Hünxe. Seit 30 Jahren leitet Christoph Brüggemann die Herzsportgruppe des TV Bruckhausen. Für ihn eine Herzensangelegenheit. So läuft das Training ab.
Christoph Brüggemann leitet nun schon seit 30 Jahren die Herzsportgruppe des TV Bruckhausen. Eine Herzensangelegenheit für den Trainer, der auch Diplom-Sportlehrer ist. „Die Gruppe ist ein Reha-Angebot und richtet sich an Herzpatienten, also Personen, die bereits einen Herzinfarkt, eine Bypass- oder Herzklappenoperation hatten“, so Brüggemann. „Die Teilnehmer sind alle in ihrer Herzleistung eingeschränkt. Durch das Training soll ihr Herzmuskel wieder gestärkt und die Heizleistung verbessert werden.“ Etwa 20 Herzpatienten nehmen jede Woche an der Gruppe teil.
Adam Pilch ist einer von ihnen und auch der jüngste Teilnehmer. Er ist nun schon seit fast acht Jahren dabei. Mit gerade einmal 36 Jahren hat er einen Herzinfarkt erlitten. Bemerkbar habe sich das an brennenden Schmerzen im Rückenbereich gemacht. „Den Infarkt hatte ich am 10. Oktober 2016“, erinnert sich der heute 45-Jährige. „Im Krankenhaus dachten die Ärzte zuerst, dass die Schmerzen von meiner Schulter kommen würden.“ Drei Tage später wurde jedoch festgestellt, dass es sich um einen Hinterwandinfarkt gehandelt hat.
Aufwärmen soll das Herz-Kreislauf-System aktivieren
„Am Anfang dachte ich mir: Wo bin ich denn hier gelandet? Ich war mit Abstand der Jüngste“, erinnert sich Pilch. Mittlerweile gehe er aber wirklich gerne zum Training und freut sich, Teil der Gruppe zu sein. „Ich merke einfach, wie gut mir das Training tut. Wenn ich mal mehrere Wochen pausieren musste, merke ich das auch sofort an meiner körperlichen Fitness und meinem Wohlbefinden“, so Pilch.
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Doch wie genau sieht so ein Training überhaupt aus? Bevor es losgeht, stellen sich die Teilnehmer vor Brüggemann in zwei Reihen auf. Nachdem dieser die Musikbox angeschaltet hat, startet die Gruppe zu verschiedenen Pop-Musik-Hits ins Training. Zunächst geht es ans Aufwärmen, „um das Herz-Kreislauf-System zu aktivieren und den Körper auf die benötigte Betriebstemperatur zu bringen“, so Brüggemann.
Zum Training der Herzsportgruppe gehören auch Mobilisierungsübungen
Dazu marschieren die Teilnehmer zunächst im Takt der Musik. Die Knie werden dabei schön nach oben gehoben. Nach mehreren Schritten gibt der Herzsportleiter die Anweisung, während des Marschierens den Kopf noch oben und nach unten Richtung Brust zu bewegen. Danach werden auch die Schultern aktiviert, indem sie gekreist werden.
Es folgt ein 4’er Schritt. Für die Teilnehmer bedeutet das: Einen Schritt zur Seite, die Beine wieder schließen, erneut einen Schritt zur Seite und beim 4. Schritt erneut schließen. Währenddessen leitet Brüggemann die Teilnehmer zudem an, zuerst den einen und dann den anderen Arm kreisen zu lassen, bevor sie bei jedem 4. Schritt in eine Kniebeuge gehen.
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Dann geht Brüggemann zu Dehn- und Mobilisierungsübungen über. „Im Alter vermindert sich nämlich die Muskulatur und die Beweglichkeit lässt nach, wodurch sich die Muskulatur verkürzt“, erklärt der Trainer. „Durch die Übungen wollen wir dem entgegenwirken.“ Zunächst wird dabei der Nacken gedehnt, indem die Teilnehmer zuerst nach oben und unten schauen und dann zur rechten sowie zur linken Schulter blicken. Danach wird das rechte Ohr zur rechten Schulter und das linke Ohr zur linken Schulter geführt. Auch der Rücken wird gedehnt, indem die Teilnehmer einen Katzenbuckel machen.
