Kleve. Der Klever Kreistag hat eine Bewerbung für einen Nationalpark Reichswald abgelehnt. Wie eine Bürgerinitiative das Projekt jetzt noch retten kann.
Seit Monaten wird im Kreis Kleve heiß diskutiert: Soll der Reichswald zum Nationalpark werden oder nicht? Die Landesregierung hatte im vergangenen Jahr beschlossen, einen zweiten Nationalpark einzurichten und zu Bewerbungen aufgerufen. Schnell kam dabei auch der Klever Reichswald ins Gespräch. Am Dienstagabend stimmte der Kreistag dann mehrheitlich gegen die Bewerbung als Nationalpark. Ist die Sache damit erledigt?
Das Thema ist kontrovers: Während sich Naturschützer für die Bewerbung als Nationalpark aussprechen, argumentieren Landwirte, die eine Einschränkung ihrer Arbeit befürchten, dagegen. Auch die Politik ist sich alles andere als einig. Mit 33 zu 26 stimmte der Kreistag jedoch gegen die Bewerbungspläne von SPD und Grünen. Ein knappes Ergebnis, „ich hatte es sogar noch knapper erwartet“, erzählt Dietrich Cerff im Gespräch mit unserer Redaktion.
Er ist Biologe und vertritt den Nabu-Kreisverband Kleve bei der Bürgerinitiative Internationalpark Reichswald. Die will sich mit der Entscheidung des Kreistags schließlich nicht zufrieden geben und hat rasch ein Bürgerbegehren angekündigt.
Nationalpark Reichswald: Meinungen gehen auseinander
„Unter den Bürgern sind ganz viele unterschiedliche Meinungen vertreten“, weiß Cerff durch die zahlreichen Informationsveranstaltungen der vergangenen Monate. Durchaus gebe es einige, die den Reichswald nicht zum Nationalpark werden lassen wollen. „Diese Menschen sehen vor allem die befürchteten Einschränkungen, die der Nationalpark mit sich bringen würde. Davon sind allerdings viele gar nicht zutreffend“, schildert Cerff und nennt als Beispiel die Trinkwasserversorgung.
Bereits im Januar machte NRW-Umweltminister Oliver Krischer während einer Podiumsdiskussion klar, dass für die Wasserwirtschaft keine Gefahr bestehe. „Das zeigen auch genügend andere Nationalparks in Deutschland, bei denen die Wasserversorgung problemlos abläuft“, ergänzt Cerff.
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Auch die Landwirtschaft würde man durch den Nationalpark nicht einschränken, es gebe keinen Umgebungsschutz für Nationalparks und somit auch keine landwirtschaftlichen Flächen, die betroffen wären. Ein paar Dinge würden sich aber natürlich ändern, gibt der Biologe zu. „In einem Nationalpark wird die Natur größtenteils sich selbst überlassen, deshalb gibt es ein Wegegebot, also die Anweisung, nur auf den vorgesehenen Wegen zu gehen. Hunde sollte man stets in Sichtweise, am besten an der Leine haben.“
So kann der Nationalpark noch gerettet werden
Für die Förderung der Natur und Artenvielfalt ein niedriger Preis, findet Cerff. „Wir haben deshalb auch ganz viele Bürger, die aus dem Reichswald einen Nationalpark machen wollen.“ Und genau das will die Bürgerinitiative jetzt beweisen. Bis zum kommenden Sommer müssen deshalb mindestens 10.601 Unterschriften von Klevern gesammelt werden, die die Pläne befürworten. Warum gerade 10.601? „Weil das genau vier Prozent der Wahlberechtigten im Kreis Kleve sind. Das ist in der Gemeindeverordnung so vorgeschrieben.“
Dass die Bürgerinitiative bis zum Sommer die nötigen Unterschriften gesammelt hat, bezweifelt Cerff kein Stück. „Wir merken, dass viele Menschen auf unserer Seite sind. Wir haben schon so viele Helfer, die fließig Unterschriften sammeln, die 10.601 kriegen wir auf jeden Fall zusammen.“ Selbst wenn es manche mit der Unterschrift nur darum ginge, den Bau des umstrittenen Windparks zu verhindern, helfe das der Initiative.
Das können die Unterschriften bewirken
Und wenn genügend Unterschriften gesammelt wurden? Dann kann der Kreistag erneut über die Bewerbung und das Begehren entscheiden. Wird dann wieder gegen den Nationalpark gestimmt, folgt ein Bürgerentscheid. Noch ist die Debatte also nicht beendet.
Auch in der Eifel gab es anfangs Gegenwind, als vor 20 Jahren der erste Nationalpark in NRW eingerichtet werden sollte, erinnert sich Michael Lammertz, der den Nationalpark Eifel kommissarisch leitet. „Das ist aber ganz normal. Es ist eine große Entscheidung, die einiges in der Region verändert. Da gibt es eben auch viele Skeptiker“, erklärt er.
Ein Blick auf die Eifel
Umso wichtiger sei es, an dem Thema dranzubleiben und mit Kritikern ins Gespräch zu kommen. Wer sich bisher gegen den Nationalpark in Kleve positioniert hat, dem rät Lammertz, „den Blick auch mal auf andere Nationalparks zu richten, die es schon gibt. Da sieht man dann, dass die Einschränkungen gar nicht so groß sein müssen.“
In Nationalparks sieht er vielmehr das große Potenzial für die gesamte Region. So lockt ein Nationalpark auch immer viele Besucherinnen und Besucher an. Im Nationalpark Eifel verzeichnete man im vergangenen Jahr mehl als 1,3 Millionen Gäste. Und wo viele Gäste sind, da entstehe auch ein größeres Angebot an Gastronomie, Kultur und weiteren Freizeitaktivitäten. „Und davon profitieren doch letztlich auch die Einheimischen.“