Essen. Rot-Weiss Essen kann durchatmen, der Start in der 3. Liga ist geglückt. Warum? Eine Datenanalyse: Wieso RWE stärker ist als in der Vorsaison.
Nein, eine so entspannte Länderspielpause hat Christoph Dabrowski noch nicht gehabt, seit er Trainer bei Rot-Weiss Essen ist. Platz acht mit acht Punkten nach fünf Partien, und auch bei den Unentschieden und der einen Niederlage war RWE keinesfalls unterlegen – kein Vergleich zur Vorsaison. Gemeinsam mit dem Daten-Experten von „Createfootball“ haben wir fünf Gründe herausgearbeitet, weshalb die Essener deutlich verbessert in diese Saison gestartet sind.
Rot-Weiss Essen: Grund eins: die Transfers
Die Transferstrategie geht bislang auf. Niemand denkt mehr an die Abgänge, die Neuen füllen ihre zugedachten Rollen aus – allen voran Vinko Sapina. Der schlaksige Techniker orchestriert das Spiel, ist der Boss im Mittelfeld und der Mann für die klugen Pässe. Netter Nebeneffekt: Durch die Verpflichtung hat RWE den SC Verl geschwächt, einen Konkurrenten in der Dritten Liga.
Auch Lucas Brumme und Moussa Doumbouya sind gesetzt. Erstgenannter kommt auf einer für ihn ungewohnten Position zum Einsatz, hinten links. Aber Brumme macht das gut – kein Vergleich zur Außenverteidigung der Vorsaison. Marvin Obuz ist ebenfalls ein Upgrade zu Abgängen wie Lawrence Ennali.
Die Zugänge Ekin Celebi (23) und Aaron Manu (23) drängen nach ihren Verletzungen langsam aber sicher ins Team und sind noch entwicklungsfähig. Perspektive, das ist ein Faktor, der im 22/23er-Kader völlig fehlte.
Rot-Weiss Essen: Grund zwei: die Flexibilität
Fünf Liga-Spiele, vier verschiedene Startaufstellungen: Christoph Dabrowski ist flexibler als in der Vorsaison. Er stellt sein Team auf den Gegner ein, gegen Münster ist der Matchplan beispielsweise perfekt aufgegangen. Mehrfach hat er zudem schon zwischen der 60. und 70. Minuten die ersten Wechsel vorgenommen – in der abgelaufenen Saison war eine Kritik, dass er zu spät wechselt.
Viele Spieler, auch die neuen, sind variabel. Felix Götze sprang nach der Verletzung von Felix Bastians in der Innenverteidigung ein und findet immer mehr zu seiner Normalform.
Das alles hat zur Folge, dass Dabrowski gelöster, entspannter wirkt. In der Öffentlichkeit präsentiert er sich ganz anders – man erinnere sich an die steifen und unnahbaren Auftritte während des Fehlstarts 22/23. Der 45-Jährige ist jetzt an der Hafenstraße angekommen, er ist mutiger und lässt mutiger spielen. Mit guten Ergebnissen im Rücken ist eben alles entspannter.
Rot-Weiss Essen: Grund drei: die Chemie
Wer Spieler und Trainer in dieser Saison beobachtet, dem ist längst aufgefallen: In der Mannschaft scheint es zu stimmen. Das war nicht immer so. Schon im Juli-Trainingslager hat die Truppe einen verschworenen Eindruck hinterlassen. Nach dem späten, hochemotionalen Sieg gegen Preußen Münster fiel einiges ab, so ausgelassen hatte man die Essener seit Monaten nicht mehr gesehen. Christoph Dabrowski tanzte im Spielerkreis. Weniger Stinkstiefel in der Kabine, bessere Chemie: Das zahlt sich aus.
Lesen Sie hier: 2:0 – RWE klettert nach oben.
Rot-Weiss Essen: Grund vier: die Defensive
Rot-Weiss Essen hat die wenigsten Gegentore aller Drittligisten kassiert, nämlich fünf. Zudem hat sich die Zweikampfeffizienz gesteigert: RWE geht seltener in direkte Duelle, gewinnt sie aber häufiger. Das Abwehrzentrum steht deutlich geschlossener, dadurch wird der Gegner auf die Außen geleitet und muss Flanken schlagen. Die gehen oft ins Nichts, da die Innenverteidigung besser sortiert ist.
Zu einer funktionierenden Defensive gehört auch der Torwart, und dass Jakob Golz ein klasse Rückhalt ist, ist nichts Neues. Seine starken Werte bestätigt er in der laufenden Saison: Er pariert die meisten Schüsse aller Drittligakeeper – 86 Prozent. Und er verhindert starke 0.47 „expected Goals (xG)“ – hier wird berechnet, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Torschuss zum Treffer führt –, das ist der viertbeste Wert der Liga.
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Rot-Weiss Essen: Grund fünf: Pressing und Spielaufbau
RWE lässt den Gegner mehr kommen, greift ihn erst später an als in der Vorsaison – die Defensive steht tiefer und ist dadurch besser sortiert. Gleichzeitig ist das Gegenpressing nach Ballverlust deutlich intensiver gefordert. RWE hat die drittmeisten Drittliga-Balleroberungen im letzten Drittel des Spielfelds.
Ist RWE hingegen in Ballbesitz, geht es die Elf ruhiger an. Der Fokus lag in den ersten Spielen auf der Sicherung des Ballbesitzes. Weniger lange Bälle, weniger Vertikalität, dadurch weniger Ballverluste: Der Plan ist bislang aufgegangen. Zudem ist die Passsicherheit hoch, was auch an Vinko Sapina liegt. 84 Prozent aller Pässe kamen beim Mitspieler an.
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Fazit: Eine ruhigere Saison spielen, etablieren, auf einen einstelligen Tabellenplatz schielen: Dieses Saisonziel hat Vorstandschef Marcus Uhlig auf der „Kleinen JHV“ an diesem Dienstag noch einmal bekräftigt. Bestätigen sich die ersten Eindrücke, ist Rot-Weiss Essen auf einem guten Weg dahin.