Dortmund. Der BVB steht nur auf Rang acht. Weil der Ex-Dortmunder Jacob Bruun Larsen ein Tor erzielte, das in ihm ein Gefühlschaos auslöste.
Eine dicke Jacke wärmte Jacob Bruun Larsen, die Stollenschuhe hatte er noch gar nicht ausgezogen, weswegen er bedächtig über den feuchten Asphaltboden unter der Dortmunder Osttribüne ging, ehe er die wartende Medienansammlung erreichte. „Ich möchte nicht ausrutschen“, sagte der 26-Jährige, fasste sich an die lockigen Haare und verriet, dass sich das alles „ein bisschen komisch“ anfühle. „Jeder, der mich kennt, weiß, was dieser Verein für mich bedeutet. Sie haben an mich geglaubt, mir einen Profivertrag gegeben, als ich im Krankenhaus war. Das sind die Bilder, die jetzt hochkommen.“
Mit „diesem Verein“ meinte Bruun Larsen seinen Ex-Klub Borussia Dortmund, bei dem der Stürmer bis 2020 unter Vertrag gestanden hatte, anschließend zur TSG Hoffenheim gewechselt war, und in genau dem Trikot hatte er den BVB nun beim 1:1 (0:0) am Sonntagabend ins Unglück gestürzt.
BVB-Trainer Nuri Sahin: „Ich bin sehr, sehr sauer“
Lange hatten die Schwarz-Gelben durch ein Tor von Giovanni Reyna (46.) geführt, dann musste Rechtsverteidiger Yan Couto verletzt raus, dann kam U23-Verteidiger Yannik Lührs, dann entwischte Jacob Bruun Larsen nach einem Einwurf dem gerade eingewechselten Lührs und traf in der 91. Minute aus fünf Metern zum Ausgleich. Ein später Schock für die Schwarz-Gelben und ein Rückschlag im Kampf um die Champion-League-Ränge; in der engen Bundesliga-Tabelle stehen die Dortmunder nur auf Rang acht. Viel, viel zu wenig.
Die Gründe? „Es war vielleicht die schwächste Leistung in dieser Saison. Wir hatten keine gute Energie auf dem Platz. Und ich bin sehr, sehr sauer und enttäuscht, dass wir das nicht bis zum Ende verteidigt haben“, schimpfte Trainer Nuri Sahin. Auch Nico Schlotterbeck, der überraschend von Beginn an auf dem Platz gestanden hatte, obwohl dessen rechter Fuß bei der 2:3-Niederlage gegen den FC Barcelona so übel umgeknickt war, dass er ins Krankenhaus gebracht werden musste, meckerte über den Auftritt seiner Elf.
BVB-Verteidiger Nico Schlotterbeck schimpft: „Das ist Wahnsinn“
„Wir hatten unfassbar viele Ballverluste, wir hatten keine Klarheit im Spiel. Das ist Wahnsinn, unerklärlich“, sagte Schlotterbeck. „Wir haben das schon in der Halbzeit angesprochen, da wurde es etwas lauter. Aber es wurde nicht besser. Ich erwarte, dass die Mannschaft über 90 Minuten an ihre Grenzen geht. Das war mir von der ganzen Mannschaft zu wenig, ich nehme mich da auch selbst mit rein.“
Und so bleibt die BVB-Saison eine mit Höhen und Tiefen. Es fehlt an Konstanz, an Reife, und es brechen immer wieder wichtige Säulen weg. Am Sonntag musste Nuri Sahin in der Defensive auf Julian Ryerson, Niklas Süle und Waldemar Anton verzichten, auch Spielgestalter Julian Brandt fehlte. „Aber das darf einfach keine Ausrede sein“, stellte der Trainer klar. „Man muss in einem Heimspiel den Ball laufen lassen, die Energie mit Torchancen und guten Aktion herbeiführen.“
BVB-Rückkehr von Karim Adeyemi, Giovanni Reyna trifft
Doch obwohl der BVB 60 Prozent Ballbesitz hatte, fehlte es an Überraschendem, an Überzeugung. Zweikämpfe gingen verloren, Pässen rollten zum Gegner. Und der Elfmeter, den die Borussen in der 31. Minute zunächst zugesprochen bekamen, war nur zustande gekommen, weil Stürmer Serhou Guirassy viel zu einfach gefallen war. Schiedsrichter Harm Osmers nahm die Entscheidung, nachdem er sich die Szene auf dem Bildschirm angeschaut hatte, wieder zurück.
Etwas Auftrieb gab die Rückkehr des lange verletzten Karim Adeyemi in der Halbzeitpause. Bereits in der 46. Minute flankte Jamie Gittens den Ball von der linken Seite in Hoffenheims Sechzehnmeterraum, Giovanni Reyna ließ den Abpraller von seiner Brust abtropfen, es folgte ein Schuss in den rechten Winkel. Ein Hingucker, der aber nicht zum Sieg reichen sollte. Weil Adeyemi zwar zweimal ansehnlich seinen Gegenspielern davon sprintete, aber das Tor nicht traf. Und weil die Gäste nicht aufgaben. In der 54. Minute wurde Jacon Bruun Larsen eingewechselt, in der Nachspielzeit erzielte er das Tor, das in ihm ein Gefühlschaos auslöste.
„Da darf uns nicht passieren“, meinte Sportdirektor Sebastian Kehl und ergänzte: „Wir laufen punktetechnisch unserem Anspruch hinterher.“ Eine BVB-Aufgabe folgt in diesem Jahr noch. Am kommenden Sonntag geht es zum VfL Wolfsburg.