Kleve. Reinhard Berens und Bruno Schmitz hatten die Idee zu einem Projekt am Klever Aussichtsturm: Genuss & Kultur. Einiges ist noch geplant.

Der Klever Aussichtsturm ist 15 Meter hoch, steht auf 106 Metern Höhe und ist damit wohl einer der höchsten, wenn nicht der höchste Punkt am Niederrhein. Ein guter Ort für Fernsicht – und Weitsicht. Also Kopf in den Wolken und Tag träumen? Nichts für Kino-Geschäftsführer Reinhard Berens (64) und Kulturmanager Bruno Schmitz (77). Die beiden sind gute Freunde und stehen ganz fest im Leben und mit den Füßen auf dem Boden. Geträumt haben sie aber trotzdem oder besser: sie sind während der Coronazeit mit wachen Augen durchs Leben spaziert. Ganz viel und ganz schön weit. Dabei sind sie spannenden Leuten begegnet und haben interessante Gespräche geführt. Mit den Menschen und natürlich auch miteinander. Und sie haben gemerkt, dass ihrer Stadt bei aller kultureller Fülle noch eine Zutat fehlt. Mit ihrer Idee Genuss & Kultur haben sie ein ganz besonderes Projekt aus der Taufe gehoben.

Ihr habt ein Kulturprojekt ins Leben gerufen, das ihr Gemeinwohlprojekt nennt. Wie ist es dazu gekommen?

Bruno Schmitz: Es hat tatsächlich mit unseren Spaziergängen begonnen. Ein gutes halbes Jahr lang waren wir jede Woche unterwegs, zu Fuß oder manchmal mit dem ÖPNV. Das war unsere Grundidee, unterwegs sein. Dabei sind wir zum Beispiel querfeldein von Kleve bis nach Rheinberg gelaufen.

Reinhard Berens: Uns hat in Kleve ein Kleinkunstprojekt gefehlt und uns lag das Gemeinwohl am Herzen. Den Ort dafür hatten wir schnell klar, es sollte hier am Turm sein.

Schmitz: Wir wollten etwas tun für die Stadt und ihre Bürger. Damit stehen wir ein bisschen in den Fußstapfen des Klever Kaufmanns Ihne, der den Turm 1892 auf eigene Kosten für die Klever bauen ließ. Unser Projekt steht auf zwei Standbeinen. Das eine ist die Gastronomie der Familie Gietmann, die seit zwei Jahren hier arbeitet und deren Küche sehr gut angenommen wird. Der Laden brummt. Das andere ist die Kultur, um die wir beide uns seit drei Jahren kümmern, seit ich das Gebäude übernommen habe. Dadurch haben wir alles, was wir tun in unseren Händen und können machen, was wir wollen.

Welche Idee steckt hinter eurem Projekt?

Berens: Wir wollten eine Plattform schaffen für ein Angebot, bei dem man die kleinen Dinge auf den Weg bringen kann. Das fängt an bei einem Abend mit Gitarrist Thomas Geisselbrecht und hört auf mit einem Vortrag mit Musik über Barend Cornelis Koekkoek.

Schmitz: Wir sind dabei nicht kommerziell ausgerichtet. Die Idee sollte sich aber selbst tragen, die Kosten müssen reinkommen. Denn wir möchten natürlich den Turm erhalten, der in diesem Jahr 132 Jahre alt wird. Dazu kommen Anschaffungen für Technik, Bühne, Beamer usw. Unser Projekt wirft keine Rendite ab, wir wollen damit kein Geld verdienen. Der Gastronom zahlt jedoch eine Pacht, die für den Unterhalt des Gebäudes eingesetzt wird.

Im Klever Aussichtsturm kommen Besucherinnen und Besucher in den Genuss – von leckerem Essen und vielfältiger Kultur.
Im Klever Aussichtsturm kommen Besucherinnen und Besucher in den Genuss – von leckerem Essen und vielfältiger Kultur. © FUNKE Foto Services | Thorsten Lindekamp

Wie funktioniert das Zusammenspiel zwischen Gastronomie und Kulturangebot?

Schmitz: Unser Teil findet in der Regel von montags bis mittwochs statt. An den anderen Tagen ist Zeit für leckeres Essen. Natürlich gibt es einige wenige Ausnahmen. Das sind zum Beispiel das Waldkino-Angebot im Sommer, das samstags stattfindet oder die Auftritte von Kabarettist Ludger Kazmierczak. An diesen Abenden greifen sozusagen beide Standbeine ineinander und es gibt Köstliches zur Kunst dazu.

Inwiefern hat ein solches Angebot in der Stadt gefehlt?

