Essen. Finanzen von Rot-Weiss Essen sind das Thema der „Kleinen JHV“. RWE hat strikte DFB-Auflagen zu erfüllen – aber Experte Schäfer ist zuversichtlich
Als die Mitglieder von Rot-Weiss Essen kurz vor Mitternacht den Assindia-Businessbereich verließen, war aus der „kleinen JHV“ ein ziemlich großes Zahlenspiel geworden. Es rauchte der Kopf nicht vor lauter Spielszenen, sondern von Erklärungen einer nicht so einfachen Bilanz. Aber: Fast alle gingen schlauer nach Hause als sie gekommen waren und auch entschieden beruhigter.
RWE-Talk zur kleinen JHV: Finanzen, Transparenz, Zukunft - so steht es um Rot-Weiss Essen
Erste Erkenntnis: Aufsichtsratsmitglied Hans-Henning Schäfer sollte bei keiner folgenden JHV mehr fehlen - Urlaub gestrichen! Der versierte Wirtschaftsprüfer ging mit den Anwesenden Schritt für Schritt durch die Jahresbilanzen und konnte komplexe Sachverhalte einfach und plausibel darstellen. Am Ende musste das Fazit seiner „Schüler“ lauten: Keine Angst vor großen Zahlen.
Peljhan gibt Rot-Weiss Essen ein Darlehen mit „qualitativem Rangrücktritt“
Die drei Millionen Euro Darlehen, die der jetzige Finanzvorstand Sascha Peljhan 2019 dem Verein für die „Mission Aufstieg“ zur Verfügung stellte und die bis heute wie ein Damoklesschwert über der Hafenstraße hingen, sie konnten in ihrer bedrohlichen Bedeutung entkräftet werden. Das Zauberwort, das Schäfer hier präsentieren konnte, lautete „qualitativer Rangrücktritt“, bei günstigen, nicht belastenden Tilgungskonditionen. Will sagen: Bevor Peljhan mit großen Rückforderungen an den Verein herantritt, werden in Zukunft erst einmal alle anderen Gläubiger befriedigt - was der „Gönner“ und RWE-Fan ja sowieso nicht vor hat.
Darlehens-Modalitäten wurden transparent dargestellt
Peljhan selbst, ein medienscheuer Unternehmer und Groß-Immobilienbesitzer, ging zum ersten Mal offensiv ans Rednerpult, was ihm anfangs sichtlich schwer fiel. Aber er war Übermittler eines wichtigen neuen Anspruchs des Klubs, der sich Transparenz und bessere Kommunikation auf die Fahnen geschrieben hat.
Zum ersten Mal wohl in der Vereinsgeschichte wurden frank und frei mittels Folien Einblicke gewährt in die Rückzahlungs-Modalitäten der Darlehen, sowohl die von Peljhan als auch die 1,9 Millionen Euro des „anonymen“ Spenders, der vielen gar nicht mehr so anonym ist, für die Erneuerung des Trainingsgeländes. Konditionen, mit denen der Verein auch bei einem Aufstieg in die Zweite Liga komfortabel leben könnte.
Nachdem alle Altlasten von Schäfer, bezüglich der Kostensteigerungen in diversen Bereichen, aufgearbeitet und näher erläutert waren, konnte man sich der Gegenwart und nahen Zukunft zuwenden. Die sieht durchaus erfreulich aus, auch wenn noch einmal erwähnt wurde, dass Sascha Peljhan genau fünf Wochen, nachdem er sich von der Buchhaltung ein Bild gemacht hatte, Zeit hatte, alle erforderlichen Unterlagen für die laufende Saison fristgerecht beim DFB einzureichen, was letztlich auch gelungen sei.
Brennpunkte bei Rot-Weiss Essen
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Allerdings gab es aus Frankfurt strikte Auflagen: Man erwarte von RWE in der abschließenden Jahresbilanz ein positives Ergebnis, bei Verfehlungen greift der DFB durch: Bei 500.000 Euro „Miesen“ gibt es einen Punkt Abzug, bei einer Million Euro zwei Punkte. Sportliche Vorgaben, die vom Verein höchste Disziplin erfordern, wie Wirtschafts-Experte Schäfer noch einmal unterstrich: „Um es ganz klar zu sagen: Die drei Millionen Euro sind weg, wir müssen mit den operativen Erträgen klar kommen und hier eine Steigerung erzielen.“ Zumal die Liquidität noch „ganz ordentlich“ sei, aber nicht mehr üppig ausfalle. Eine Mammutaufgabe für den neuen Vertriebsvorstand Alexander Rang.
RWE-Aufsichtsratschef Andre Helf hatte schweren Stand
Einen schweren Stand an diesem langen Abend hatte Aufsichtsratschef Andre Helf, der explizit den Mitgliedern erläuterte, was die Aufgaben des Aufsichtsrates seien - und was eben nicht. Weil der Eindruck entstanden sei, „man habe hier etwas verpennt“. Der Aufsichtsrat, so Helf, sitze nicht in der Buchhaltung, sondern sei auf die Zahlen angewiesen, die ihm der Vorstand darlegt. Wenn er sich etwas vorzuwerfen habe, so Helf, sei es die Tatsache, Marcus Uhlig nicht früher entlastet zu haben. Er habe Uhlig des öfteren darauf angesprochen, allerdings sei dieser nicht begeistert gewesen. Helf: „Mein größter Fehler.“
Den größten Versprecher lieferte er in diesem Zusammenhang gleich mit: Statt „nicht früher entlastet“ sprach er stattdessen von „entlassen“ - was für Heiterkeit im Saal sorgte. Es war ja auch anstrengend genug.
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