Dortmund. BVB-Kapitän Emre Can manövriert seinen Klub selbst in eine Mentalitätsdebatte. Antworten hierfür zu finden sind jedoch schwierig.
Fast fünf Jahre liegt es nun schon zurück, als Marco Reus, damals Kapitän, ins TV-Mikrofon schrie, dass er die Fragerei nach der „Mentalitätsscheiße“ nicht mehr hören könne. Das Wort Mentalität landete bei Borussia Dortmund anschließend lange auf dem Index, obwohl im Hintergrund oftmals eingeräumt wurde, dass die Frage nach der Einstellung, nach der Willenskraft eine sei, die man sich intern stelle.
Seitdem ist der Kader mehrfach umgebaut worden, auch Reus spielt mittlerweile in den USA, hat dort die ersehnte erste Meisterschaft gewonnen. Fragen nach der Mentalität kriegt er dort nicht gestellt, beim BVB aber hat sein Kapitänsnachfolger Emre Can die verrufene Mentalitätsfrage nach dem enttäuschende 1:1 gegen die TSG Hoffenheim nun selbst hervorgekramt. Er habe das Gefühl, kritisierte Can, dass zu viele seiner Mitspieler mit sich selbst beschäftig seien. „Mentalität kriegt man nur als Mannschaft zusammen, wenn alle elf Spieler auf dem Platz das gleiche denken und alle sich nicht zu wichtig nehmen. Diesen Eindruck habe ich ehrlich gesagt nicht gehabt.“ Wenn dies so bleibe, „dann können wir keinen erfolgreichen Fußball spielen“.
BVB-Rückstand auf Rang vier beträgt fünf Punkte
Huch. Plötzlich ist der Klub, der sich nach Begeisterung sehnt, wieder in eine Mentalitätsdebatte gestolpert. Die Borussen stehen in der engen Bundesliga-Tabelle nur auf Rang acht, auf die Champions-League-Ränge klafft bereits eine Fünf-Punkte-Lücke.
Und das Problem mit der Mentalität ist, dass sie sich objektiv kaum messen lässt. Es gibt Parameter wie die Laufleistung oder die gewonnenen Zweikämpfe, wobei diese Statistiken ohne den Kontext wenig Aussagekraft besitzen. Denn wer sich taktisch klug verhält, muss weniger rennen. Und natürlich werden Spiele oft vor allem anhand des Ergebnisses bewertet. Hätte der BVB am Sonntagabend nicht noch spät den Ausgleich kassiert, dann wäre die Leistung dieselbe gewesen, das Urteil aber ein anderes.
Am Sonntag spielt der BVB beim VfL Wolfsburg
BVB-Trainer Sahin hat im Oktober gesagt, dass man, um auf dem Niveau von Borussia Dortmund mithalten zu können, keine schlechte Mentalität haben könne. Das mag sein, trotzdem belasten den Klub seit Jahren extreme Schwankungen. Die Erklärung hierfür lässt sich auch darin finden, dass die schwarz-gelbe Elf Probleme im eigenen Ballbesitz hat, dass ihr weiterhin automatische Abläufe fehlen, auf die sich in Krisensituationen verlassen kann. In Ansätze zeigen sich hier Verbesserungen. In Ansätzen.
Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) folgt das Auswärtsspiel beim VfL Wolfsburg. Es geht darum, die Zweifel nicht anwachsen zu lassen. Denn wenn die Ergebnisse dauerhaft nicht stimmen, dann fehlt am Ende nicht Mentalität, sondern, viel schlimmer: Qualität.
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