Kevelaer. Auf dem Straußenhof in Kevelaer sind die ersten Küken des Jahres geschlüpft. Aber auch andere Tiere freuen sich über süßen Nachwuchs.
Jetzt klappt es, ganz bestimmt! Das Straußenküken reckt seinen langen Hals, streckt seine kurzen Flügel, und wagt dann einige, wackelige Schritte... bevor es auch schon wieder unsanft zu Boden plumpst. Macht aber nix! Wenigstens kann es sich sofort an seine vielen Geschwister kuscheln. Sie alle sind frisch geschlüpft, „vor zwei Tagen“, erklärt Clemens Jeuken, der bei dem ein oder anderen Küken etwas nachhelfen musste... Das kennt er aber schon, immerhin führt er seit über 30 Jahren seinen Straußenhof Jeuken.
„Mein Bruder und ich hatten früher schon Ziergeflügel“, erzählt Clemens Jeuken. Also Enten, Fasane, Pfaue... Doch als der Nachbar eines Kumpels von seinen Straußen erzählte, war sein Interesse sofort geweckt. Aber Strauße in Deutschland? Geht das überhaupt? „Seinerzeit war man sehr vorsichtig und skeptisch“, sagt er, „weil man dachte, dass sie Temperaturen von über 30 Grad bräuchten.“ Eine Fehlannahme, wie er mittlerweile weiß. „Selbst Küken können über gefrorenes Gras rennen, wenn sie sich danach wieder richtig aufwärmen.“
Strauße werden bis zu 70km/h schnell
Deshalb dürfen die Tiere auf seinem Hof immer ins Warme. Viel wichtiger aber ist sowieso etwas anderes, wie Clemens Jeuken betont: „Strauße brauchen reichlich Bewegung.“ Zugegeben, die Küken hier auf dem Boden sehen noch nicht danach aus... „Aber in zwei, drei Wochen wundert man sich, wie schnell sie schon werden.“ Und irgendwann, wenn sie groß sind, schaffen sie auch die 70km/h. Klar, ein Gepard ist mit 220 km/h wesentlich schneller... aber auch wesentlich schneller aus der Puste. „Strauße können das Tempo bis zu einer halben Stunde durchhalten.“
Die Straußenfarm am Niederrhein
Das ist in der freien Natur ihre entscheidende Überlebensstrategie. Und auch die Kleinen haben schon so ihre Tricks... Clemens Jeuken zeigt auf den flauschigen Berg aus rund 30 Küken. „In der Steppe würden sie von Weitem aussehen wie ein verdorrter Busch.“ Ganz schön geschickt! Vor gefräßigen Feinden müssen sie hier natürlich keine Angst haben, im Gegenteil, der 53-Jährige hilft ihnen manchmal sogar dabei, das Licht der Welt zu erblicken. Damals, vor 31 Jahren, begann alles mit drei Küken und einigen Eiern, die er und sein Bruder selbst ausgebrütet haben.
30 Straußenküken sind frisch geschlüpft
Mittlerweile leben rund 100 Strauße auf dem Hof, von denen Clemens Jeuken regelmäßig die Eier einsammelt, die er erst kühl lagert und dann in eine Brutmaschine legt. Zwischen Mai und Oktober schlüpfen so alle zwei Wochen rund 30 Küken, „wobei es zuletzt viel geregnet hat und dadurch sind es aktuell weniger Eier“, erklärt er. In der „Schlupfphase“, so der Fachbegriff, schaut er mehrmals am Tag nach den Eiern. Und dann hilft er eben auch schon mal mit, das Ei aufzubrechen... Er zeigt auf eine Schale, die er in seinem Hofladen verkauft.
