An Rhein und Ruhr. Noch ist der Grundwasserspiegel am Niederrhein hoch genug. Warum die Trinkwasserversorgung im Sommer trotzdem problematisch werden könnte.

Nach einem heißen und trockenen Sommer 2023 bringt das deutsche Wetter seit vergangenem Herbst besonders eines mit sich: viel Regen. Zwischen Oktober 2023 und März 2024 ist in NRW laut dem Deutschen Wetterdienst so viel Regen gefallen wie noch nie seit Beginn der Wetteraufzeichnung 1881. Das hat vor allem in Gewässernähe zu einem deutlichen Anstieg des Grundwassers geführt. Eine positive Entwicklung für die Wasserwerke, die die Haushalte an Rhein und Ruhr mit Trinkwasser versorgen?

Die ziehen schließlich einen Großteil des Wassers, das am Ende des Tages aus den Wasserhähnen fließt, aus dem Grundwasser. Und das steht seit Monaten so hoch, dass es unter anderem in Dinslaken schon in einige Keller vorgedrungen ist. Läuft die Trinkwasserversorgung aktuell also ohne Probleme? „Bei uns sieht es tatsächlich gerade sehr gut aus“, erklärt Markus Fechner vom Wasserwerk Flüren, das vor allem die Menschen in Wesel versorgt.

Zehn Millionen Liter Wasser pro Tag

Etwa zehn Millionen Liter werden täglich in Flüren aufbereitet und an die Weseler Haushalte verteilt. Durch den hohen Grundwasserspiegel sei auch der Wasserspeicher gut gefüllt, „die Versorgung ist also auf jeden Fall sichergestellt“. Ob das auch im Sommer noch so sein wird, hänge nicht zuletzt vom Wetter ab. „Da kann man nur schwer Prognosen abgeben. Im vergangenen Sommer war es zeitweise sehr trocken, das kann in diesem Jahr natürlich auch wieder passieren.“ Darüber mache man sich aktuell aber noch keine Sorgen, eine ernste Wasserknappheit oder Versorgungsengpässe habe es in Flüren schließlich noch nie gegeben.

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Auch in Emmerich freut man sich über den aktuell hohen Grundwasserspiegel. „Die Nähe zum Rhein ist definitiv ein Vorteil für unsere Wasserversorgung, wir haben deshalb auch noch keine Probleme“, versichert Steffen Borth, Geschäftsführer der Stadtwerke Emmerich. Der Blick auf den kommenden Sommer bereitet ihm trotzdem Sorgen, „denn der Klimawandel bringt einige Herausforderungen mit sich“.

Trinkwasser: Die Hürden des Klimawandels

Damit meint Borth, der seit Januar auch der Sprecher der Kreis Klever Wasserwerke ist, vor allem die starken Temperaturschwankungen. „Das hat man ja auch in den vergangenen Tagen schon gesehen. Da freut man sich über sommerliche Temperaturen und am nächsten Tag ist es plötzlich nur noch halb so warm.“ Das bringe zwangsläufig eine drastische und vor allem spontane Änderung des Nutzerverhaltens mit sich.

Steffen Borth ist Geschäftsführer der Stadtwerke Emmerich und Sprecher der Kreis Klever Wasserwerke.
Steffen Borth ist Geschäftsführer der Stadtwerke Emmerich und Sprecher der Kreis Klever Wasserwerke. © Stadtwerke Emmerich | MARKUS VAN OFFERN

Denn sobald es draußen warm wird, werde deutlich mehr Wasser benötigt. „Da werden Pools aufgefüllt, die Gärten bewässert und man trinkt mehr. Auch die Landwirtschaft braucht bei Hitze und Trockenheit natürlich mehr Wasser“, weiß der Experte. Starke Temperaturschwankungen innerhalb weniger Tage mache die Wassernachfrage schwer kalkulierbar, was im Ernstfall zu technischen Problemen führen könne.

Wasserversorgung: Drohen Einschränkungen im Sommer?

Trinkwasser darf schließlich nicht stagnieren, also nicht zu lang in den Speichern der Wasserwerke stillstehen. „Wir müssen immer abwägen, wie viel Wasser wir aufbereiten und bereitstellen müssen. Und das wird durch den Klimawandel immer schwerer.“ Im vergangenen Sommer mussten die Stadtwerke Emmerich dadurch sogar aktiv zum Wassersparen aufrufen.

Wir müssen immer abwägen, wie viel Wasser wir aufbereiten und bereitstellen müssen. Und das wird durch den Klimawandel immer schwerer.
Steffen Borth - Geschäftsführer der Stadtwerke Emmerich

Einen solchen Aufruf oder gar Bewässerungsverbote, wie es sie bereits in einigen Gemeinden gab, wolle man in diesem Jahr unbedingt verhindern. „Den Menschen steht das Wasser zu und das sollen sie auch bekommen“, stellt Borth klar. In Emmerich sollen deshalb zwei neue Trinkwasserbrunnen gebaut werden, ein Trinkwasserbehälter wird erneuert.

Das können Verbraucher tun

Trotzdem hofft der Stadtwerke-Chef auf einen verantwortungsvollen Umgang mit der Ressource Wasser. „Durch die Energiekrise haben viele Menschen ja auch schon Energiesparpotenzial entdeckt.“ Das könne zum Beispiel das kürzere Duschen oder der Einbau von sparsamen Duschköpfen sein.

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Auch Sascha Merz hält nichts von Verboten. Er ist Geschäftsführer der Wasserverbund Niederrhein GmbH, die unter anderem die Stadtwerke in Duisburg und Kamp-Lintfort mit Wasser beliefern. Der Verbund sei zwar für längere Trockenperioden gerüstet, kennt aber die Risiken, „die vor allem da entstehen, wo der nächste Fluss etwas weiter weg ist“.

Wasservorräte für den Notfall

Hier könne jeder Einzelne schon einen Beitrag leisten, indem man sparsam und verantwortungsvoll mit dem Trinkwasser aus der Leitung umgeht. Für den Notfall rät Merz aber auch jedem Haushalt, ein paar Kisten Mineralwasser auf Vorrat zu haben. Mineralwasser deshalb, weil es sich länger lagern lässt als Leitungswasser. „Füllt man Leitungswasser in Behältern ab, neigt das nämlich schneller zu Verunreinigungen.“

15 Liter pro Person empfiehlt der Experte. „Am leichtesten ist es, wenn man sich einfach eine Reservekiste im Supermarkt kauft. Dann muss man dann nur noch darauf achten, dass das Wasser nicht zu alt wird. Am besten trinkt man die ältesten Flaschen einfach immer zuerst.“