Niederlande. DB streicht ihren ICE von der Niederlande in die Schweiz. Dafür soll es von Holland nach Bayern gehen. Im Nahverkehr drohen neue Probleme.

Er ist so etwas wie der Enkel des legendären Rheingold-Expresses, des einst luxuriösesten Zuges auf den Schienen beiderseits der Grenze, der zwischen 1928 und 1987 Geschichte schrieb: Der ICE 104/105 ist, abgesehen von einem Nachtexpress, der einzige Zug, der die Niederlande direkt mit Schweiz verbindet. Noch. Ab Mitte Juli ist damit Schluss.

Offizielle Begründung: Die Generalsanierung der Strecke zwischen Frankfurt und Mannheim, dafür muss der Fahrplan ausgedünnt werden. Doch auch wenn die Bauarbeiten Mitte Dezember planmäßig beendet sind, wird der Fernzug so nicht mehr auf die Schiene zurückkehren: Der ICE soll stattdessen Amsterdam und München miteinander verbinden.

Basel oder Bayern – Hauptsache Süden

Gewiss auch ein attraktives Reiseziel, aber vielleicht doch nur so etwas wie die zweitbeste Lösung, da die Schweizer die oft verspäteten Züge aus dem nördlichen Nachbarland gar nicht mehr über die Grenze lassen: Die bringen nur das Uhrwerk des Schweizer Taktverkehrs durcheinander.

So schön waren die 60er: Wer einen Wochenlohn übrig hatte, konnte mit dem neuen Rheingold-Express der Bundesbahn im Aussichtswagen von Amsterdam nach Basel fahren.
So schön waren die 60er: Wer einen Wochenlohn übrig hatte, konnte mit dem neuen Rheingold-Express der Bundesbahn im Aussichtswagen von Amsterdam nach Basel fahren. © picture-alliance / Fritz Fischer | Fritz Fischer

Doch womöglich springt ein privater Zuganbieter in die Lücke: GoVolta heißt das frisch gegründete Unternehmen, das tägliche Züge von Amsterdam nach Paris, Berlin und Basel fahren will und sich derzeit um die Zulassung als Bahnunternehmen bemüht.

Hinter GoVolta steckt das Reiseunternehmen „Flywise“ aus Breda, das es sympathischerweise wohl auch für weise hält, statt des Fliegers ab und an den Zug zu nehmen. Bislang hat es unter dem Namen „Green City Trip“ seit 2021 Städtereisen mit Nachtzügen vermarktet. Mit der Idee, über Nacht per Zug beispielsweise nach Prag, Kopenhagen, Göteborg, Wien, Salzburg, Venedig, Florenz oder Mailand zu reisen.

Auch Flixtrain möchte seine Züge in die Niederlande rollen lassen. Möglichst ab Ende 2025. Bisher hatte das Unternehmen mit Auslandstouren wenig Fortune. Gerade hat man sich aus Schweden wieder zurückgezogen.
Auch Flixtrain möchte seine Züge in die Niederlande rollen lassen. Möglichst ab Ende 2025. Bisher hatte das Unternehmen mit Auslandstouren wenig Fortune. Gerade hat man sich aus Schweden wieder zurückgezogen. © dpa | Soeren Stache

Weil die Nachfrage wohl zu wünschen übrig ließ, will man es jetzt, ähnlich wie Flixtrain in Deutschland, mit Tageszügen probieren, die ab Ende 2025 rollen sollen. Der Zug von Amsterdam nach Basel soll nach den bisherigen Plänen dreimal pro Woche fahren und Amsterdam um 7.32 Uhr verlassen und Basel um 17.52 Uhr erreichen.

Mit zehn Stunden Reisezeit ist er deutlich langsamer als der ICE, der die Strecke fahrplanmäßig in gut sechseinhalb Stunden schafft. GoVolta will allerdings nicht über Arnheim und Oberhausen rollen, sondern den Weg nach Köln über Venlo nehmen. Auch in Kaldenkirchen ist ein Stopp geplant.