Das fühlt sich ja fast an wie Porzellan! Clemens Jeuken nickt. „Die Schale ist bis zu anderthalb Millimeter dick“, sagt er. Und dazu sind die Eier wirklich riesig! „Ein Straußenei ist so viel wie 20 bis 25 Hühnereier.“ Tatsächlich schmeckt beides auch ähnlich, ganz im Gegensatz zum Fleisch. „Das ist dunkel und erinnert eher an Rind oder Wild“, erklärt er. Beides, Eier und Fleisch, bietet er regelmäßig in seinem Hofladen an. Wobei sein Hauptgeschäft die Aufzucht und der Verkauf der Küken ist. Denn tatsächlich, 2003 wurde sein Hobby zum Beruf.
Clemens Jeuken päppelt kleine Sorgentiere auf
Seitdem sorgt Clemens Jeuken dafür, dass sich seine Tiere auf dem Hof wohlfühlen – ganz ohne wüstenähnliche Temperaturen – damit sie rund 30 Eier im Jahr legen. Plötzlich fiept es leise aus einer geöffneten Truhe... „Da sind die Küken drin, denen es erst nicht so gut ging“, erklärt er, während er sich zu ihnen hinunterbeugt. Wobei, er schaut sich das aufgeweckte Tier genauer an, „du kannst jetzt zu deinen Geschwistern.“ Vorsichtig hebt er es hoch und setzt es dann auf dem Boden ab. Es steht, es wackelt, es fällt... aber weich.
Worin liegt aber nun die Faszination für Strauße? Clemens Jeuken überlegt kurz. „Das sind elegante Vögel“, antwortet er dann. „Wenn sie laufen, dann sieht das sehr ästhetisch und leichtfüßig aus.“ Nun gut, das muss er lachend zugeben, die Küken lassen davon noch wenig erahnen. Deshalb geht‘s nun raus aus dem Stall, rauf auf die Wiesen. Hinter einem hohen Zaun lugt schon der erste Straußenhahn hervor. „Der ist etwas nervös“, weiß der Experte. „Das erkennt man daran, dass er mit den Flügeln schlackert.“
Experte gibt Tipps für die Begegnung mit einem Strauß
Deshalb: Besser Abstand halten! Übrigens, noch ein Tipp für die Begegnung mit einem Strauß: „Immer nur von hinten oder seitlich kommen.“ Denn fühlt er sich bedroht, tritt er nach vorne. Und das kann mit seinen zwei Zehen, von denen eine mit einer beachtlichen Kralle ausgestattet ist, ziemlich weh tun... Bei Clemens Jeuken ist bislang immer alles glimpflich ausgegangen, aber auch, weil er mittlerweile die Tiere „lesen“ kann, wie er sagt. „Denen dort drüben beispielsweise“, er zeigt auf die Straußenhennen, „ist zu warm.“
Der Straußenhof Jeuken in Kevelaer
Der Straußenhof Jeuken befindet sich auf der Veerter Straße 2 in Kevelaer. Der Hofladen hat immer montags von 16 bis 19 Uhr und samstags von 10 bis 14 Uhr geöffnet. Speiseeier und Frischfleisch sollten Interessierte vorab reservieren.
Auf dem Hof leben übrigens noch mehr Tiere: Rinder und Hühner, aber auch Emus und Bennett-Kängurus. Bei den Kängurus schauen übrigens gerade die Kleinen aus den Beuteln ihrer Mütter...
Clemens Jeuken führt Gruppen oder Familien zwischen Mai und Oktober auf Anfrage über den Hof. Die Mindestgebühr liegt bei 35 Euro. Kontakt: 02832/5053207 oder per E-Mail an clemensjeuken@aol.com
Deshalb stellen die Tiere ihre Flügel auf, spreizen ihre Federn ab. „So kann die Luft besser zirkulieren“, weiß Clemens Jeuken. Dann ist es so weit, einer von ihnen läuft über die Wiese, längst nicht mehr so wacklig, wie noch die jungen Küken, sondern ganz elegant, wie eben ein stolzer Strauß. Doch nur wenige Meter weiter wird‘s noch einmal tierisch süß: Hier leben Bennett-Kängurus. Und bei denen schauen gerade erstmals die Kleinen aus den Beuteln ihrer Mütter...