Voerde. Wer sich bei Sabine Goldmann in Voerde die Haare schneiden lässt, hilft der Umwelt. Wie „Hair Help the Oceans“ funktioniert.
Es kann schon mal passieren, dass eine Kundin den Friseursalon am Rathausplatz mit den Worten betritt: „Heute möchte ich das Meer retten.“ Und nein, das ist kein Anzeichen von einem gewissen Grad an Größenwahnsinn oder Verrücktheit! Denn wer sich bei Sabine Goldmann die Haare schneiden lässt, tut tatsächlich etwas Gutes für die Umwelt. Wie das funktioniert, erklärt die Friseurmeisterin aber am besten selbst – und zwar bei einer Tasse Kaffee. Denn noch ist es ruhig in ihrem Laden, den sie seit mittlerweile 34 Jahren führt...
Nee, so richtig glauben kann es die 58-Jährige nicht, dass sie schon so lange selbstständig ist! „Ich arbeite seit 1985 hier und fünf Jahre später habe ich den Salon übernommen“, erzählt sie. Doch selbst nach all den Jahren mag sie noch immer ihren Job, „weil man im Kontakt mit den Menschen ist.“ Das Schönste ist, natürlich, wenn die Kundinnen und Kunden zufrieden mit einer neuen Frisur nach Hause gehen. Und ganz nebenbei haben sie dann auch noch einen Beitrag zum Umweltschutz geleistet, wie die blauen Aufkleber an jedem Spiegel verraten.
Idee aus Südfrankreich
„Hair Help the Oceans“ ist darauf zu lesen und allein der Name weckt schon das Interesse, so zumindest war es bei Sabine Goldmann selbst, als eine Mitarbeiterin ihr davon erzählte. Sie informierte sich... und meldete sich dann sofort mit ihrem Friseursalon auf der Internetseite an. Denn die Idee ist simpel und sinnvoll zugleich: „Haare besitzen die Fähigkeit, Fett aufzusaugen“, erklärt sie und zieht sich eine Strähne aus ihrem Zopf. „Das merkt man ja selbst, wenn man eine fettige Stirn hat und dann die Haare auch fettig werden.“
Wenn Haare also das Fett der Haut aufnehmen können, dann doch auch das Öl im Meer! Die Idee zum „Haarfilter“ hatte ursprünglich der französische Verein „Coiffeure Justes“ aus Südfrankreich, der die Haare in alte Nylonstrümpfe füllt, zu langen Rollen bindet und dann als Filter in verschmutzten Gewässern einsetzt. „Die Saugfunktion des Haarfilters zieht das Öl aus dem Wasser, wird anschließend gereinigt und kann bis zu achtmal wiederverwendet werden“, heißt es auf der Internetseite von „Hair Help the Oceans“. Und weiter: „Ein Kilogramm Haar kann bis zu acht Kilogramm Öl aus dem Wasser filtern.“
Fünf Kilogramm Haare
„Gerade vor Küsten schwimmt im Wasser total viel Sonnencreme, die durch solche Haarfilter aufgenommen werden kann“, weiß Sabine Goldmann. Ähnlich begeistert von der Idee aus Frankreich waren auch zwei Männer aus Deutschland, die daraufhin „Hair Help the Oceans“ gründeten – um eine ähnliche Logistik hierzulande aufbauen zu können. Mitmachen kann für 25 Euro im Monat jeder Friseursalon, indem er Haarreste sammelt und dann, sobald fünf Kilogramm erreicht sind, abholen lässt. „Das ist eine gute Sache und überhaupt kein Aufwand“, betont die Friseurmeisterin. „Dadurch reduziert sich ja sogar der eigene Restmüll.“
Nun wiegen Haare ungefähr... „nix“, fügt Sabine Goldmann hinzu und lacht. Deshalb dauert es natürlich, bis fünf Kilogramm zusammengekommen sind. In anderthalb Jahren hat sie es aber dennoch schon drei oder vier Mal geschafft, so genau weiß sie es nicht mehr, „dann meldet man das auf der Internetseite an und wenige Tage später wird der Karton kostenlos abgeholt.“ Aktuell ist der bei ihr schon wieder gut gefüllt, sie kann ihn auch mal zeigen. Hinten im Friseursalon, direkt neben dem Mülleimer, steht er – voll mit Haaren. Graue sind dabei, braune auch...
Nachhaltigkeit im Friseursalon
Infobox „Hair Help the Oceans“
Neben dem Friseur „Goldmann“, Rathausplatz 70 in Voerde, nehmen noch viele weitere Salons vom Niederrhein an der Aktion „Hair Help the Oceans“ teil. Eine Übersichtskarte ist online zu finden auf: www.hair-help-the-oceans.com/salonfinder
„Das ist natürlich immer ganz unterschiedlich“, sagt die Friseurmeisterin. „Übrigens dürfen auch gefärbte Haare gespendet werden.“ Nur Tierhaare funktionieren nicht, wobei die ja sowieso selten im Friseursalon anfallen. Sabine Goldmann zumindest freut sich, dass Nachhaltigkeit manchmal doch so einfach sein kann. Denn das Thema ist ihr wichtig, auch in anderen Lebensbereichen versucht sie an die Umwelt zu denken. „Die Shampoo-Flaschen beispielsweise“, sie schnappt sich eine vom Waschbecken, „die fülle ich immer wieder auf, damit ich sie nicht neu kaufen muss.“ Und auch zuhause achtet sie darauf, öfter im Unverpacktladen einzukaufen. „Wenn jeder nur eine Kleinigkeit macht, kann das doch schon helfen“, sagt sie. Und dazu zählt manchmal eben auch: Einfach mal zum Friseur gehen!