Xanten. Niklas Poschmann sitzt im Elektrorollstuhl. In Xanten hat er nun ein besonderes Hockey-Team gegründet, mit dem er Großes vorhat.
Eines muss Niklas Poschmann zugeben: Als er zum ersten Mal vom Elektrorollstuhl-Hockey hörte, war er skeptisch. „Ich konnte mir nix darunter vorstellen“, sagt der 22-Jährige. Dann aber überwog doch die Neugier! Er besuchte eine Trainingsstunde, durfte sogar sofort mitmachen, und stellte dabei schnell fest: „Das macht richtig Spaß!“ Tatsächlich ist er mittlerweile so begeistert von dem ungewöhnlichen Sport, dass er nun ein eigenes Team in seiner neuen Heimatstadt gegründet hat: die Xantener Guardians. Und mit denen, so viel sei an dieser Stelle schon verraten, hat er noch so einiges vor...
Denn Niklas Poschmann liebt Sport! „Eigentlich aber Fußball“, erzählt er. Seine Lieblingsvereine? „Dortmund und Köln“, antwortet er. Die Spiele schaut er sich im Fernsehen oder auch im Stadion an. Doch selbst einen Sport auszuüben, das gestaltet sich bei ihm schwierig. Denn seit seinem zwölften Lebensjahr sitzt er im Rollstuhl. Erst war es noch ein Aktivrollstuhl, mittlerweile ist es ein Elektrorollstuhl. „Auf dem Bild dort“, er deutet mit seinem Kopf zum Regal, in dem ein Foto von zwei lachenden Jungs steht, „da war ich wahrscheinlich so zwölf Jahre alt und noch viel aktiver.“
Teil einer Gemeinschaft
Niklas Poschmann hat Muskeldystrophie. Was das bedeutet? „Durch zu viel Beanspruchung bekommt man ja Muskelkater“, erklärt er. „Bei mir sterben die Muskeln aber ab und werden in Fettgewebe umgewandelt.“ Die fortschreitende Krankheit lässt sich nicht heilen, seit sechs Jahren wird er auch künstlich beatmet. „Ich bin dem ausgeliefert“, sagt er, „aber ich bekomme Therapie, damit ich mit den Symptomen leben kann.“ Deshalb ist seine Woche ziemlich durchgetaktet: Zwei Mal hat er Logopädie, zwei Mal Physiotherapie, drei Mal Ergotherapie. Und nun kommt auch noch das Hockey-Training dazu.
Angefangen hat alles in Krefeld, wo Niklas Poschmann geboren und aufgewachsen ist. „Ein Lehrer der Förderschule hat mich darauf angesprochen, ob ich nicht mal Elektrorollstuhl-Hockey ausprobieren möchte, weil er selbst der Trainer vom Team war“, erzählt er. Vor zwei Jahren war es dann so weit. „Ich stand erstmal nur im Tor.“ Machte aber nix, denn plötzlich war er Teil einer Gemeinschaft! „Ich bin Teamsportler“, sagt er über sich selbst. Und ja, es gibt beispielsweise auch Rollstuhlbasketball, aber dabei müssen Spielende immer noch Bälle werfen.
In der Bundesliga
„Es gibt sonst keine Möglichkeiten für Menschen, die so schwer erkrankt sind wie ich“, hält der 22-Jährige fest. „Es wird immer von Inklusion gesprochen, aber oft funktioniert es noch nicht.“ Deshalb sollte seiner Meinung nach Elektrorollstuhl-Hockey auch olympisch werden. Zumindest gibt‘s schon jetzt eine Bundesliga, wie er nur zu gut weiß, denn gerade erst hat er einen Spieltag besucht. Davon kann er auch gleich ein Video auf seinem Smartphone zeigen... Vier Feldspieler jagen dem kleinen Ball hinterher, um ihn am Torwart vorbei geradewegs ins Tor zu schießen. Die Reifen quietschen aber ganz schön! Er nickt. „Weil die so schnell sind!“
Nee, auf dem Niveau spielt Niklas Poschmann nicht. Noch nicht. Denn mit der Zeit hat er Ehrgeiz entwickelt. „Und“, das fügt er hinzu, „das ist eine gute Sache fürs Selbstbewusstsein.“ Deshalb war es ihm ein Anliegen, nach seinem Umzug von Krefeld nach Xanten ein Team zu gründen. Zwei Spieler konnte er bereits für den Sport gewinnen, doch es sollen noch mehr werden. Aktuell haben alle einen Elektrorollstuhl, wobei auch Interessierte im Aktivrollstuhl willkommen sind. Denn irgendwann möchte er mithilfe von Spenden einen Sportelektrorollstuhl kaufen. „Damit hat man viel mehr Möglichkeiten, weil man richtig Schwung nehmen kann.“
Training der Xantener Guardians
Doch auch in seinem eigenen Elektrorollstuhl kann der 22-Jährige ganz schön schnell werden, „bis zu 12 km/h“, erklärt er, während er raus aus dem Haus, über die Straße, bis zum Auto fährt. Dort liegt sein Schläger, den er gleich mal zeigen kann. „Das ist ein Festschläger“, sagt er. Die Metallplatte befestigt seine Pflegerin nun an der Fußablage des Rollstuhls, bevor sie den Ball mit Löchern rausholt. Jetzt kann es losgehen! Mit seiner Hand steuert er den Rollstuhl, schiebt so den Hockeyball nach vorne... Und das, ohne ihn überhaupt sehen zu können! Wie das funktioniert? „Mit Gefühl“, antwortet er.
Training der Xantener Guardians
Die Xantener Guardians gehören dem SV Vynen-Marienbaum 1997 e.V. an und trainieren immer montags von 17 bis 19 Uhr in der Gymnastikhalle des Stiftsgymnasiums, Johannes-Janssen-Straße 6 in Xanten.
Die Gruppe besteht aktuell aus drei Spielern, sucht aber stets nach neuen Mitgliedern. Interessierte können sich bei Niklas Poschmann melden: telefonisch unter 017621709038 oder per E-Mail an guardians.xanten@gmail.com
Aber klar, viel Übung ist auch wichtig! Deshalb freut er sich schon auf das nächste Treffen mit den anderen Spielern. Als Trainer weiß er natürlich, was dann ansteht: „Wir müssen Torabschüsse üben“, sagt er. Damit sich eines Tages sein Traum erfüllt: Mit den Xantener Guardians in der Bundesliga zu spielen!