeit drängt: VfL Bochum ist noch nicht konkurrenzfähig

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    Kommen denn neue Spieler?

    Ja. Auch wir werden noch neue Spieler bekommen – genauso wie andere Vereine Spieler bekommen werden.

    Zeidler über neue Spieler: „Macht mir Spaß, sie zu überzeugen“

    Was ist Ihnen bei potenziellen Neuzugängen wichtig?

    Ich versuche, ein Gefühl für den Spieler zu entwickeln. Wir hoffen, dass wir Spieler überzeugen und begeistern können von dem Weg, den wir beim VfL Bochum gehen wollen. Es macht mir Spaß, Spieler zu überzeugen. Denn trotz aller Statistiken und des Geldes: Es geht auch darum, dass man auf persönlicher Ebene eine Bindung herstellt.

    Wie verändert sich Ihre Arbeit, wenn man weiß, dass der Kader sich noch verändern wird?

    Ich konzentriere mich auf die Spieler, die ich zur Verfügung habe. Das sind alles gute Jungs, zum Teil Männer mit viel Erfahrung. Wir haben eine Achse, die so auch in der Bundesliga auf dem Platz stehen wird: Losilla, Sissoko, de Wit, Hofmann – darum herum können wir Spieler entwickeln. Wir haben unsere Außenverteidiger, wir haben vier Innenverteidiger. Ein Gerüst steht. Ein paar Spieler werden Zeit benötigen, aber diese Spieler wollen wir auch beim VfL Bochum, wir wollen Spieler entwickeln. Immer in dem Bewusstsein, dass es bei manchen vielleicht am Ende nicht für die Bundesliga reichen wird.

    Trainingslager des VfL Bochum in Gais
    Er lacht gerne, legt aber auch Wert auf Konsequenz: VfL Bochums Trainer Peter Zeidler im Gespräch mit dieser Redaktion im Garten des Hotels Windschar in Gais. Foto: Teresa Kröger/RHR-FOTO © FUNKE Foto Services | Teresa Kröger/RHR-FOTO

    Sicherheitsmensch Zeidler? „Ich hätte Lehrer bleiben können“

    Dennoch geht das Testspiel im Trainingslager verloren. Gefühlt ist die Stimmung umgeschlagen.

    Wir brauchen eine positive Dynamik, das ist klar. Eine Niederlage hilft dabei nicht. Wir verfolgen weiterhin unseren Plan und werden unsere Dinge immer besser umsetzen. Das ist ein Prozess, bei dem wir alle mitnehmen wollen. Dafür muss erst etwas entstehen. Und ich bin davon überzeugt, dass hier etwas entsteht. Auch, wenn es nicht immer einfach ist und gewisse Zeit benötigt.

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    Sie waren Lehrer, sind dann den Schritt in den Fußball gegangen. Haben Sie das irgendwann bereut?

    Nein. Ich hatte zwei Traumberufe: Lehrer und Fußball-Trainer. Ich habe in meinem Leben nun beide Jobs ausführen dürfen. Es gab zwei Phasen – nach dem Aus in Hoffenheim und in Salzburg – in denen ich arbeitslos war. Da dachte ich mir schon, dass es gut wäre, jetzt ein sicheres Einkommen zu bekommen. Ein paar Sorgen waren also zeitweise durchaus da. Aber bereut habe ich es nie, in den Fußball zu gehen.

    Sind Sie ein Sicherheitsmensch?

    Ich hätte Lehrer bleiben können. Aber der Fußball ist meine Leidenschaft. Mit neuen Erfahrungen für mich. Auch, dass es Risiken gibt. Denn wenn man gekündigt wird, bekommt man im Grunde gesagt, man sei nicht gut genug. Das ging nicht spurlos an mir vorbei. Aber die positiven Erlebnisse im und mit dem Fußball überwiegen bei mir eindeutig.

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