Essen. Christian Straßburger kommentiert für Magenta Sport Spiele der 3. Liga. Die Entwicklung von Rot-Weiss Essen beobachtet er genau. Ein Interview.
Knapp neun Jahre sind vergangen, seit Christian Straßburger (35) den ersten großen Auftritt in seiner beruflichen Laufbahn hatte. Im November des Jahres 2015 hielt der damalige Stadionsprecher des Regionalligisten Rot-Weiß Oberhausen vor dem Derby gegen Rot-Weiss Essen eine bewegende Rede über den Terroranschlag in Paris. Sport1 hatte die Partie live übertragen, Straßburger erhielt sehr viel Zuspruch.
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Es war der Auftakt einer steilen Karriere als Sportjournalist und Kommentator. Seit der Saison 2018/19 kommentiert der gebürtige Düsseldorfer Drittliga-Spiele für MagentaSport. Auch Sky und RTL gehören zu seinen Auftraggebern. Im vergangenen Sommer war Straßburger bei der Heim-EM im Einsatz, zuletzt auch für ProSieben beim TV Total Turmspringen.
Rot-Weiss Essen: Magenta-Kommentator Christian Straßburger über RWE und die 3. Liga
Wir haben mit dem meinungsstarken Fußballkommentator über seinen Werdegang, die 3. Liga, Rot-Weiss Essen und die Personalie Marcus Uhlig gesprochen.
Christian Straßburger, TV Total Turmspringen, im Sommer die Europameisterschaft im eigenen Land: Aktuell starten Sie als Kommentator richtig durch. Wie haben Sie die letzten Monate erlebt?
Christian Straßburger: Ich habe das alles genossen und einfach aufgesaugt. Gerade im Sommer bei der Heim-EM habe ich so viel erlebt als Kommentator für Magenta TV, das war schon Wahnsinn. Ich durfte in meiner Heimatstadt Düsseldorf kommentieren und erfüllte mir damit einen Traum. Das Highlight war für mich das Halbfinale zwischen Spanien und Frankreich, das ich zusammen mit Lothar Matthäus kommentieren durfte. Das Spiel war richtig gut und das Tor von Lamine Yamal herausragend. So etwas ist dann kein Job mehr, man lässt sich einfach treiben.
Ihr Tagesgeschäft ist die 3. Liga, die Sie als Kommentator für MagentaSport schon seit der Saison 2018/2019 begleiten. Was zeichnet diese Liga aus? Gibt es ein Stadion, in dem Sie am liebsten arbeiten?
Ich gehe schon in meine siebte Saison als Kommentator in der 3. Liga und der Spaß ist mir nicht vergangen. Ein bevorzugtes Stadion habe ich nicht, es gibt so viele Traditionsklubs mit großen Stadien und toller Atmosphäre wie Arminia Bielefeld, Dynamo Dresden oder Rot-Weiss Essen. Aber auch Viktoria Köln, die auch ein Traditionsklub sind, ist interessant. Ich finde es mega, in einer Liga mit so vielen spannenden Klubs zu arbeiten. Hier wird der Fußball gelebt, man ist nah dran am Geschehen und es gibt keine Befindlichkeiten wie beispielsweise in den höchsten Ligen. Man kann mit den Leuten noch ehrlich sprechen, das macht für mich den Reiz aus. Zudem ist es sportlich richtig eng. Ich erwarte ein Herzschlagfinale, oben und unten.
Rot-Weiss Essen: „Man sollte Christoph Dabrowski vertrauen“
Wie bewerten Sie die bisherige Saison von Rot-Weiss Essen und die Arbeit von Trainer Christoph Dabrowski?
Der Sieg gegen Cottbus war sehr wichtig für RWE. Dabro gefällt mir als Trainer und Typ sehr gut. Er hat schon in seiner ersten Saison in Essen Resilienz und Widerstandsfähigkeit demonstriert, als er von einigen Fans sehr scharf kritisiert wurde. Das Team hört auf ihn und man sollte ihm in Essen vertrauen. Bei Rot-Weiss Essen merkt man in dieser Saison, dass Eckpfeiler wie Sapina, Götze, Obuz oder Harenbrock weg sind. Diese Spieler sind nur schwer zu ersetzen. Ich denke, dass sich die Mannschaft in einem Übergangsjahr befindet und nur der Klassenerhalt zählt. Die Fans wollen immer mehr, aber man sollte das so annehmen und realistisch bleiben. Die 3. Liga ist eine tolle Liga, RWE war viele Jahre unten. Es ist nicht das Schlechteste für den Klub, in dieser Liga zu spielen.
„Wenn Kritik respektlos wird, dann geht mir das wirklich am Arsch vorbei, das muss ich so klar sagen.“
Sie hatten vor einigen Wochen ein irres Transfergerücht in die Welt gesetzt und Ex-Bayern-Star Eric Maxim Choupo-Moting bei RWE ins Gespräch gebracht. Das war wohl etwas zu hoch gegriffen, oder?
Bei Choupo-Moting war tatsächlich mehr der Wunsch der Vater des Gedankens. Grundsätzlich finde ich aber schon, dass RWE einer fehlt, der konstant knipst. Leonardo Vonic hat Potenzial, aber vorne sollte noch etwas gemacht werden. Ein erfahrener Stürmer wie Pascal Sohm ist aktuell vereinslos. So einer würde zu RWE passen.
Einige Fans von Rot-Weiss Essen haben sich nach einem Spiel in der letzten Saison über einen ihrer Kollegen beschwert. Es wurde ihm Parteilichkeit vorgeworfen. Via Whatsapp machte eine Sprachnachricht die Runde, in der ein Telefonat zwischen dem Magenta-Kommentatoren und einem mutmaßlichen Fan aufgezeichnet wurde. Ist so etwas Thema bei Ihnen?
Das habe ich tatsächlich nicht mitbekommen. Ich kann aber meine Hand für alle Kollegen von mir ins Feuer legen. Niemand von uns redet absichtlich schlecht über einen Verein. Wir sind als Journalisten neutral. Mir ist es bei der Arbeit egal, wer gewinnt. Ich bin auch offen für Kritik und höre mir alles an. Ehrliche Worte sind wichtig. Aber vor allem in sozialen Netzwerken geht das manchmal zu weit. Wenn Kritik respektlos wird, dann geht mir das wirklich am Arsch vorbei, das muss ich so klar sagen.
Rot-Weiss Essen: Uhlig heuert bei RWO an - „aus allen Wolken gefallen“
Sprechen wir noch über Ihren Ex-Klub Rot-Weiß Oberhausen. Die Kleeblätter haben den früheren RWE-Vorsitzenden Marcus Uhlig geholt. Er wird bei RWO Berater, später möglicherweise Präsident. Wie bewerten Sie diese Personalie?
Ich bin zunächst aus allen Wolken gefallen, als ich davon erfahren habe. Marcus Uhlig stand immer zu 120 Prozent hinter RWE. Er hat den Klub gelebt und verteidigt. Ich habe ihn als jemanden kennengelernt, mit dem man auf Augenhöhre diskutieren kann. Er tat RWE meiner Meinung nach sehr gut, zuletzt hat man sich auseinandergelebt. Ich hätte nicht gedacht, dass RWO ihn holt, für den Verein ist das aber eine coole Geschichte. Marcus Uhlig wird RWO auf die nächste Stufe hieven. Hajo Sommer hat alles getan für den Verein. Er hat es sich verdient, bald kürzer zu treten. Ich verstehe das Emotionale beim Thema Uhlig, aber alles hat seine Zeit. Marcus Uhlig möchte Geld verdienen, so läuft das Geschäft.