Mülheim. Felix Bergmann wohnt mit 36 Jahren noch bei seinen Eltern. Warum haben gehandicapte Menschen es so schwer auf dem Wohnungsmarkt?
Günstiges Wohnen war mal das Markenzeichen des Ruhrgebiets. Das ist vorbei. Es wird immer schwieriger, eine Wohnung zu finden. Betroffen von der Wohnungsnot sind besonders Familien mit Kindern, Alleinerziehende,Ältere und Menschen mit Handicap. Hier berichten sie, was sie auf Wohnungssuche erleben. Felix Bergmann sitzt im Rollstuhl und sucht seit mehr als zehn Jahren eine eigene Wohnung.
Hier spricht Felix Bergmann, 36, Mülheim
Seit zehn Jahren möchte ich bereits ausziehen. Aber als Rollstuhlfahrer habe ich einfach keine Chance. Mittlerweile bin ich 36 Jahre alt und lebe noch immer bei meinen Eltern. Es wäre natürlich schwer, das gemachte Nest zu verlassen, meine Eltern übernehmen derzeit meine Pflege. Aber ich glaube, mehr Eigenständigkeit würde mir auch neue Horizonte eröffnen. Ich habe bereits ein abgeschlossenes Studium, mache nun meinen Master in Sozialer Inklusion und arbeite in einer Beratungsstelle.
Unser Themenpaket zum „Drama Wohnungssuche“
- „Wohnungsnot eskaliert“: Warum bezahlbare Wohnungen knapp werden
- Drama Wohnungssuche: „Familien haben es besonders schwer“
- Tipps zur Wohnungssuche: So steigern Bewerber ihre Chancen
- Alleinerziehend sucht Wohnung – seit vier Jahren ohne Erfolg
- Wohnungssuche: „Als Rollstuhlfahrer habe ich keine Chance“
- Vermieterin zu Besichtigungen: „Fast die Hälfte kommt nicht“
- Wohnungssuche: „Wir schlafen mit dem Kleinen im Wohnzimmer“
- Erdgeschoss-Wohnung für Senioren gesucht: „Ich habe Angst“
Immer wieder habe ich Anläufe gestartet und nach Wohnungen in Mülheim und Umgebung geschaut. Grundsätzlich frage ich natürlich nur an bei Wohnungen, die in Frage kommen, die also im Erdgeschoss sind und eine ebenerdige Dusche haben. Meist bekomme ich trotzdem schon eine Absage, wenn ich im Telefonat erwähne, dass die Wohnung barrierefrei sein muss. Fast immer scheitert es dann an Punkt zwei: Wenn ich erwähne, dass ich Handläufe und Griffe anbringen muss.
Kein Raum für Pflege
Denn einige Schritte kann ich mit Hilfe laufen. Meine körperlichen Behinderungen rühren von einer Polio-Impfung im Jahr 1988 her. Man sieht mir allerdings auf den ersten Blick nicht an, wie hoch der Pflegebedarf tatsächlich ist. Ich bräuchte auch einen Raum, in dem eine 24-Stunden-Assistenz schlafen könnte. Das war auch einmal ein Hinderungsgrund bei einer der vielleicht zehn Besichtigungen, zu denen ich im Laufe der Jahre eingeladen wurde. Der Vermieter wollte keinen „Wildfremden“ in der Wohnung haben. Meist scheitert es aber daran, dass Vermieter baulich nichts verändern wollen, obwohl ich die Kosten tragen würde – zum Beispiel um eine Rampe flacher anzulegen oder einen Handlauf im Flur zu installieren.
Die steigenden Mieten machen meine Suche nun noch viel schwieriger. Als Rollstuhlfahrer benötige ich mehr Quadratmeter, um zu rangieren. Trotzdem muss es bezahlbar bleiben – trotz der Möglichkeit, Förderanträge zu stellen. Grundsätzlich kämen auch spezielle Wohnformen infrage. Ich weiß aus dem Schulinternat, wie es ist, in solchen Gruppen zu wohnen und bin auch entsprechend bescheiden geworden. Eine eigene Wohnung würde sich aber natürlich besser anfühlen.