GoVolta plant ein wenig wie Flixtrain – auch preislich

Die Züge nach Berlin nehmen die Route über Bad Bentheim und Osnabrück, so wie es auch die ICs der DB tun. Als Endstation in Berlin ist übrigens der Flughafen Berlin-Brandenburg geplant. Tickets, so heißt es, sollen rund 50 Euro kosten, als Schnäppchen soll es auch Fahrten für zehn Euro geben.

Auch darin wäre das Angebot etwa mit dem von Flixtrain zu vergleichen. Die übrigens gewissermaßen auf dem Gegengleis unterwegs sind: Das Unternehmen will von Deutschland aus den Sprung über die Grenze nach Amsterdam via Oberhausen und Arnheim antreten. Zudem erwägt eine Tochter der italienischen Staatsbahn den ICEs zwischen Frankfurt und Amsterdam Konkurrenz zu machen.

Für Tickets soll dermaleinst die Homepage der „Green City Trips“ wiederbelebt werden. GoVolta will nach Unternehmensangaben zudem eng mit Reiseunternehmen wie TUI und mit niederländischen Supermarktketten zusammenarbeiten.

Pläne also gibt es reichlich, vor allem im Fernverkehr. Wie viel sich davon in die Wirklichkeit umsetzen lässt, hängt von der Finanzkraft der jeweiligen Unternehmen und den Kapazitäten auf der Schiene ab. Ab November 2024 ist für rund anderthalb Jahre eine Generalsanierung und forcierter Ausbau der Betuwelinie zwischen Oberhausen und Landesgrenze geplant.

Dann werden vermutlich nur zeitweise einige wenige Regionalzüge phasenweise eine Art Notverkehr sicherstellen. Nach den Erfahrungen mit den Sperrpausen der letzten Jahre ist davon auszugehen, dass Güterzüge und ICEs über Bad Bentheim oder Venlo/Kaldenkirchen umgeleitet werden.

Wackelkandidat: Der RE13 von Düsseldorf nach Venlo kämpft schon heute oft mit Personalmangel. Jetzt hat InfraGo, die Netztochter der Bahn, die Strecke über die Grenze als überlastet erklärt.
Wackelkandidat: Der RE13 von Düsseldorf nach Venlo kämpft schon heute oft mit Personalmangel. Jetzt hat InfraGo, die Netztochter der Bahn, die Strecke über die Grenze als überlastet erklärt. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Vorsorglich hat die Bahn bereits jetzt die Strecke Viersen-Kaldenkirchen für „überlastet“ erklärt. Bedeutet auch: Im Zweifel müssen Nahverkehrszüge schon mal durch Busse ersetzt werden, wenn der mehr Trassengebühr zahlende Güterverkehr die Strecke braucht. Bahnexperten fürchten bereits jetzt, dass der RE13 zwischen Mönchengladbach und Venlo während der (weitgehenden) Sperrung der Strecke Oberhausen-Arnheim dann ebenfalls entfällt.

Aussichten für den Nahverkehr eher ungewiss

Bahnkunden wissen: Schon jetzt kämpft Betreiber Eurobahn auf dieser Route mit erheblichen Personalmängeln und muss öfter Fahrten ausfallen lassen. Ab Ende 2026 soll dann alles besser werden: Der RE13 wird von der DB-Tochter „Start“ übernommen und soll bis Eindhoven verlängert werden.

Und wenn dann tatsächlich auch GoVolta dort Fernzüge von Amsterdam nach Basel fahren lässt, tritt es ebenfalls in historische Fußstapfen: Auch in Kaldenkirchen gab es einst Fernzüge rheinaufwärts bis Basel. Wobei: GoVolta will nur bis Basel Badischer Bahnhof fahren. Und der liegt noch in Deutschland.