Wesel. Der letzte Wettkampf auf der Weseler Minigolfanlage endet mit einem Erfolg für die Gastgeber: Die Seniorenmannschaft ist Westdeutscher Meister.

Die Stimmung auf dem Platz ist ausgelassen. Noch. Innerhalb der nächsten 24 Stunden aber wird die Anspannung steigen, wird sich die Nervosität langsam auf den Gesichtern der Spielerinnen und Spieler abzeichnen. Bevor allerdings der Startschuss zu den Westdeutschen Meisterschaften fällt, nehmen sich die Gastgeber vom 1. MSC Wesel etwas Zeit für ein Gespräch über ihren Lieblingssport: Minigolf. Und stellen eines direkt zu Beginn klar: „Wir wollen gewinnen.“

Okay, hier stehen Männer, die es ernst meinen. Für die Minigolf mehr ist als eine Freizeitbeschäftigung am Wochenende. Dabei hat bei den meisten von ihnen alles ganz klassisch begonnen. „Mit 15 oder 16 Jahren hatten meine Freunde und ich so eine Phase, in der wir abends vorm Weggehen immer noch eine Runde Minigolf gespielt haben“, erzählt Marco Bettger, heute Geschäftsführer vom 1. MSC Wesel. Irgendwann habe ihn ein Mitglied angesprochen, wieso er nicht dem Verein beitrete. Immerhin könne er dann kostenlos hier spielen. Keine schlechte Idee. Spätestens nach dem ersten Turnier war er „angefixt“.

„Wichtig ist aufm Platz“

Auch die anderen Kollegen aus der Herrenmannschaft wussten lange nicht, dass es beim Minigolf überhaupt Vereine gibt. Bis sie irgendwann „komische Typen mit Taschen voller Bälle“ trafen, wie Ralf Knippschild sagt. Er ist mit 59 Jahren der „Stammesälteste“. Und mittlerweile selbst so ein Typ mit hunderten von Bällen, für jede Bahn und jedes Wetter genau den richtigen. Wirklich vorstellen kann sich der Laie jedoch nicht, wieso es so viele Bälle sein müssen… Deshalb geht’s jetzt direkt mal von der Theorie zur Praxis. „Wichtig ist aufm Platz“, betont Knippschild. „Fünf Euro fürs Phrasenschwein“, rufen die anderen.

Bahn eins. Sieht doch eigentlich ganz einfach aus. Eine gerade Betonstrecke, keine Hindernisse. Knippschild legt sich „einen schnellen Ball“ zurecht. Wobei, wieso denn nicht mittig, sondern eher rechts oben auf den umliegenden Kreis? „Das ist der Punkt, von dem aus das Ziel am wahrscheinlichsten erreicht wird“, erklärt Bettger, während sich sein Kollege für den Abschlag bereit macht. „Deswegen trainiert man auch an jeder Bahn hunderte Male, bis jeder Schlag sitzt.“ Knippschild steht breitbeinig, hält seinen Schläger locker in den Händen und holt aus. Oh oh, rufen die anderen.

Trainieren kurz vor dem Wettkampf

Der Ball saust über die Bahn, trifft erst die eine und dann die andere Innenwand, kullert schließlich ins Loch. „Das war jetzt aber ein Glücksball“, neckt Bettger seinen Kollegen. Wieso, war doch drin? Noch besser aber seien vier bis fünf Banden, klärt der Experte auf. Dadurch hat der Ball nicht mehr ein so hohes Tempo und landet mit höherer Wahrscheinlichkeit im Loch. „Je mehr Banden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, ein Ass zu machen.“ Also nur einen einzigen Schlag zu brauchen. Damit möglichst viele Asse klappen, gibt’s den Trainingstag vor jedem Wettkampf.

Wo muss der Ball hin, damit er mit größter Wahrscheinlichkeit im Loch landet?
Wo muss der Ball hin, damit er mit größter Wahrscheinlichkeit im Loch landet? © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Denn, das erklärt Bettger, während die Gruppe schon langsam weiter schlendert: „Die Bahnen verändern sich, gerade hier in der Nähe des Rheines.“ Und weil die kleinsten Unebenheiten verhängnisvolle Folgen haben können, testen die Spielerinnen und Spieler vorab jede einzelne Bahn. Wobei noch etwas anderes wichtig ist, wie er betont: „Jetzt ist es relativ windstill, die Luftfeuchtigkeit ist nicht so hoch und es sind gute 25 Grad.“ Morgen aber kann das schon wieder ganz anders aussehen, dann braucht es vielleicht einen ganz anderen Ball als heute. Oder der Ball muss gerubbelt, auf Temperatur gebracht werden.