Nach einer kurzen Pause geht es ins Ausdauertraining, das mit Koordinierungsübungen kombiniert wird. „So fördere ich zusätzlich das Gleichgewicht der Teilnehmer, um sie so vor Stürzen im Alter zu schützen.“ Zunächst heißt es für die Teilnehmer wieder auf der Stelle marschieren, ehe dabei die Hände an die Schultern gelegt werden sollen. Dann werden die Arme nach vorne ausgestreckt, wieder zurück zu den Schultern geführt, nach oben aus getreckt und wieder zurück zu den Schultern. Diese Übung wird mehrmals wiederholt, bevor sich die Teilnehmer auf ein Bein stellen müssen und dabei das andere Bein nach vorne, nach hinten und zur Seite bewegen.
Durch Teilnahme an der Herzsportgruppe soll sich die Herzleistung verbessern
Nun fordert Brüggemann seine Truppe auf, sich Hanteln zu holen. Es geht nämlich ins Kraft-Ausdauertraining. „Damit kräftigen wir die Muskeln und verbessern gleichzeitig die Herzleistung“, so Brüggemann.
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Zunächst weist der Trainer dazu an, die Arme seitlich mit den Hanteln auszustrecken und den Arm leicht nach oben anzuheben. Danach werden die Arme gebeugt und vor der Brust zusammengeführt, „wie beim Butterfly“, so Brüggemann. Ein Teilnehmer ruft dem Trainer daraufhin zu: „Das brennt fürchterlich“ und lacht dabei. Späße dürfen bei der Trainingseinheit nicht fehlen, da sind sich Trainer und Teilnehmer einig. Doch noch kennt Brüggemann keine Gnade, das Training ist noch nicht vorbei. Er weist seine Gruppe wieder dazu an, die Arme seitlich auszustrecken. Diese Position müssen die Teilnehmer nun für einen kurzen Moment halten.
Erneut folgt eine Pause, bevor der Herzsportleiter erneut zu einem Herz-Kreislauf-Training übergeht. Für etwa acht Minuten müssen die Teilnehmer, während sie auf einer Stelle marschieren, erneut verschiedene Übungen ausführen. Zur Erholung und Regenerierung folgen dann wieder Dehnübungen. Zum Abschluss wir noch einmal für sechs Minuten das Herz-Kreislauf-System angeregt, während die Teilnehmer Runden durch die Halle laufen – oder schnell gehen. Am Ende findet Brüggemann lobende Worte für seine Gruppe: „Ihr habt heute super mitgemacht!“ Dafür gibt es auch prompt Applaus.
TV Bruckhausen sucht weitere Ärzte für Herzsport
Die Besonderheit beim Herzsport ist, dass bei jeder Trainingseinheit ein Arzt vor Ort ist, denn: Bei den Teilnehmern handelt es sich um eine Risikogruppe. „Insbesondere bei körperlicher Anstrengung und Hitze besteht immer ein Risiko, dass es zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen kann. Das ist hier schließlich kein Opa-Sport“, so Aliya Zoldin. Die Hausärztin aus Dinslaken ist eine von fünf Ärzten, die ehrenamtlich an der Herzsportgruppe des TV Bruckhausen teilnehmen. Auf eine Notsituation seien die Ärzte aber bestens vorbereitet. „Wir haben immer einen Notfallkoffer vor Ort, genauso wie einen Defibrillator. Bisher ist aber noch nie etwas passiert“, betont Zoldin.
Christoph Brüggemann hat zwar noch genug Ärzte, um den Herzsport jede Woche Donnerstag von 19.45 bis 21.15 Uhr anzubieten. „Dennoch bin ich auf der Suche nach weiteren Ärzten, die uns unterstützen können und unsere anderen Mediziner etwas entlasten“, so der Herzsportleiter.
Während des gesamten Trainings ist ein Arzt oder eine Ärztin mit dabei, die in Notfällen sofort eingreifen kann. „Das gibt mir auch Sicherheit, falls doch mal etwas passieren sollte“, so Adam Pilch. Durch die Herzsportgruppe gab es für den 45-Jährigen übrigens auch ein besonderes Wiedersehen mit einem alten Bekannten. Vor fünf Jahren ist nämlich Klaus Hebel nach seinem Herzinfarkt, den er vor dem Vatikan auf dem Petersplatz hatte, ebenfalls Mitglied der Gruppe geworden. Der 81-Jährige ist der ehemalige Ausbilder von Pilch. „Hier haben wir und wiedergetroffen. Die Krankheit hat uns quasi wieder zusammengeführt“, sagt Hebel und lacht dabei.