Berens: Wir haben mit unserem Konzept Formate aufgegriffen, die es in der Stadt schon mal gegeben hat wie den Klönabend. Wir haben so etwas wieder probiert und sehen, dass es hier funktioniert. „Kurt’s Klönabend“ versammelt und begeistert inzwischen eine eingeschworene Gemeinschaft. Ähnliches erleben wir gerade mit Talk am Turm, wo wir Themen aufrufen, die besprochen werden sollten und die ein bestimmtes Publikum anziehen. Alles ist im Übrigen völlig unpolitisch. Ich glaube, wir haben mit unserem Programm am Turm ein Alleinstellungsmerkmal für und in der Region.

Schmitz: Wir bieten ein wesentlich breiteres Spektrum an als alle anderen Kulturanbieter für sich genommen es können. Am Turm bildet sich eine Schnittmenge aus vielen verschiedenen Angeboten. Ein Gast war davon so begeistert, dass er für uns sogar eine wetterfeste Waldbühne gebaut hat, auf der unsere Künstlerinnen und Künstler jetzt auftreten können.

Wie geht ihr euer Programm denn an? Wie findet ihr eure Gäste?

Schmitz: Im Grunde sind wir einfach losgelaufen. Das hat Corona ausgelöst. Buchstäblich in den Wald bei Kleve-Donsbrüggen, nach Emmerich-Dornick zur Destille, nach Kranenburg-Mehr, zur Künstlerin Nicole Peters nach Goch-Asperden oder eben nach Rheinberg zum Schwarzen Adler. Wir haben all diese Leute besucht, ohne uns anzukündigen und sind mit ihnen ins Gespräch gekommen.

Berens: Daraus hat sich dann einiges ergeben. Wir sind offen für alles. Wer sich einbringen will, kann sich gerne bei uns melden, und das ist auch schon vorgekommen. Bei uns kommen Menschen zu Wort, die sonst eher im Stillen arbeiten. Ihnen möchten wir ein Forum geben. Zu Gast hatten wir schon den „Steinchenmann“ Markus Gern, der im Reichswald seine inzwischen weithin bekannten steinernen Gebilde errichtet. Oder Fred Kahm, der kleine Geschichten über sein Dorf Mehr bei Kranenburg gesammelt und veröffentlicht hat. Er hat übrigens für „seinen“ Abend bei uns kurzerhand Catharina Jansen, eine in der Nachbarschaft wohnende niederländische Sopranistin mitgebracht. So etwas ist genau nach unserem Geschmack.

Was sind denn Angebote, die es so sonst nicht gibt?

Berens: Wir probieren uns aus. Zum Beispiel mit dem ausverkauften Tango-Abend. Wir versuchen die kleinen Lücken, die es im Klever Kulturangebot noch gibt zu füllen mit unserem kleinen feinen Angebot. Und wir scheinen einen Nerv getroffen zu haben bei den Leuten. Wir bekommen viel Lob und viele Anregungen für neue Ideen. Wir wollen mit unserem Projekt ein Teil der kulturellen Vielfalt in der Stadt sein.

Wie geht ihr es organisatorisch an. Ihr habt ja beide neben eurem Projekt noch richtige Berufe?

Berens: Wir sind in der Tat keine unbeleckten Typen. Das hier ist unser Hobby. Wir wissen aber, wie man Veranstaltungen vorbereitet und wie man dafür Werbung macht. Dann erfüllt das Ganze auch unseren Anspruch an eine gewisse Qualität unserer Angebote.

Schmitz: Und ganz wichtig: Wir haben einfach viel Spaß an dem, was wir machen.

Der Klever Turm

Der Klever Aussichtsturm in Kleve, Königsallee 260, kann während der Öffnungszeiten der Gastronomie besucht werden. Teils sind die von Johann Moritz von Nassau-Siegen angelegten Sichtachsen etwa zur Klever Schwanenburg, zum Eltener Berg oder Richtung Nimwegen noch zu erahnen.

Die In- und Outdoor-Veranstaltungen des Projekts Genuss & Kultur nutzen das besondere Ambiente rund um den Turm und ganz in der Nähe des Waldes. Das Restaurant Vinho’s ist donnerstags bis sonntags ab 17 Uhr geöffnet (unbedingt reservieren). Buchungen über Tel. 02821/9975450. Weitere Anfragen: mail@vinhos-kleve.de

Die Kultur am Turm geht in ihr elftes Jahr. Was ist denn so geplant für die Geburtstagsfeier?

Schmitz: Gefeiert wird am 13. Juli. Dann soll auch der Turm bespielt werden. An diesem Tag wird außerdem der 132. Geburtstag des Gebäudes gefeiert und natürlich die Eröffnung des renovierten Restaurants vor elf Jahren mit den ersten kulturellen Angeboten. Last but not least der Beginn unseres gemeinsamen Projekts vor drei Jahren. Am genauen Programm arbeiten wir noch.

Und wie geht es weiter?

Schmitz: Mit großer Freude und viel Optimismus. Für einen Blick in die Zukunft reicht eigentlich ein Klick auf unsere Homepage, die man unter www.zumturmkleve.de findet. Dort steht alles über unser aktuelles Programm.