18 Bahnen in 20 Schlägen

Gut, so langsam lichtet sich der Nebel im Kopf des Laiens. Und damit er noch direkt etwas klarer sieht, übergeben ihm die Profis das Schlägerzepter. „Das ist die leichteste Bahn, die muss man einfach mitnehmen!“, sagt Knippschild. Und gibt dankenswerterweise noch ein paar Tipps mit: „Immer in die Richtung stellen, in die der Ball rollen soll.“ In diesem Fall das linke Bein etwas nach vorne setzen, damit der Ball geschmeidig eine Linkskurve nimmt, vorbei an zwei Steinen, und locker im Loch landet. So die Theorie. In der Praxis ist es dann doch etwas schwieriger als gedacht…

Dass Minigolf immer noch unterschätzt wird, wissen die Männer. Dabei ist so ein Wettkampfstag richtig anstrengend. Vier Runden muss jeder Spieler und jede Spielerin absolvieren, dazwischen haben alle jeweils eine Stunde Pause. „Das Schwierige ist, die Konzentration so hochzuhalten“, sagt Oliver Rathjens. Er hält aktuell den Rekord auf der Anlage, hat die 18 Bahnen in gerade einmal 20 Schlägen geschafft. Umso wehmütiger sind er und seine Kollegen, dass die Anlage bald geschlossen und in 600 Meter Luftlinie neu aufgebaut wird. Viel haben sie hier schon erlebt, nun also noch einmal die Westdeutschen Meisterschaften.

Weseler sind Westdeutsche Meister

Der Abschied fällt gut gelaunt aus. Die Nervosität komme erst am nächsten Tag vor dem allerersten Schlag, haben die Spieler noch schnell verraten. Ob’s am Ende geklappt hat? Ein kurzer Anruf nach dem Wettkampf bringt Klarheit. Das Weseler Kind ist am Apparat – Bettger, der 38 Jahre lang auf dem Weseler Minigolfplatz gespielt hat. Und die Freude ist direkt rauszuhören: „Wir haben gewonnen und das nicht mal knapp, weil wir immer besser gespielt haben.“ Damit darf sich die Weseler Seniorenmannschaft nun Westdeutscher Meister nennen.

So sieht ein Sieger aus! Marco Bettger schafft beim allerletzten Turnierschlag auf der Weseler Minigolfanlage ein Ass und holt damit den Westdeutschen Meistertitel.
So sieht ein Sieger aus! Marco Bettger schafft beim allerletzten Turnierschlag auf der Weseler Minigolfanlage ein Ass und holt damit den Westdeutschen Meistertitel. © MSC WEsel

Doch erst am zweiten Tag wurde es richtig emotional, verrät Bettger. Bis zuletzt lag er knapp vor Thomas Barke, der bei seinem Debüt für die Weseler Mannschaft „hervorragend“ gespielt hatte. Dann die 18. Bahn, noch einmal volle Konzentration. Bettger war als bestplatzierter Einzelspieler in seiner Kategorie als Letzter dran, holte damit beim letzten Turnier auf der Anlage zum letzten Schlag aus. Mit Erfolg. Er ist Westdeutscher Meister, der krönende Abschluss auf dem Weseler Minigolfplatz: „Besser geht’s nicht.“

>>> Mitmachen und gewinnen

Einige Minigolfplätze haben wir in unserer Serie bereits vorgestellt – darunter Klassiker für Familien, Bahnen für Weltmeister oder Anlagen für Abenteuerlustige. Alle Artikel können Sie online nachlesen unter www.nrz.de/minigolf

Wenn Sie Lust bekommen haben und selbst mal den Schläger schwingen möchten, dann schicken Sie uns Fotos von Ihren Aktionen auf dem Platz. Die schönsten Bilder veröffentlichen wir, es gibt auch etwas zu gewinnen… Einsendungen bis Ende September an: niederrhein@nrz.de