Am Niederrhein. Katja Koester ist Chefin im FairKaufHaus der Caritas in Geldern - das Sozialkaufhaus ist mehr als ein Secondhand-Shop.
Seit gut zwei Jahren ist Katja Koester Chefin im FairKaufHaus der Caritas in Geldern. In dem Sozialkaufhaus werden auf mehr als 900 Quadratmetern Fläche Waren aus zweiter Hand angeboten – zu fairen Preisen. Aber das FairKaufHaus ist mehr als ein Secondhand-Shop.
Frau Koester, im FairKaufHaus findet sich so ziemlich alles – von Bekleidung über Möbel hin zu Deko und Spielzeug. Die Idee dahinter ist aber nicht nur die, Schnäppchenjäger glücklich zu machen?
Oh nein. Natürlich findet man bei uns alles, was man zum täglichen Leben braucht – zu uns kommen Schnäppchenjäger und Antiquitätenliebhaber bis hin zu Menschen, die aus gebotener Sparsamkeit aus zweiter Hand einkaufen möchten. Wir tragen dazu bei, dass gebrauchte Waren nicht weggeworfen werden, sondern in den Warenkreislauf zurückkehren und setzen uns auf diese Weise für Nachhaltigkeit ein. Gleichzeitig schaffen wir Arbeitsplätze für Menschen, die Unterstützung bei ihrem (Wieder-) Einstieg ins Berufsleben benötigen.
Das heißt, die Produkte, die Sie anbieten, haben alle schon ein erstes Leben hinter sich.
Ja, unsere Waren werden alle gespendet. Bekleidung, Bücher, gerade haben wir auch viele Karnevalssachen, aber auch Möbel, Haushaltsbedarf – einfach alles. Damit können wir Menschen mit kleinem Geldbeutel die Möglichkeit geben, bei uns einzukaufen. Zusätzlich leisten wir einen Beitrag zur Nachhaltigkeit: Je weniger Kleidung neu produziert wird, desto weniger wird die Umwelt belastet.
Kleidung, Haushaltswaren, Möbel und mehr
Und je weniger gebrauchte Kleidung in die dritte Welt abtransportiert wird, desto nachhaltiger kann auch die Entwicklung in diesen Ländern sein. Um unsere caritative Aufgabe weiter erfüllen zu können, ist das FairKaufHaus auf Spenden angewiesen. Unser Team der Spendenannahme freut sich über Kleidung, Haushaltswaren und Möbel, die noch so gut erhalten sind, dass sie im Laden angeboten werden können.
Bereiten Sie die gespendeten Sachen auf?
Wir haben eine kleine Werkstatt und unsere Mitarbeitenden, zur Zeit rund 60 Plätze für Frauen und Männer. Das Alter bewegt sich zwischen 17 und 63 Jahren. Sie nehmen an Qualifizierungs- und Integrationsmaßnahmen teil und ein Teil von ihnen hat eine sehr besondere Produktpalette aufgebaut: die Einzigware. Wir arbeiten aber u.a. alte Möbel auf und gestalten diese, zum Beispiel, zu Spieltischen um, wir haben aus alten Schallplatten Lampen gebaut und basteln aus ausgedienten Sachen neue, schöne Dekoteile. Gespendete Bekleidung wird sorgfältig geprüft, gereinigt, gebügelt und dann in den Verkauf gegeben. Wir zählen sogar alle Teile eines Puzzle-Spieles durch – hier wird nichts verkauft, was unvollständig oder nicht in Ordnung ist. Manchmal überlassen uns auch Firmen Waren, Restposten beispielsweise, die wir dann verarbeiten – zu Vogelhäuschen oder Sitzbänken.
Sie sind also nicht nur ein Kaufhaus sondern auch Arbeitgeber.
Die soziale Kernaufgabe des FairKaufHauses ist die Qualifizierung von Menschen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt wenig oder gar keine Chancen haben, Fuß zu fassen. Um diesen Menschen eine Perspektive zu geben, fördern wir sie in unterschiedlichen Integrations- und Qualifizierungsmaßnahmen. Dabei werden die Maßnahmenteilnehmer von festangestellten Kollegen unterstützt, von qualifizierten technischen Anleitern begleitet und sozialpädagogisch betreut. Mit einer Spende und Ihrem Einkauf bei uns unterstützen Sie die soziale Aufgabe und schaffen Arbeitsplätze.
Festangestellte Mitarbeiter gibt es auch?
Klar, 22 im Moment – vom Sozialpädagogen bis zum Gärtner- und Schreinermeister. Wir bieten ja auch einen Haus- und Gartenservice an, führen Upcycling-Kurse durch und üben gerne auch mit Schulklassen und Familien oder anderen Gruppen Nachhaltigkeit. Alles zusammen sind wir ein Team, begegnen uns auf Augenhöhe.
Hochschullehrerin sind Sie auch.
(lacht) War ich mal, fast 20 Jahre an der HAN, also der Hochschule Arnheim-Nimwegen, und da im Bereich Sozialarbeit, Studienentwicklung und im Management. Aber die soziale Arbeit und die caritative Idee hat mich immer schon mächtig interessiert – und so bin ich nun seit gut zwei Jahren in Geldern. Und eine kleine Zweigstelle hat unser FairKaufHaus auch in Weeze. Und die Menschen, die hier arbeiten, in der Regel für einen Euro in der Stunde, die kommen gerne und haben diese Chance auch verdient.
Ich nehme an, Sie planen das ein oder andere auch noch?
Ich mag keinen Stillstand. Die Welt ist in Bewegung und wir müssen es auch sein. Wir bauen gerade ein Fair-Café für Frauen auf. Und wir brauchen unbedingt eine größere Halle für unsere Werkstatt- und Projektarbeiten. Und wir wollen unseren FairFeierAbend wiederholen – ein Fest für und mit allen Kulturen. Am meisten aber wünsche ich mir, dass wir unseren Teilnehmenden nach Abschluss der ja immer befristeten Jobcenter-Maßnahmen Anschlussbeschäftigung geben oder für sie finden könnten.